Kapitel 18

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Talias Sicht

Das ich dabei war, mich selber in den Abgrundzu stürzen war mir durchaus bewusst als ich Vitus zu einem Nachhilfetreffen zusagte und auch wenn ich wusste, dass Mathe mein aktuell größtes Problem sein sollte, natürlich nach meinem 'Verlobten', wusste ich im Grunde, dass mein Herz und diese wachsenden Gefühle für Vitus, die langsam zunehmender aus der Freundschaftsschiene entgleisten, die eigentlichen Gründe sein würden, dass ich irgendwann fallen und hart aufkommen würde. 

Schließlich ist mein Leben schon lange geschrieben und bestimmt worden und in dieses gehörte leider kein Vitus, geschweige denn eine Familie Collister, die mir alleine an diesem Nachmittag mehr Geborgenheit gab als meine eigene je in meinem Leben. 

Trotz dass ich all das in meiner schlaflosen Nacht realisiert beziehungsweise mir bewusst gemacht hatte, konnte ich Vitus nicht absagen. 

Nicht nachdem ich sein strahlendes Lächeln gesehen hatte und die Freude aus seiner Stimme gehört hatte, als er erwähnte, dass er sich auf nachher freuen würde. 

Und so kam es jetzt schlussendlich auch dazu, dass ich nach der Schule mit zu Vitus ging statt zu mir nach Hause, wo Tom eigentlich auf mich wartete. 

Ich wusste jetzt schon, dass das Konsequenzen haben würde, doch ehrlich gesagt hatte ich langsam keine Lust mehr auf all das Rücksicht zu nehmen. 

Ich wollte diese wenigen Wochen, die ich mit Vitus noch hatte, genießen. 

Ich wollte einfach lachen und lächeln, Spaß haben und mein Leben so leben, wie ich es mir immer vorgestellt hatte. 

Und dann, wenn der Zeitpunkt kommen würde, wo ich mich von Vitus verabschieden müsste, dann wollte ich in den Spiegel gucken und sagen können: Ich war einmal in meinem Leben, wenigstens einmal so richtig glücklich und ich selbst. 

Die Talia, die ich immer sein wollte und die ich verstecken musste. 


,,Alles okay Talia?'' holte mich seine sanfte Stimme schließlich aus meinen Gedanken und schweigend nickte ich nur. 

,,Sicher? Du wirkst so abwesend'' 

,,Ich hab ehrlich gesagt keine Lust auf Mathe'' versuchte ich ihn zu beruhigen und log damit nicht mal unbedingt. 

Ich konnte mir wirklich besseres vorstellen als jetzt Mathe zu lernen. 

Zum Beispiel mit Lilly den Nachmittag verbringen, auf Aayana und Vincents Kinder aufzupassen oder auch einfach nur in Vitus Nähe zu sein, vielleicht in seinen Armen zu liegen und dabei seinem beruhigendem Herzschlag zu lauschen wie ich gestern während der Umarmung konnte. 

,,Das kann ich verstehen'' erwiderte Vitus noch ehe er die Haustür aufschloss und er mich herein ließ. 

Sofort stieg mir der himmlische Geruch von Essen in die Nase, so wie ich auch Maria laut singen hören konnte.

Vitus neben mir stöhnte gleich auf und grinsend sah ich kurz zu ihm während ich meine Schuhe auszog. 

,,Auch wenn ich es liebe dich grinsen zu sehen Talia, hör damit auf. Das ist überhaupt nicht lustig. Meine Mutter ist mit ihrer Singerei Schuld an sämtlichen Kindheitstraumata'' 

 ,,Das hab ich gehört mein Sohn'' ertönte plötzlich Marias Stimme aus der Küche und ließ mich nur noch breiter grinsen. 

,,Mama Maria, das kann ja was werden'' flüsterte Vitus noch leise mehr zu sich selbst während ich seine Hand an meinem Rücken spürte mit der er mich vorwärts und geradewegs in die Küche schob. 

Begegnung buchstäblich ins HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt