Kapitel 45

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Talias Sicht


Immer noch starrten Vitus und ich uns an. Keiner wagte es auch nur den Blick abzuwenden, erst recht nicht ich, zu groß war die Angst, dass er einfach wieder verschwinden würde und ich mir alles nur eingebildet hatte.


Und auch, wenn mein Herz aufgeregt in meiner Brust schlug und alles in mir danach schrie, ihm einfach nur noch nahe sein zu wollen, verspürte ich plötzlich diese Wut.

Diese Wut, die ich heute morgen auch schon bei meinen Eltern verspürt hatte.

Diese Wut über diese ganze Situation, diese Wut auf meine Eltern, auf Tom und seinen Bruder, aber vor alle verspürte ich diese verbitterte Wut über die Tatsache, dass ich es leid war, dass mich jeder immer wieder verließ und ich nichts dagegen tun konnte.

Bis jetzt hoffentlich, denn wenn Jordan und Joel recht hatten, dann würde es sich jetzt lohnen zu kämpfen.

,,Kannst du dich noch an unser erstes Treffen erinnern?" meine Frage überraschte sowohl Vitus als auch Joel, denn beide tauschten kurz einen Blick aus ehe Vitus nickend meine Frage beantwortete.

„Kannst du dich auch noch daran erinnern, wie hilflos ich in dem Moment war? Wie Angst ich vor dir und deinen Brüdern hatte?"

Vitus sah ich bis hier hin schwer schlucken ehe er wieder nickte.

„Ich glaube, du kannst dir nicht mal ansatzweise vorstellen wie verarscht ich mir an diesem Abend vorkam. Ich meine, erst werde ich fast vergewaltigt und dann, dann lande ich ausgerechnet in einem Haus mit 6 jungen Männern. Glaub mir, Vitus. Ich wollte einfach nur noch wegrennen, einfach nur wegrennen und nie wieder zurück kommen, und doch konnte ich nicht und weißt du auch wieso?" diesmal schüttelte Vitus den Kopf und ließ mich müde lächeln.

„Weil ich dieses Funkeln in deinen Augen gesehen habe. Diese Funkeln, dass mir mit einem Atemzug die Angst nahm. Diese Funkeln, dass mich einen Moment lang alles vergessen ließ, all meine Probleme, all den Schmerz, all die Angst" kurz schluckte ich ehe ich weiter sprach.

„Ich hab mir dabei nichts weiteres gedacht, doch als ich dich dann in der Schule wiedergesehen habe, dann war es wieder da. Dann sah ich ständig dieses Funkeln in deinen Augen und verlor mich immer mehr darin. Und glaub mir, ich hab so sehr dagegen angekämpft. Hab so sehr versucht, das Herzrasen zu ignorieren und mir immer wieder einzureden, dass es sowieso mit einer Enttäuschung enden würde. Ich meine, ich kannte es wirklich nicht anders. Und doch Vitus, verschwand mit jeder Minute, die ich mit dir verbrachte, dieser erzwungene Wille, mich von dir fern zu halten" verbittert lachte ich auf.

„Wie kann man es mir auch übel nehmen. Du hast es mir wirklich nicht einfach gemacht, dich nicht zu mögen. Und so passierte es wie von alleine, dass ich diese Hoffnung verspürte. Diese Hoffnung, die mich wirklich denken lassen hat, dass du es ernst meinen würdest. Das ich dir wirklich so wichtig sein würde, wie du mich fühlen lassen hast"

Vitus schluckte wieder und wollte den Mund aufmachen, um etwas zu sagen, doch kam ich ihm zu vor.

„Und glaub mir, über nichts bin ich wütender, als über diese Naivität. Wie konnte ich deinen Worten nur je Glauben schenken?" wieder lachte ich verbittert auf und trat langsam näher an Vitus heran.

„Und doch Vitus hab ich es. Hab mich Tag für Tag immer mehr diesem Wunschgedanken hingegen, dass du mir helfen würdest und mich eben nicht einfach fallen lassen würdest so wie es jeder andere zuvor getan hat."

Mittlerweile stand ich nur noch etwa zwei Meter von Vitus entfernt, blendete Joel komplett aus und sah ihn einfach nur an, während ich die Tränen in meinen Augen spürte und mein Herz schwer schlagen hörte.

Begegnung buchstäblich ins HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt