16-Ein Haufen Ordner

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"Okay, damit wär's das.", verkündete Annika, während ich auf den riesigen Stapel an Akten vor mir, welcher während ihrer Einweisung immer größer geworden war, starrte. "Die Passwörter für E-Mail Adresse und so weiter findest du hier.", erklärte sie und reichte mir einen Zettel, auf dem sämtliche Daten, Telefonnummern und sonstige Sachen standen. "Ähm...okay...", murmelte ich nur unsicher und schielte wieder zu den Ordnern.
"Sicher, dass du das schaffst?", vergewisserte sich Annika besorgt. Ich nickte schnell: "Na klar. Ich muss mich nur etwas einarbeiten. Das ist alles."
Beruhigt blies sie die Luft aus ihren Wangen: "Gut, dann gehe ich mich jetzt mal von den Jungs verabschieden."
Und schon verschwand sie nach oben, während ich mich ein wenig ratlos auf einen Stuhl fallen lies. Okay, wie schwer konnte das bitte sein?
Irgendwie würde ich die 3 Wochen ja überleben.
Ein wenig enthusiastischer fing ich an die Ordner nach Wichtigkeit und Themen zu sortieren, als Annika wieder die Treppe herunter kam. "Ich bin dann mal weg.", verkündete sie lächelnd und schnell stand ich auf und zog sie in eine Umarmung: "Viel Spaß und pass auf dich auf."
"Werde ich. Und du rufst mich an, falls etwas sein sollte!", ermahnte sie mich und hob gespielt drohend ihren Zeigefinger. "Mach ich.", lächelte ich leicht, "Versprochen."
"Gut, dann bis in drei Wochen.", grinste nun auch Annika, bevor sie sich Richtung Haustür davon machte. Mit einem letzten Blick zu ihr, ließ ich mich wieder auf den Stuhl fallen und fing an mich wieder mit den Ordnern zu beschäftigen. Das Meiste war eh nur Verwaltungskram, doch ich wollte wenigstens ein bisschen mit den ganzen Akten vertraut sein, falls ich doch einmal schnell etwas in ihnen suchen musste. Und außerdem war es auch irgendwo interessant. Ich wusste ja, dass Annika wirklich viel zu tun hatte, aber dass sie so viel Arbeit hatte, wäre mir nicht eingefallen. "Hier steckst du also.", ertönte plötzlich eine Stimme hinter mir und zwei Hände legten sich auf meine Schultern. "Hast du mich etwa gesucht?", murmelte ich nur abwesend, ohne meine Nase aus den Papieren vor mir zu nehmen. "Wir machen in 10 Minuten los zum Dreh.", teilte mir Marius weiter mit, "Und du hast ja schon ausdrücklich gesagt, dass du unbedingt deine Hilfsbereitschaft bei den Dreharbeiten nicht vernachlässigen willst." "Das stimmt.", erklärte ich und hob den Kopf, bevor ich Marius ansah, "Und daran hat sich auch nichts geändert." Abschätzig sah er zu mir herab: "Du weißt, dass ich das für nicht so gut halte?"
"Ich überarbeite mich schon nicht.", erklärte ich ihm zum gefühlt hundertsten Mal mit einem Seufzen, "Ich hab das im Griff, ehrlich. Und ich kann mich sehr wohl einschätzen und weiß wie viel ich mir zumuten kann. Also bitte hör auf mich ständig danach zu fragen!"
"Werden wir ja sehen...", murmelte Marius nur grummelig und nahm seine Hände von meinen Schultern, "Wir müssen los."
"Ich weiß.", erwiderte ich kühl, angesichts seines abwertenden Tonfalls und klappte die Ordner zusammen. Diesen kleinen etwas unausgesprochenen Streit, hatten wir seit gestern Abend zwischen uns stehen, doch anscheinend waren wir beide zu stolz wirklich darüber zu reden. Also verdrängten wir es ganz einfach. Bis wieder jemand das Thema ansprach und die miese Stimmung von vorn los ging. Und dazu kam noch, dass Marius sowieso momentan nervlich zart besaitet war, doch er wollte mir partout nicht erzählen warum. Also ließ ich ihn machen, er würde schon wissen was gut für ihn ist.
Mit einem letzten Blick auf die Ordner, erhob ich mich und bewegte mich zur Haustür, an der die Anderen schon warteten. Eine peinliche Stille entstand, die wohl der angespannten Stimmung zwischen mir und Marius geschuldet war, bevor Passi schließlich das Wort ergriff: "Alles gut bei euch?"
"Klar alles bestens.", erklärte Marius sofort angepisst und sah zu unserem Freund, "Können wir gehen?"
Und ohne auf eine Antwort zu warten, verschwand er durch die geöffnete Haustür. Ju warf mir einen Blick von der Seite zu: "Was ist denn mit dem los?"
"Es geht ihm gegen den Strich, dass ich jetzt auch noch für drei Wochen Annikas Arbeit am Hals habe, weil er der Meinung ist, dass ich mich überarbeite.", erklärte ich schulterzuckend.

"Hanna, wenn du mehr Zeit dafür brauchst-"

"Ju, es ist alles ok. Der Einzige der sich mit einem 'Alles ok' nicht zufrieden gibt, ist Marius.", seufzte ich, "Und der wird sich auch schon wieder einkriegen."

Effekt oder Defekt?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt