63-Abwechslung

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Unwillkürlich zuckte ich zusammen, als wieder mein Handy klingelte und Marius' Name auf dem Bildschirm angezeigt wurde. Den ganzen Tag versuchte er mich schon zu erreichen und ich schaffte es einfach nicht mir anzuhören, was er zu sagen hatte.
Oder wollte ich es nicht?
Keine Ahnung.
Doch er ließ nicht locker und so kam es, dass mein Handy alle fünf Minuten einen neuen Anruf von ihm verzeichnete.
Verständlich war es ja schon, es tat ihm ja anscheinend leid, aber ich war immer noch sauer auf ihn und würde nicht so schnell klein bei geben.
Auch wenn es doch irgendwo unfair ihm gegenüber war, aber ich hasste es so sehr etwas Falsches unterstellt zu bekommen. Und dann auch noch von meinem Lieblingsmenschen...

Kaum war ich aus der Tür getreten, lief ich auch schon prompt in eine vorbeigehende Person rein. Vor meinem geistigen Auge sah ich mich schon auf dem Boden liegen, als sich zwei Hände um meine Hüfte legten und mich vor dem Fallen bewahrten.
Perplex starrte ich in zwei grüne Augen und die Augen starrten zurück. "Marius?", brachte ich verwirrte heraus. "Hanna?", murmelte er leise, aber ebenso überrascht wie ich. Er hielt mich immer noch fest, aber irgendwie störte es mich auch nicht. Im Gegenteil, ich wollte gar nicht, dass er mich losließ. Verwirrt blinzelte ich. Huch, was war denn jetzt mit mir los? Doch bevor ich diesen Gedanken weiter verfolgen konnte, erhob Ju das Wort: "Irgendwie passt das gerade perfekt in einen Liebesfilm." "Das mit der Liebe wäre dann ja wohl euer Part.", antwortete Marius mit zusammengepressten Lippen, bevor er mich losließ. Moment, was? "Wie bitte?", hakte ich nach und starrte ihn entgeistert an.

"Du hast mich schon verstanden."

"Ja, aber ich will es nicht verstehen. Denkst du etwa dass Ju und ich-"

"Es ist doch auch so, oder?"

Fassungslos sah ich ihn an. "Wir haben nichts miteinander...", erklärte ich sauer. "Und warum kommt ihr dann aus einem Cafe herausgelaufen, während Niemand weiß, dass du in Aachen bist?", forderte Marius. Seine Augen zeigten ein gewisses Funkeln, doch ich konnte es nicht so richtig einordnen. "Das war kein Date!", versuchte ich mich wieder zu rechtfertigen. Irgendwie verletzte es mich ungemein, dass er mir nicht glaubte. Ich hasste es allgemein, wenn Leute, die mir wichtig waren, mir nicht vertrauten, doch bei Marius war das unerklärlicher Weise etwas Anderes. Es fühlte sich...leerer an. Wie ein klaffendes Loch, dass sich durch meinen Körper zog. Ich mochte dieses Gefühl nicht und ich würde auch nicht mehr lange mit ihm diskutieren. "Und was war es dann?", provozierte er, was bei mir den Geduldsfaden zum Reißen verleitete. "Ich habe mir eine Wohnung angeschaut! Und? Zufrieden?", fuhr ich ihn an, "Aber danke, dass du mir nicht vertraust, fühlt sich echt toll an!" Damit drehte ich mich um und stapfte in die Richtung meiner Wohnung. Und schon in diesem Moment war mir klar, dass ich eine Fehler gemacht hatte, doch das war mir im Moment egal. Mir war alles egal. Ich wollte einfach nur allein sein, in Ruhe und Frieden. Und ohne dieses schreckliche Leeregefühl. "Hanna!", ertönte eine Stimme hinter mir und im nächsten Moment wurde ich am Arm festgehalten. "Jetzt bleib doch hier...", flehte Marius, doch ich riss mich von ihm los. "Lass mich einfach!", brachte ich nur erstickt hervor und eilte weiter.

Und das mit der Woche kam mir damit ganz gelegen, da ich mich so vollkommen auf mich konzentrieren konnte.
Oder es zumindest versuchte.
Mit einem Seufzen fuhr ich mit dem Finger am Rand meines Weinglasses entlang. Alkohol ist keine Lösung, jaja ich weiß. Aber ich hatte tatsächlich nur eine Weinflasche und Wasser zu Hause gehabt und man sollte ja immer etwas Abwechslung in sein Leben bringen, richtig?
Obwohl ich genug Abwechslung in den letzten Tagen gehabt hatte...

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