Kapitel 52

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Talias Sicht

„Meine Tochter" seine Worte ließen wie von alleine meinen Mund leicht aufklappen. 

„Ich war schon als Jugendlicher in den Augen meiner Eltern ein Nichtsnutz und ich denke, du weißt wie sich das anfühlt. Wie fehl am Platz man sich fühlt, wenn die Menschen, die dich lieben und unterstützen sollten, dich für alles runter machen, was zu machst und du das Gefühl hast, es wird nie genug sein. Ich hab also schon in meinen jungen Jahren mich auf die falschen Menschen eingelassen, mehr oder weniger als Trotzreaktion, um meinen Eltern eins auszuwischen. Das ich mir damit mehr geschadet habe als ihnen ist mir heute klar. Ich meine, sieh mich an. Ich hab nichts selbstständig auf die Reihe bekommen, das einzige was ich zum Leid meiner Eltern geschafft habe, ist mit 20 eine Frau zu schwängern. Und auch, wenn meine Tochter in den Augen meiner Eltern der größte Fehler meines Lebens ist, ist sie für mich der Lichtblick in meinem Leben. Ich liebe sie, ich meine, wie könnte ich nicht meine eigene Tochter lieben?" verächtlich lachte Tom auf und ließ mich schwer schlucken. 

„Natürlich haben meine Eltern schnell bemerkt, dass Sammy mein Schwachpunkt ist. Ich hab nur leider viel zu spät realisiert, was meine Eltern planten, bevor ich mir Sammy schnappen und abhauen konnte" 

Tom schluckte schwer, sah kurz auf den Boden und als er wieder hoch in meine Augen sah fielen mir direkt die Tränen auf, die in seinen Augen standen. 

„Sie haben sie mir einfach weggenommen, haben mir das Sorgerecht entzogen, in dem sie behauptet haben ich würde meine Tochter misshandeln. Ich weiß nicht, wo Sammy ist. Ich darf sie höchstens ein paar mal im Jahr sehen, doch mit dieser Hochzeit, Talia. Meine Eltern haben nur diese eine Bedingung gestellt, nämlich dich zu heiraten und dann würde ich Sammy wieder bekommen. Und glaub mir, ich hab so vieles versucht. Ich rede seit Jahren auf sie ein, dass ich um meine Tochter groß zu ziehen nicht verheiratet sein muss und sie mir das nicht antun können, doch es hat nichts gebracht. Ich krieg sie erst zurück, wenn dieser Tag vorbei ist. Und ich weiß, was ich dir damit antue und du mich für all das hasst, aber ich kann nicht noch einen Tag länger ohne sie leben. Ich will einfach nur meine Tochter zurück" 

Tom floss eine einsame Tränen die Wange hinunter und parallel spürte ich, wie auch eine bei mir floss, denn ich wusste genau wie er sich fühlte. 

Das, was Sammy für ihn war, war Lilly für mich. Und ich konnte ihn verstehen, ich würde an seiner Stelle nicht anders handeln, nur eines verstand ich nicht. 

„Wieso erzählst du mir das? Bis jetzt war es dir doch auch egal, wie es mir mit all dem geht" abwartend blickte ich den Mann vor mir an, von dem ich niemals gedacht hätte, dass der doch ein Herz besaß. 

„Als ich dich vor drei Tagen davon reden hören habe, wie wichtig dir deine Schwester ist und du alles für sie tun würdest, da hab ich mich zum ersten Mal verstanden gefühlt gehabt. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, dass ich nicht alleine auf dieser Welt bin und jemand den gleichen Schmerz durchmacht wie ich. Und ich dachte mir, es wäre dir fair gegenüber, wenn du weißt, dass ich das hier genauso wenig will wie du und ich das nicht einfach nur für Geld oder sonst was tue" 

Einen Moment lang blieb es still zwischen uns ehe mir schon die nächste Worte raus rutschten. 

„Du würdest Sammy doch niemals so schlagen wie du mich hast oder? Also an der Beschuldigung deiner Eltern, ist da irgendetwas dran?" Tom riss sofort die Augen auf und schüttelte dann hastig den Kopf. 

„Niemals, Talia, das musst du mir glauben. Ich würde Sammy niemals ein Haar krümmen. Und ich kann mir vorstellen, dass es dir schwerfällt mir zu glauben, nach all dem was ich dir angetan habe, aber ich verspreche dir, Sammy ist der einzige Grund wieso ich überhaupt noch lebe, ich würde ihr nie weh tun" 

Begegnung buchstäblich ins HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt