Kapitel 34

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Vitus Sicht


Als ich Montag morgens aufstand und mich für die Schule fertig machte, ahnte ich noch lange nicht, was alles heute passieren würde, doch sobald Joel und ich Talia nicht an unserem üblichen Treffpunkt antrafen spürte etwas in mir schon, dass etwas nicht stimmte.

Talia kam nie zu spät, nein, wenn eine Person meistens viel zu früh da war, dann war es mein Engel.

So griff ich auch spätestens nach meinem Handy als es schon längst zum Unterrichtsbeginn geklingelt hatte.

,,Sie geht nicht ran'' Joel seufzte gleich nach meinen Worten auf und sah sich dann nochmal um.

,,Sie kommt doch nie zu spät'' Schwer schluckend rief ich sie nochmal an und beobachtete aus dem Augenwinkel wie Joel sie zu textete.

,,Vielleicht hat sie einfach nur verschlafen. Das kann doch jedem mal passieren'' auch, wenn ich Joels Versuch mich zu beruhigen, schätzte, half es ganz und gar nicht.

Mein Beschützerinstinkt für Talia lief schließlich schon seit unser ersten Begegnung auf Hochtouren und das mittlerweile alles in mir sich auch noch nach ihrer Nähe sehnte machte es nicht besser.

Letztendlich ließ ich mich von Joel aber doch in den Unterricht ziehen, doch wie erwartet konnte ich mich nicht wirklich auf die Worte meines Lehrers konzentrieren und starrte stattdessen nur auf mein Handy, in der Hoffnung, dass sie endlich auf unsere Nachrichten reagieren würde und mich wissen lassen würde, dass es ihr gut ging.

Das diese Nachricht tatsächlich auch zu Beginn der Pause kam, beruhigte mich im Endeffekt eher weniger, sondern verschlimmerte alles nur noch:

,,Mir geht es gut Vitus. Hör auf die ganze Zeit anzurufen und lass mich einfach in Ruhe''

Irgendetwas stimmte nicht, irgendetwas stimmte ganz und gar nicht.

Diese Nachricht klang ganz und gar nicht nachdem Mädchen, dass am Wochenende noch in meinen Armen geschlafen hatte.

Instinktiv wählte ich sofort wieder Talias Nummer, doch als sofort ihre Mailbox anging, verstärkte sich dieses ungute Gefühl nur.

Sie hatte mich einfach weg gedrückt.

Und spätestens diese Handlung von ihr sollte mir beweisen, dass diese Nachricht ganz sicher nicht von dem gleichen Mädchen geschrieben wurde, die sich glücklich vor sich hin lächelnd an mich gekuschelt hatte als ich ihr einen Kuss auf die Stirn gedrückt hatte, die sich kichernd aus meinen Armen befreien wollte als ich zufällig heraus fand, dass sie kitzelig war.

Was hatte sich in den letzten Stunden also zwischen uns verändert, dass sie jetzt so auf mich reagierte?





Das ich im Laufe des Tages nur daran denken konnte, dass es eigentlich nur mit dem Kuss beziehungsweise den Küssen zu tun haben konnte, ließ dieses schmerzhafte Stechen in meiner Brust mal zu mal schlimmer werden.

Jetzt wusste ich immerhin wie sich meine Brüder alle mal gefühlt haben müssen, zum Beispiel als Aayana fälschlicher Weise dachte, dass Vincent sie von vorne bis hinten verarscht hatte und Vincent nicht die Chance bekam, es richtig zu stellen.

Oder als Viktor mit dem schlechten Gewissen leben musste, dass er möglicherweise alles kaputt gemacht hatte, in dem er Venus wissen lassen hatte, dass er ein anderes Mädchen liebte.

Von Valentin und seiner Sorge, dass er Lilou vielleicht nie wieder sehen würde, als sie aus dem Nichts zurück nach Frankreich kehrte, muss ich wohl kaum anfangen, wie auch wohl von Vito, der wahrscheinlich mit Abstand das Schlimmste durchmachen musste, denn auch, wenn ich damals selbst gerade einmal elf Jahre alt gewesen war, erinnerte ich mich noch an den Schmerz als Venus mir versuchte zu erklären, dass Saphira vielleicht nie wieder die Augen öffnen würde.

Begegnung buchstäblich ins HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt