Kapitel 8

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Das Fenster in Lyras Zimmer stand offen. Die Sonne fiel frei herein und besprenkelte die Wand mit goldenen Tupfen.

Lyra hörte die Bäume rauschen und einige Vögel zwitschern. Sie hockte auf ihrem üblichen Platz auf der Fensterbank. Heute war es tatsächlich wieder angenehm warm, doch Lyra hatte keine Augen für das alles. Sie starrte düster in die Ferne und hatte die Nase gekraust.

Sie war hin und her gerissen zwischen Wahrheit und Lüge. Was war überhaupt Wahrheit und Lüge? Sagte Aya die Wahrheit? Log Aya sie an? Warum sollte sie das tun? Gab es Wölfe wirklich? Gab es diese Internat von dem Aya gesprochen hatte? War nicht eigentlich alles total unrealistisch? Spätestens in der Grundschule war einem klar geworden das es weder den Osterhasen noch den Weihnachtsmann gab.

Konnte es dann Wölfe geben die mit Menschen Bindungen eingingen? Vielleicht war Aya ja auch einfach nur auf Drogen? Oder eine Psychopatin, könnte ja auch sein?! Vielleicht war Lyra ja auch selbst verrückt und bildete sich alles nur ein? War sie am Ende vielleicht schizophren...?

Lyra schüttelte heftig den Kopf.

So kam sie nicht weiter. Wir werden uns bei dir melden! Das hatte Aya gesagt. Wieso sollte sie? Stimmte das mit den Clanmitgliedern überhaupt? Aber was war auf der anderen Seite mit ihren Augen? Das hatte so echt ausgesehen... hatte sie sich das vielleicht auch einfach nur eingebildet? Und der Wolf beim Picknick? War das auch alles nur Einbildung gewesen?

Lyra stöhnte auf und schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen. Seit drei Stunden saß sie hier schon herum und drehte sich im Kreis. Sie konnte einfach auf keine logische Lösung kommen.
Verrückt? Wahrheit? Lügen?

Ein Klopfen an der Tür ließ sie aufschauen. Sie sah überrascht auf den Besuch. „Peter?"

Er kam lächelnd herein und schloss leise die Tür hinter sich.
„Hi Lyra!", begrüßte er sie grinsend. „Ich war gerade in der Nähe und wollte das Fahrrad abholen... alles okay bei dir?"
„Sehe ich so schlimm aus?", fragte Lyra entsetzt. „Nicht schlimm aber bedrückt!"

Lyra lehnte den Kopf an den Fensterrahmen und seufzte verzweifelt. „Ich glaube ich bin verrückt!", flüsterte sie den Tränen nahe.
Peter sah sie überrascht an. „Lyra, nein, wieso solltest du denn verrückt sein?"

„Ich... da war dieses Mädchen!" Sie erzählte ihm ausführlich was in den letzten Tagen vorgefallen war. Als sie schließlich geendet hatte schwieg Peter. Er schwieg solange, dass Lyra sich schon Sorgen machte ob alles okay sei.

„Peter...?"

Er räusperte sich und schaute entschuldigend auf.
„Tut mir Leid, ich... das ist ziemlich viel auf einmal!"
Lyra zuckte nur mit den Schultern.

„Glaubst du ich bin verrückt?"
„Nein auf keinen Fall! Du bist das bodenständigste Mädchen das ich kenne!"
„Aber wie erklärst du dir dann das Ganze?!"
„Ich weiß es nicht Lyra! Aber es wird schon eine logische Erklärung haben!"
„Werde ich nachher in die Psychiatrie eingeliefert?"

Peter schaute in ihr hübsches verzweifeltes Gesicht und musste Lächeln.
„Auf gar keinen Fall! Das wird sich am Ende alles klären! Und jetzt... ich wäre gerne länger geblieben aber ich werde zu Hause erwartet. Das mit dem Fahrrad abholen sollte eigentlich nur ne Stunde dauern..."

Lyra nickte verständnisvoll und stand schnell auf. „Ja klar, warte! Ich hol's eben! Es steht im Gartenschuppen!"

Sie lief schnell runter in den Garten. Als sie die Hintertür die zugefallen war wieder öffnen wollte blieb ihre Hand in der Luft hängen. Tiefe Kratzspuren zogen sich durch das feste Holz. Und es waren nicht eben kleine. Lyras Herz begann zu Klopfen.
„Peter?! Peter guck mal!"

Wolf howlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt