18-Wir sind hier fertig

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Geschäftig beendete ich die Schnittarbeit für den heutigen Tag und zog alles in unsere Arbeitsordner, auf welche man von allen Computern der Bamcrew aus zugreifen konnte, bevor ich meinen Computer ausschaltete und ein Stück zu Ju herüber rollte: "Gibt's noch irgendwas zu erledigen?"
"Nein, das war's. Geh nach Hause und genieß deinen Abend.", erklärte der Halbasiate lächelnd. "Du meinst wohl eher, dass ich die Büroarbeit genießen werde.", seufzte ich lachend und erhob mich, "Aber das mache ich heute zu Hause. Also bis morgen!"
"Bis morgen!", erhielt ich noch als Antwort, bevor ich das Büro verließ und nach unten trottete. Am liebsten würde ich ja gar nichts mehr heute machen. In den letzten Tagen hatte ich etwas wenig Schlaf bekommen, weswegen ich einfach nur ziemlich fertig war, doch ich hielt mein Versprechen gegenüber Annika. Müde stopfte ich die Ordner in meine Tasche und wollte gerade den Weg Richtung Haustür einschlagen, als plötzlich eine Stimme hinter mir erklang: "Hanna, warte!"
Verwirrt drehte ich mich um und sah die Treppe nach oben. Was war denn jetzt auf einmal mit ihm los? Eilig kam Marius die Treppe herunter und blieb vor mir stehen, während er mich besorgt ansah: "Wir müssen reden, glaube ich."
"Ach du glaubst es? Na das ist ja toll, dass du glaubst, dass wir miteinander reden sollten.", antwortete ich sarkastisch und verschränkte die Arme vor der Brust.
Mit einem etwas genervten Blick zur Seite, fuhr Marius fort: "Können wir bitte aufhören zu streiten? Vor allem über solchen Mist?"
"Den Mist den du angefangen hast?", hakte ich mit einer hochgezogenen Augenbraue nach. Sofort verhärtete sich seine Miene: "Jetzt tu nicht so, als ob du daran keine Schuld hast! Wenn du einfach mal einen Gang zurück schalten würdest, müsste ich mir nicht so viele Sorgen machen!"
"Ich will aber keinen Gang zurück schalten! Ich brauche keinen Gang zurück schalten!", fauchte ich, "Und der Einzige, der seit Tagen frei dreht, bist du! Wenn du dich einfach mal zusammenreißen würdest, müsste ich nicht jeden Tag deine schlechte Laune aushalten!"
"Ach, ich bin also Schuld? Ich ganz allein?", erwiderte Marius böse und machte einen bedrohlichen Schritt auf mich zu, "Weil ich mir Sorgen um meine Freundin mache?"
"Vielleicht solltest du deine Freundin einfach mal unterstützen, anstatt sie die ganze Zeit fertig zu machen.", keifte ich und funkelte ihn finster an. "Wie bitte? Denkst du ernsthaft, ich unterstütze dich nicht? Bist du jetzt vollkommen übergeschnappt?!", fragte Marius ungläubig, immer lauter werdend, "Ich bin der Letzte, der aufhört dich zu unterstützen! Ich tue was ich kann, damit es dir gut geht! Und das Einzige, was ich von dir verlange, ist dass du auf dich aufpassen sollst! Weil ich dich liebe! Und als Dank wird mir vorgeworfen, ich sei ein schlechter Freund?"
Seine Stimme war mittlerweile zu einem lauten Schreien gewachsen und ich zuckte bei jeder betonten Silbe zusammen.
Verdammt, er hatte ja Recht.
Und das Gespräch hier lief gerade fürchterlich schief.
Aber jetzt konnte ich auch nicht mehr nachgeben.
"Hast du dich eigentlich mal selbst in den letzten Tagen erlebt?", wurde ich nun auch lauter, "Dein kindisches Eingeschnapptsein? Kommst du dir da nicht selbst ein wenig blöd vor?"
"Ich bin also kindisch?", fuhr er mich sofort an und sah bedrohlich auf mich herab. Seine Stimme war immer noch in Lautstärke eines Schreis, weswegen auch ich meine Stimme nicht dämpfte.
"Ja!", antwortete ich trotzig, "Ich mache nur meinen Job und helfe einer Freundin!"

"Du machst viel zu viel für deinen Job!"

"Es ist doch mein Leben!"

"DAS LEBEN, DAS ICH MIT DIR TEILE!"

"EY!", mischte sich plötzlich eine neue Stimme mit ein und erschrocken sahen wir die Treppe hinauf. Ju stand mit entsetzter Miene an der ersten Stufe und starrte uns an. "Habt ihr sie noch alle? Ihr unterhaltet ganz Aachen!", erklärte er und sah zwischen uns hin und her.
"Sorry.", murmelte ich nur mit einem finsteren Blick zu Marius, "Wir sind hier sowieso fertig."
"Ja, das denke ich auch.", erwiderte dieser in einem kühlen Ton und straffte die Schultern.
"Fein!", erwiderte ich energisch und drehte mich zu Ju, "Bis morgen."
Damit drehte ich mich um und stolzierte zur Tür.
Schwungvoll öffnete ich sie und trat nach draußen, bevor ich sie mit einem lauten Knall wieder zufallen ließ.
Toll.
Ich hatte gerade offiziell den Verstand verloren.

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