81-Einfach machen

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Leichtfüßig sprang ich auf und kam Marius entgegen, während er die Wohnung betrat. Doch ich kam gar nicht dazu, etwas zu sagen, denn er hob sofort mahnend die Hände: "Bevor du irgendwas sagst und ich wieder irgendwas falsch mache, vertrau mir einfach und komm mit. Du musst das jetzt einfach machen."
Etwas verwundert sah ich ihn an: "Okay..."
"Okay.", atmete er erleichtert aus, während ich meine Schuhe anzog. Kaum hatte ich dies getan, nahm er meine Hand, schloß die Tür und zog mich die Treppen hinunter.
Neugierig folgte ich ihm, während wir den Bürgersteig betraten und Marius sofort in Richtung eines Parks in der Nähe lief. "Also, was hast du vor?", fragte ich nach einiger Zeit und er sah mich kurz von der Seite an. Ein Seufzen entwich seiner Kehle: "Etwas was sowohl nach hinten losgehen könnte, als auch genau richtig sein könnte. Hängt davon ab."
"Hängt von was ab?", fragte ich mit einer hochgezogenen Augenbraue.
Verlegen ließ er seinen Kopf in den Nacken fallen: "Dir."
"Na super.", murmelte ich, während ich mir über die Arme rieb.
Ich Idiot hatte vergessen eine Jacke mitzunehmen und auch wenn wir Oktober hatten, war es schon ziemlich kühl, da es gegen 23 Uhr sein musste. Auch Marius bemerkte das und blieb sofort stehen, bevor er seinen Rucksack absetzte und seine Jacke auszog. Mitfühlend hielt er sie mir hin und leicht verlegen schlüpfte ich hinein: "Tut mir leid..."
"Alles in Ordnung.", beschwichtigte er mich und schulterte seinen Rucksack wieder.
Marius, nun nur noch im Shirt, lief mit einem leichten Lächeln weiter. Etwas ehrfürchtig blickte ich ihn an: "Ist dir nicht kalt?"
"Nö.", grinste er und sah mich an, "Außerdem wird es sowieso gleich wärmer."
"Na da bin ich ja mal gespannt...", murmelte ich mehr zu mir selbst, als zu ihm, während wir den Park erreichten.
Wirklich viel sah man nicht, da es stockfinster war, aber Marius lief zielstrebig weiter, sodass ich ihm einfach folgte.
Eine Weile verging, in der ich ihm einfach wortlos folgte, bevor wir schließlich an einigen Bäumen ankamen. Zwischen einigen waren Hängematten gespannt und ich erinnerte mich noch vage irgendetwas davon gelesen zu haben. Irgendsoein Verschönerungsprojekt oder sowas...
Marius lief weiter auf eine Hängematte etwas am Rand zu.
Mit einem erleichterten Seufzen blieb er davor stehen, bevor er mich verlegen ansah: "Jetzt kommt der schwierige Teil...entweder du hälst es soweit mit mir aus, dass wir zusammen in einer Hängematte liegen können oder wir haben doch ein größeres Problem als erwartet. Sorry, aber ich brauche das."
Etwas überrumpelt, blinzelte ich mehrmals, bevor ich ein leises "Okay" über die Lippen brachte.

"Okay, was?"

"Okay, ich halte es mit dir aus.", erklärte ich genauer, "Also?"
Erleichtert aufatmend, kletterte er in die Hängematte, bevor ich folgte. Sofort rutschte ich ungewollt an Marius heran, da wir mit unserem Gewicht einen Schwerpunkt bildeten.
Mich an meine Gedanken von vorhin erinnernd, kuschelte ich mich an seine Seite, während ich meine Hand und Kopf auf seiner Brust ablegte. Marius hingegen schlang seine Arme um mich und ich lächelte leicht.
Das war genauso wie früher.
Und so unfassbar schlimm war es gar nicht.
Eher merkte ich jetzt erst, wie sehr ich das vermisst hatte.
Die Hängematte schaukelte leicht, als Marius einen Arm aus der Hängematte streckte und an seinem Rucksack, den er zuvor auf dem Boden angestellt hatte, herumhantierte, bevor er schließlich eine Decke herauszog und sie über uns ausbreitete.
Das meinte er also mit dem wärmer werden.
Anschließend zog er seinen Rucksack nach oben und legte ihn bei unseren Füßen ab: "Das war's."
"Weihst du mich jetzt endlich mal ein?", fragte ich etwas verwirrt.
"Naja eigentlich war das ziemlich impulsiv.", gestand er, "Die Situation von gestern hat mir keine Ruhe gelassen, aber ich konnte das einfach nicht mehr. Du bist mir wichtiger als jeder andere Mensch und dir nicht einfach so nahe, wie ich es will, sein zu dürfen, tut verdammt weh."
"Zu dem Schluss bin ich auch gekommen...", seufzte ich, "Du hast Recht."
"Aber warum geht es jetzt auf einmal?", wollte er wissen. Nachdenklich fuhr ich mit meinem Finger seinen Kiefer entlang: "Keine Ahnung...ich glaube ich musste einfach mal wachgerüttelt werden."
Jaja, der kräftige Schubs Richtung Versöhnung...
Hatte einmal geklappt und klappte auch jetzt wieder.
"Dann war die Aktion gestern vielleicht doch nicht so schlecht...", lachte er, "Obwohl es mir danach ziemlich mies ging."
Bestätigend nickte ich nur.
Stille folgte darauf und eine Weile genossen wir die Ruhe einfach nur.
Die Decke war wirklich schön warm und zusätzlich in Marius' Jacke, konnte ich mir gerade nichts Besseres vorstellen. Und dann lag Marius auch noch neben mir, beziehungsweise ich halb auf ihm und es machte mir nichts aus, was die größte Errungenschaft für mich war.
Um uns herum herrschte nicht nur Stille, sondern auch Dunkelheit und ich seufzte zufrieden.
Das hier war einfach nur...perfekt.
"Hanna?", fragte Marius leise. "Hm?", gab ich ihm eine Antwort und schloß die Augen.
"Ich...ähm...also ich...", fing er verlegen an und ich öffnete ein Auge, um ihn fragend anzusehen. "Trägst du den Ring noch?", brachte er schließlich schnell heraus und ich öffnete nun auch mein anderes Auge.

"Also versteh'das bitte nicht falsch. Du bist die Liebe meines Lebens und ich will definitiv den Rest meines Lebens mit dir verbringen, aber ich habe ziemlichen Mist gebaut und ich weiß jetzt nicht-"

"Du weißt nicht was ich denke und will.", beendete ich seinen Satz und hob meine Hand vor sein Gesicht.
Erleichtert entdeckte er den Ring an meinem Finger: "Du willst mich also noch heiraten?"
"Natürlich will ich dich noch heiraten!", erklärte ich sofort und legte meine Hand an seine Wange, "Wie du gesagt hast: Liebe meines Lebens."
Ein zufriedenes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, während wir uns einfach nur gegenseitig in die Augen sahen....
Das wäre eigentlich der perfekte Moment...
Es wäre der richtige Moment...
Aber...obwohl...da war kein 'Aber'.
Vorsichtig streckte ich mich etwas nach oben, bevor ich meine Lippen auf seine legte und ihn sanft küsste.
Und auch Marius schien den gleichen Plan gehabt zu haben, denn er ging sofort darauf ein und schlang seine Arme noch ein wenig mehr um mich.
Hilfe, wie hatte ich das vermisst?
Umso widerwillig war ich, als wir uns wieder voneinander lösten, doch trotzdem zierte ein fettes Grinsen mein Gesicht. Und auch Marius strahlte förmlich, während er mich verliebt ansah.
Ich würde mal sagen...wir hatten's wieder hinbekommen.
Und darüber war ich gerade mehr als glücklich.
Vorsichtig beugte ich mich wieder nach oben, doch kurz bevor wir uns wieder küssten, stoppte ich kurz: "Ich liebe dich."

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