Lyra hielt den Atem an. Die Zeichen verharrten noch für einen Moment in ihrem Kopf bevor sie sanft verblassten. Als wären sie nie da gewesen. Lyra sah in die dunkelvioletten Augen des Wolfes.
„Mirutuvāna!", flüsterte Lyra leise. Der Wolf schlug leicht mit dem Schwanz und stupste Lyra abermals an. Langsam hob sie die Hand und strich sachte über seine Schnauze. Sie war warm. Lyra spürte seinen Atem auf ihrer Haut.
Mirutuvāna sah sie stumm an. Lyras Hand wanderte langsam, vorsichtig weiter zwischen seine Ohren. Sie hatte Angst ihn zu verschrecken, ihn zu verjagen. Doch Mirutuvāna saß nur still da und blickte Lyra noch immer an. Aus diesen wunderschönen dunkelblauen Augen.
Lyra strich sanft über das weiche Fell. Das Licht spielte mit dessen Schwarz und lockte die dunklen blauen Schimmer heraus. Es fühlte sich geschmeidig und weich an, wie Seide. Mirutuvāna bewegte sich nicht und ließ Lyra gewähren.
„Ich bin Lyra!", flüsterte sie, ihre Hand lag hinter Mirutuvānas Kopf.
Der Wolf schmiegte seinen Kopf an ihren Arm und fiepte leise. Für kurze Zeit schloss er seine Augen bevor er sie wieder öffnete, dieses Mal in einem hellen Eisblau. Er sah Lyra in die Augen und hielt ihren Blick fest. Wieder spürte Lyra Zeichen in ihrem Kopf, zwei Wörter die sich bildeten.
Ich weiß.
Lyra hielt den Atem an und musste leicht lächeln. „Woher?"
Mirutuvāna sah sie nur stumm an. Lyra drängte ihn nicht und kraulte ihn sanft am Kinn. Er schloss leicht die Augen und knurrte genüsslich. Es war ein tiefes leises Rollen, mischte sich unter die Geräusche des Waldes und das Summen der Bienen und Hummeln.Mirutuvāna öffnete nun wieder die Augen und spitzte die Ohren. Er sah Lyra lange an bevor sich wieder Zeichen in ihrem Kopf bildeten.
Ich muss gehen!
Lyra sah ihn verwirrt an. „Kommst du nicht mit?"
Jetzt noch nicht.
„Aber wieso denn nicht?"Mirutuvāna sah ihr als Antwort nur wieder in die Augen. Lyra beobachtete den faszinierenden Wechsel seiner Augenfarben. Aus einem dunklen Violett sah er sie noch einmal kurz an bevor er sich langsam aufrichtete und sich umdrehte. Mit schnellen kraftvollen Schritten lief er die Stufen hinunter und verschwand wieder im Wald. Das dichte Dickicht verschluckte ihn als wäre er nie da gewesen.
Lyra starrte auf die Stelle wo er zuvor gesessen hatte. Sie fühlte sich unruhig. Ein leichtes Pochen in ihrer Brust machte sich bemerkbar. Sie rieb sich gedankenverloren darüber während sie mit den Gedanken weit weg war.
„Mirutuvāna!", flüsterte sie leise. Sie wusste, spürte ihn immer noch, ganz leicht und immer schwächer werdend. Blätter die gegen ihre Beine und Arme schlugen, der harzige Geruch, sie sah etwas Glitzerndes, Rauschendes in dem sich die Sonne brach. Sie spürte die kraftvollen Sprünge mit denen Mirutuvāna großen, im Weg liegenden Baumstämmen auswich, die Muskeln die bei jedem noch so kleinen Schritt arbeiteten. Die Lautlosigkeit und Geschmeidigkeit mit der er sich bewegte.
Ein Geräusch riss sie wieder zurück in die Gegenwart. Ihr Blick wurde wieder klar. Sie hockte noch immer in der Mitte des Pavillons, die Hand dort erhoben wo Mirutuvānas Kopf gewesen war. Langsam ließ sie die Hand sinken und stand auf. Ihre Beine fühlten sich unangenehm steif an. Da hörte sie wieder das Geräusch. Es war vielmehr ein Wort das durchgehend gerufen wurde. Ein Name. Ihr Name.
Lyra erkannte Miss Rubes und ihren schief sitzenden grünen Hut. Sie kam auf die Lichtung gelaufen. Noch vor ihr kam ihr Wolf an. Wie hatte Miss Rubes ihn noch einmal genannt? Pātukā? Ja das war es gewesen.
Miss Rubes war nun bei ihr angekommen. „Lyra!", sagte sie und schien leicht außer Atem. „Lyra, ist alles okay bei dir?"
Sie nickte langsam und verwirrt.
„Ja...?! Warum? Ist etwas passiert?"
„Du bist nicht aufgetaucht!", sagte Miss Rubes und versuchte ihren Atem wieder unter Kontrolle zu bringen, was ihr sehr schnell gelang.
„Der Treffpunkt!", fuhr sie weiter fort. „Du warst die Einzige die nicht aufgetaucht ist. Wir hatten ein wenig Sorgen das du dich verlaufen hast! Aber das macht ja jetzt auch nichts, du bist ja da!"
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Wolf howl
Fantasy„Ich werde ihn schon noch finden!", rief der Mann wütend und mit dröhnender Stimme. Der ganze Boden schien zu vibrieren während Lyra am Rande mitbekam wie er auf alle Viere fiel und auf sie zulief. Es war plötzlich kein Mann mehr. Es war ein Tier. E...