Kapitel 35

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Talias Sicht


Das ich die folgende Nacht kein Auge zu bekam war im Endeffekt sogar von mir gewollt, denn wenn ich an Theos Hände dachte, die sich erst am Nachmittag versucht hatten an mir zu vergreifen ging mit mir die Panik durch.

Ich dachte, nach diesem Abend würde er mich endlich in Ruhe lassen, doch schien er auf körperlicher Basis eindeutig mehr Interesse an mir zu haben als mein eigentlicher Verlobter, der sich in der Zeit lieber ins Koma soff.

Ich hatte keine Ahnung, was genau ich den beiden Brüdern angetan hatte, dass sie mich so hassten und der eine von beiden es sogar zu ließ, dass der andere mich gegen meinen Willen zu irgendwelchen perversen Spielchen zwingen wollte, doch konnte ich mir nur immer wieder einreden, dass es nichts persönliches gegen mich war, sondern es einfach an ihrer katastrophalen Erziehung liegen musste.

Und vielleicht, vielleicht sprach aus dem Alkoholkonsum von Tom und Theos Gewaltausbrüchen auch einfach nur ihre Unzufriedenheit über ihr Leben heraus.

Beiden war immerhin klar, dass sie ihr Leben genauso wenig bestimmen durften wie ich.

Wir drei waren den Mächten unserer Eltern ausgeliefert, ich, weil ich einerseits noch nicht volljährig war und zudem alles zum Wohle von Lilly tat, und auch, wenn Tom es mir zwar nie gesagt hatte, war mir klar, dass seine Eltern ihn auch mit irgendetwas erpressten.

Anders konnte ich mir sein Verhalten nicht erklären, schließlich war er schon seit Jahren in der Lage dazu, einfach abzuhauen.


Komplett übermüdet und mit nach wie vor kaum auszuhaltenden Schmerzen machte ich mich also auf den Weg zur Schule und konnte dabei nur an Vitus denken, auf den ich nun treffen musste, denn mittlerweile kannte ich den Braunhaarigen gut genug um zu wissen, dass er mich nicht einfach in Ruhe lassen würde, wie ich ihn in der Nachricht drum gebeten hatte.

Das hatten mir seine folgenden Anrufe und Nachrichten immerhin nochmal klar gemacht.

Kurz davor einfach wieder umzudrehen betrat ich eine Viertelstunde später den Schulhof und verschwand zu meinem Glück ohne vorher auf Vitus oder Joel zu treffen im Schulgebäude, denn spürte etwas in mir drinnen, dass ich wahrscheinlich vor ihnen einfach in Tränen ausbrechen würde und keineswegs so kühl rüber kommen könnte wie in der Nachricht.

Dazu war ich nicht stark genug, dazu waren diese Gefühle zu stark.

Etwas froh darüber, dass ich heute kaum Stunden mit den beiden hatte, setzte ich mich in die hinterste Ecke und schloss einen Moment lang die Augen ehe ich mich irgendwie versuchte auf die Worte meiner Lehrerin zu konzentrieren ohne einzuschlafen.


Irgendwie schaffte ich es dann tatsächlich den ganzen Schultag über Vitus und Joel aus dem Weg zu gehen, aber das wahrscheinlich auch nur, weil ich immer auf die Mädchentoilette flüchtete sobald sie auf den gleichen Gang traten wie ich.

Umso erleichterter war ich dann als ich die letzte Stunde hinter mich gebracht hatte und so verließ ich mit etwas Vorfreude darauf, gleich wenigstens bei Jordan zur Ruhe kommen zu können das Schulgebäude.

Das mir mein Leichtsinn noch zum Verhängnis werden würde, wurde mir spätestens klar als sich eine Hand auf meine Schulter legte und anhand der vereinzelten Stromschläge, die meinen Körper durchzogen und ein angenehmes Kribbeln hinterließen, war mir sofort klar, wer nur wenige Zentimeter hinter mir stand.

,,Schön hier geblieben, Talia'' trotz, dass seine Worte alles andere als spaßig gemeint waren, ließ alleine der Klang seiner Stimme mein Herz kurz stolpern und dann vor Glückseligkeit schneller schlagen, als würde es die Tatsache vollkommen ignorieren, dass diese Gespräch ganz sicher nicht gut enden würde.

Begegnung buchstäblich ins HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt