23-Marius ärgern

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"Du musst das wirklich nicht machen, Marius.", protestierte ich und wartete, bis er die Wohnungstür aufgeschloßen hatte. Ich wollte ihm nicht nach dieser ziemlich miesen Aktion noch mehr zur Last fallen. Marius hatte mir nämlich tatsächlich verboten auch nur eine Sache, die mit der Arbeit zu tun hatte, mitzunehmen, hatte irgendwas von Auszeit geredet und mich zu seiner Wohnung geschleift. Und ich hatte keine Ahnung wieso. Weder warum wir hier waren, noch warum er nicht sauer war.
"Du brauchst definitv eine Pause.", hielt er gegen, "Warst du nicht diejenige, die mir erklärt hat, dass ich mehr auf mich aufpassen soll, als ich an meinem Video gearbeitet habe?"
"Das Video welches immer noch nicht online ist?", versuchte ich abzulenken und trat ein.
"Netter Versuch.", grummelte er und legte seine Hand an meine Wange, "Aber ich werde trotzdem dafür sorgen, dass du eine Pause einlegst. Ich hab dir gesagt, dass ich auf dich aufpasse. Und es war von vornherein klar, dass du irgendwann überfordert bist "

"Mir geht es gut!"

"Du bist die Treppe runtergeflogen und willst trotzdem weiter arbeiten. Du denkst an nichts Anderes mehr, außer daran. Du vernachlässigst dich und deine Beziehungen. Dir geht es eindeutig NICHT gut.", wurde Marius etwas lauter und ich zuckte erschrocken zusammen. In einem etwas leiserem Tonfall fuhr er fort, "Und jetzt hör auf mit mir zu diskutieren!"
"Tut mir leid...", murmelte ich reumütig und näherte mich ihm vorsichtig, bevor ich mein Gesicht in seinem Shirt vergrub, "Ich bin momentan etwas neben der Spur."
Marius hatte ein gutes Recht darauf, sauer zu sein. Schließlich hatte er von vornherein Recht behalten, doch ich wollte ja nicht hören. Und ich hatte es mit den Aktionen in den letzten Tagen immer schlimmer gemacht. Ich gebe es ja zu, ich hatte es auch wirklich ein wenig übertrieben.
"Ich weiß...", flüsterte er trotzdem und umarmte mich.
Wow, ich konnte es echt nicht glauben, dass er trotzdem noch so zu mir war.
Eine Weile standen wir so da, bevor er mich ein wenig von sich wegschob: "Okay, du gehst jetzt erst einmal duschen, um dich zu entspannen und ich kümmer mich um den Rest des Abends." "Den Rest des Abends?", fragte ich irritiert und er nickte kurz: "Lass dich überraschen."
"Ich hab so einen tollen Freund echt nicht verdient.", lächelte ich schwach und legte meine Hände an seine Wangen, "Und trotzdem bist du bei mir..."
"Hör auf sowas zu sagen. Jeder irrt sich mal. Du bist einfach nur im Stress und überarbeitet.", nuschelte Marius und drückte einen Kuss auf meine Stirn, "Und jetzt ab mit dir."
Grinsend tapste ich zum Bad, doch drehte mich noch einmal um: "Oder...du kommst mit?" Ein zweideutiges Lächeln stahl sich auf sein Gesicht: "Klingt zwar verlockend, aber nein." "Schade.", lachte ich und schloß die Tür. Wirklich schade...
Trotzdem war ich froh, dass er mir anscheinend nichts nachtrug, was ich selbst nicht verstand und wir wieder normal miteinander umgehen konnten, ohne dass wir uns im nächsten Moment anschrien.
Keine Minute später stand ich auch schon unter der Dusche und ließ warmes Wasser auf mich herabrieseln. Marius hatte Recht. Das war mehr als nur entspannend. Als könnte man die Sorgen einfach abwaschen. Eine gefühlte Ewigkeit verging, während ich einfach nur dastand und nichts tat. Wahrscheinlich würde ich stundenlang hier stehen, wenn ich nicht damit Marius' Wasserkostenrechnung in die Höhe treiben würde.
Das leise Klicken der Tür erklang und verwirrt sah ich dorthin. Vorsichtig steckte Marius seinen Kopf hinein, bevor er sich ganz hereintraute und einen Stapel Klamotten neben dem Waschbecken ablegte: "Anziehen." "Geht klar.", grinste ich nur und legte den Kopf genießerisch in den Nacken.
"Hilft es was?", fragte Marius hörbar lächelnd und ich nickte langsam. "Gut.", kommentierte er nur, doch die Tür wurde nicht geschloßen und mit einer hochgezogenen Augenbraue sah ich zur Seite.
Da stand er. Mit verschränkten Armen und verliebt dreinschauend. Dieser kleine Gaffer... Auch wenn er süß war. Und er eigentlich alles Recht der Welt hatte. "Also entweder gehst du jetzt oder du kommst mit rein, damit ich auch was davon habe.", erklärte ich und verschränkte die Arme.
"Vielleicht ein anderes Mal.", lächelte er und verschwand durch die Tür. Na danke auch...
Eine Weile genoss ich noch das Wasser, bevor ich es abdrehte und aus der Dusche stieg. Grinsend schnappte ich mir ein Handtuch, welches Marius fürsorglich mit der Kleidung gebracht hatte und rubbelte meine Haare etwas trockener, bevor ich meinen Körper abtrocknete.
Interessiert begutachtete ich den Kleidungsstapel und fing an zu grinsen. Ein Hoodie und eine Hose von Marius. Ich liebe ihn.
Schnell zog ich mich wieder an und sah verzweifelt auf die Hose. Da es eine von Marius war, musste ich die Hosenbeine umkrempeln, damit ich nicht bei jedem Schritt drauftrat. Er war eben einen Kopf größer als ich und hatte um Einiges längere Beine. Doch es war eine Hose von Marius ud das war ein Grund sie anzubehalten.
Mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht, verließ ich das Badezimmer und lugte vorsichtig in's Wohnzimmer. Marius saß auf dem Sofa, vor ihm zwei Tassen Kakao und in der Luft lag ein leichter Pizzageruch. "Das meintest du also mit 'Rest des Abends'", murmelte ich und blieb vor ihm stehen. "Ich denke mal, dass du darüber nicht böse bist.", grinste Marius und zog mich auf das Sofa, bevor er mir eine Tasse aushändigte. Vorsichtig nippte ich an dem heißen Getränk und lehnte mich an ihn. Das war einfach nur perfekt. Warum hatte er gewusst, dass ich anscheinend genau das brauchte? "Die Hose steht dir übrigens.", kam es von ihm und ich lachte kurz: "Ist ja auch die Hose meines wunderbaren Freundes." Ja, Marius war wirklich wunderbar. Ein leichtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, bevor er wieder einen Schluck von seinem Kakao nahm und er mich wieder ansah: "Werde ich mich jetzt auch bald von der verabschieden müssen?" "Hey, du bekommst jeden Hoodie immer wieder zurück.", verteidigte ich mich. "Und dafür lässt du einen anderen mitgehen.", konterte Marius und grinste. Leicht zuckte ich die Schultern: "Damit musst du leben. Ich lasse es mir nicht nehmen deine Hoodies anzuziehen."

Effekt oder Defekt?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt