Kapitel 50

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Unruhig stand Lyra vor dem großen schwarzen schmiedeeisernen Flügeltor und starrte auf die große Villa die sich vor ihr erstreckte.
Durch die langen verzweigten Äste zweier Bäume die den Eingang flankierten, konnte sie die dunkle Hauswand erspähen. Es musste wohl mal Sandstein gewesen sein, doch durch das Wetter und das Alter hatte sich die Farbe abgenutzt und war dunkel und bräunlich geworden. Es erinnerte Lyra an typische Bauten von Kirchen, dieselbe Farbe und ein ebenso hohes mit dunklen Dachziegeln gedecktes Dach.
Die schwarzen Rahmenfenster blickten sie wie dunkle Löcher an und die schwarze Flügeltür mit dem goldenen Türklopfer schienen wie die Pforte in eine andere Welt.

„Du kannst rein gehen, das Tor steht offen!"
Lyra wandte sich vom Haus ab und blickte zweifelnd zu ihrem Onkel. Sie war sich nicht mehr ganz so sicher, ob sie wirklich die Hälfte ihrer Ferien hier verbringen wollte.

Louis hatte gerade das Auto abgeschlossen und kam nun zu ihr. Fragend blickte er sie an und klimperte leise mit dem Autoschlüssel in der Hand.
„Warum gehst du denn nicht schon einmal rein?"

„Ich weiß nicht...", murmelte sie und es war ihr etwas peinlich so unentschlossen rüber zu kommen, nachdem sie ihn geradezu angefleht hatte hingehen zu dürfen.

Louis schien ihre Zweifel zu bemerken und drückte mit einem sanften aufmunternden Lächeln das gut geölte Tor auf.
Hinter ihm folgte ein schmaler schwarzer Körper der sanft an Lyras Beinen entlang strich bevor er Louis folgte.

„Hallo Mirutuvāna!", murmelte sie mit einem leichten Lächeln und sah zu, wie der Wolf den von Veilchen und Gänseblümchen gesäumten Steinweg zur mehrstufigen Vordertreppe entlang lief.
Die Blumen milderten die dunkle und einschüchternde Stimmung des Hauses ein wenig ab. Aber auch nur ein wenig.

Zögernd folgte Lyra den beiden den Weg entlang zur mehrstufigen Steintreppe die zur Tür hinaufführte.
Mit einem mulmigen Gefühl sah sie zu wie Louis den goldenen Türklopfer, der die Kopfform eines Wolfes hatte, betätigte und das Klopfen dumpf durch das Haus hallte.

„Kann es sein das deine Eltern ein bisschen altmodisch sind?", wollte sie murmelnd wissen.
Ein schiefes Lächeln zierte seine Lippen. „Das trifft es ziemlich gut!"

Ihre Hand schloss sich fester um den Griff ihres Koffers als sich Schritte der Tür näherten. Mit klopfendem Herzen und gemischten Gefühlen starrte sie auf die Tür, die gerade sanft geöffnet wurde.

Fast verwundert darüber niemanden zu sehen und nur auf die leere Öffnung starrend, bemerkte sie wie ihr Onkel sich bei jemandem bedankte und dann eintrat.
Zögernd folgte Lyra ihm und spürte Mirutuvāna beruhigend an ihren Beinen entlang streifen.

Als sie eintraten sah Lyra sich voller Staunen um. Sie befanden sich in einer großen Eingangshalle die mit Teppichen ausgelegt wurde und an deren Wänden vereinzelt große bodenlange Spiegel mit Goldrahmen hingen. In den vereinzelten Nischen die sich immer im selben Abstand zu den Spiegeln befanden, standen große hohe Vasen aus Keramik mit blassen rosanen Farben und Blumenmustern. Die großen weißen Orchideen, welche die Vasen bestückten, überragten Lyra beinah um einen Kopf.

Von der hübschen gemütlichen Einrichtung überrascht, wandte sie den Kopf und blickte zu dem hellleuchtendem Kronleuchter, der alles in schummrig goldenes gemütliches Licht tauchte.

„Lyra?"
Fragend blickte sie zu ihrem Onkel und bemerkte nun auch den geheimnisvollen Türöffner. Ein zierlicher älterer Herr mit schwarzem Frack und Fliege und weißen Handschuhen stand neben Louis, der diesen um mehrere Köpfe überragte.
Ein Butler. schoss es ihr fassungslos durch den Kopf.

Wolf howlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt