26-Marius' Geheimnis

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"Also was wollen wir gucken?", fragte Marius und drehte sich zu mir um.
Mit einer hochgezogenen Augenbraue musterte ich ihn weiter, ohne ein Wort zu sagen.

"Kannst du jetzt bitte damit aufhören? Das ist gruselig."

"Erst wenn du mir sagst, was alle außer mir wissen.", forderte ich und verschränkte die Arme, "Das ist nämlich ziemlich unfair."
"Es wissen nicht alle.", grinste Marius und trat zu mir, bevor er in die Hocke ging und mich musterte. Das gab jetzt wahrscheinlich ein ziemlich lustiges Bild ab, wie ich schmollend und im Schneidersitz auf dem Sofa saß und zu ihm herab sah, während er auf dem Boden hockte und überlegen nach oben schaute.
Aber wirklich lange konnte ich darüber nicht nachdenken, denn ein anderer Gedanke geisterte durch meinen Kopf.
Marius hatte ein Geheimnis und ich hatte den Verdacht, dass er es heute sogar meinen Eltern erzählt hatte. Und jetzt wollte ich mehr als vorher wissen, was es war.
Schließlich hatte er seit unserem Berlinbesuch eine, fast schon angsteinflößende, gute Laune, dass ich mich echt wunderte, dass ihm vom vielen Grinsen sein Gesicht nicht weh tat.
Und meine Eltern waren genauso gewesen. Auch ihnen war das Grinsen nicht mehr vergangen und so wie ich das einschätzte, wusste auch Ju warum.
Und ich war ein sehr neugieriger Mensch, weswegen ich nicht locker lassen würde.
Zwar hatte ich ihn in Berlin bereitwillig allein mit meinen Eltern gelassen, aber nachdem ich die Reaktionen gesehen hatte, konnte ich an nichts Anderes mehr denken.
"Doch.", gab ich trotzig zurück, "Und ich will es jetzt auch wissen."
"Ich werde es dir aber nicht sagen.", zwinkerte er und stand wieder auf. Wahllos griff er einen Film und stellte alles ein, bevor er sich, mit ein wenig Abstand zu mir, ebenfalls auf das Sofa fallen ließ.
Einladend legte er einen Arm auf die Rücklehne und klopfte neben sich: "Willst du herkommen?"
Haha, das hätte er wohl gern. Aber nicht mit mir.
Demonstrativ rutschte ich ein Stück von ihm weg: "Nein."
"Gut, dann eben nicht.", seufzte Marius und startete den Film.
Ähm, wie bitte?
Interessierte es ihn etwa gar nicht, dass ich sauer auf ihn war?
Pah, wenn er wollte...
Eine Weile ging das gut, bis ich anfing immer wieder zu ihm herüber zu schielen.
Verdammt, wieso musste das auch so verlockend sein sich an ihn zu kuscheln?
Sein Arm lag immer noch auf der Rückenlehne, was es ziemlich einfach machte, sich an ihn zu kuscheln.
Aber ich war sauer auf ihn.
Und trotzdem wollte ich es...
Verzweifelt versucht mich auf den Film zu konzentrieren, rutschte ich unbehaglich auf meinem Platz hin und her, was er mit einem zufriedenen Lächeln quittierte.
Nicht nachgeben, Hanna...
Zeig ihm die kalte Schulter, du kannst das.
Aber ich wollte mich an ihn kuscheln...
Doch das war genau das, was er wollte, denn dann würde ich nachgeben.
Abschätzend sah ich zu ihm herüber und musterte ihn einen kurzen Moment. Ich hatte jetzt wei Möglichkeiten.
Entweder ich gab nach, kuschelte mich an ihn und erfuhr sein Geheimnis nicht. Oder ich schmollte weiter, würde das Geheimnis wahrscheinlich trotzdem nicht erfahren und es würde der erste Traditionsabend werden, an dem wir uns gegenseitig ignorierten.
Abwiegelnd sah ich ihn weiter an, doch eigentlich stand meine Entscheidung fest. Und es wäre ziemlich dumm die andere zu wählen. Und die Chance mit Marius zu kuscheln, ließ ich mir nicht entgehen.
Mit einer schnellen Bewegung verringerte ich den Abstand zwischen uns und presste mich an seine Seite.
Meinen Kopf legte ich auf seiner Schulter ab, während meine Hand sich ihn seinem Hoodie vergrub.
Mit einem siegessicheren Grinsen sah er mich an, bevor er seinen Arm um mich legte und ich mich so besser an ihn kuscheln konnte.
"Du bist trotzdem doof.", murrte ich geschlagen, "Und es ist ziemlich unfair deine Attraktivität so gegen mich auszunutzen."
"Ich weiß.", erwiderte er, "Aber das ist ja das Lustige daran."
Seufzend sah ich wieder zum Fernseher: "Kommt drauf an für wen..."


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Vielen lieben Dank für 1k Reads ❤

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