Kapitel 25

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„Lyra! Hörst du zu?"

Sie schreckte auf und starrte Miss Twin in die Augen.
„Ja natürlich!", sagte sie hastig und setzte schnell eine interessierte Miene auf.
„Dann kannst du mir doch bestimmt sagen was die Lösung dieser Aufgabe ist?"
Sie tippte mit einem Zeigestock an die Tafel wo sich einige Reihen von Zahlen und Formeln aneinanderreihten.

Grausame Fächerkombination als Lehrerin: Sprache und Mathe. Wie konnte man das als Lehrer bloß aushalten?!

„Lyra?!"
„Ja!", sagte sie hastig. „Das ist..."
Sie hatten es doch letzte Stunde erst noch durchgenommen...?! Ach richtig das war es! Sie sagte schnell die Lösung und driftete nach einem letzten misstrauischen Blick seitens Miss Twin direkt wieder ab.

Sie starrte aus dem Fenster während sie daran dachte was gestern passiert war. Die Begegnung mit Mr Salvey hatte sie sich anders vorgestellt. Aber was hätte sie schon erwarten sollen!

Sie konnte sich schon den ganzen Tag lang nicht konzentrieren. In Teamstunde hatte sie sowieso ihren eigenen Gedanken nachhängen können weil Mirutuvāna auch dieses Mal nicht aufgetaucht war, in Geschichte wurde sie zweimal ermahnt und in Kräuterkunde hatte sie denselben Fehler gemacht der Kate bereits passiert ist. Der Ausschlag juckte immer noch wie Hölle.

Miss Twin schrieb einige Aufgaben an die Tafel. Das sollten wohl die Hausaufgaben sein.
Lyra packte wie die anderen ihre Sachen zusammen und ging aus dem Raum. In Gedanken versunken machte sie sich auf den Weg in ihr Zimmer.

Hausarrest. Pah! Wie kindisch!

Ihre Schultasche warf sie auf ihr Bett und sich selbst gleich hinterher. Sie hatte in den letzten Tagen Kopfschmerzen bekommen, miese Kopfschmerzen. Lyra glaubte, dass es eine Nebenwirkung des ganzen Erinnerungsdings war. Erinnerungen geisterten ihr durch den Kopf, völlig zusammenhangslos. Und sie wusste noch immer nicht wieso das passiert war!

Lyra seufzte und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand.
Sie schloss die Augen und lauschte in sich hinein. Es zogen wieder Bilder an ihr vorbei, eine ältere Dame und ein älterer Herr – das waren ihre Urgroßeltern, das wusste sie inzwischen. Auch konnte sie Mr Salvey alias Louis erkennen. Er sah noch immer wie ausgewechselt aus. Es war jetzt nicht so, dass er wie ein Honigkuchenpferd durchgehend fröhlich durch die Gegend gelaufen wäre, aber im Vergleich hat er doch deutlich öfter gelächelt. Und was Lyra verwirrte – sie verstanden sich alle noch. In allen Erinnerungen die sie hatte war alles okay zwischen ihnen. Und zwar wirklich in allen. Es gab keine Erinnerung die auf einen Streit hinwies.
Außer zwei. Einmal ihr Traum und noch eine andere.

Lyra sah es Mal wieder durch einen Türschlitz. Ihre ganze Familie war anwesend. Und sie sprachen miteinander. Vorerst waren die Gespräche ganz ohne Ton. Bis zu einem Punkt wo er plötzlich ansprang.

Sie haben unsere Spur gefunden!"
Das war ihr Großvater. Er sprach ruhig und gelassen, als wäre diese Nachricht das Normalste auf der ganzen Welt.
Wie konnten sie uns finden?"
Das war ihre Mutter. Ängstlich. Es versetzte Lyra jedes Mal einen Stich wenn sie sie reden hörte.
„Wir haben offenbar nicht gut genug aufgepasst!"
Mr Salvey

„Wir werden uns wehren, ganz einfach!" Urgroßmutter.
„Werdet ihr sie umbringen?"
„Mera! Natürlich werden wir das, oder willst du selber drauf gehen?!"
„Aber ich finde es immer noch nicht richtig, dass..."
„Mera!" Die Stimme ihrer Urgroßmutter klang kalt und schneidend. „Beweis das du stark bist und mach uns keine Schande! Ich weiß das du mit deinen Fähigkeiten umgehen kannst, also stell dich nicht so an!"
Es war für einen kurzen Moment still. Dann machte die Erinnerung einen Sprung. Es mussten mehrere Monate vergangen sein denn ihre Mutter sah etwas älter aus. Und sie war alleine mit ihren Eltern.

Wolf howlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt