↠Kapitel 5↞

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I'm standing in the ashes, of who I'm used to be
Halsey

Knappe zwanzig Minuten später fühlte ich mich wie eine lebendige Wassertonne, die mit schweren Gliedern irgendwie versuchte, den Schlüssel in das Schloss der Haustüre zu stecken.

Erleichtert atmete ich aus, als es mir endlich gelang und stieß entnervt die Tür in mein trautes Heim auf. Als sie hinter mir wieder zufiel, scheute ich keine Sekunde, mich meines klitschnassen Shirts zu entledigen und mich irgendwie aus der kletschigen Jeans zu pellen. Erschöpft ließ ich mich an der Haustür heruntersinken.

„Na Schatz, wie war die Schule?", fragte meine Mutter fröhlich, als würde ich nicht am Boden zerstört und halbnackt vor der Haustür sitzen.

Trotzdem warf sie mir einen kritischen Blick zu. „Sag mal wurdest du vergewaltigt oder ist das jetzt neuste Mode, wie 'ne Prostituierte vor der Tür rumzulungern?", fragte sie dann verwirrt und ich starrte sie fassungslos an. Dann griff ich nach einem meiner Schuhe und warf sie lachend damit ab.

„Mom! Verdammt nochmal es regnet draußen, als würde die Welt untergehen und die Dame erlaubt es mir nichtmal, einen Führerschein zu machen. Drei mal darfst du raten, wer im strömenden Regen nach Hause laufen durfte", schimpfte ich und verdrehte die Augen. Dass meine Mutter es mir nicht erlaubte das Autofahren zu erlernen, stand schon seit fast einem Jahr zwischen uns.

Sofort wurde der Blick meiner Mutter ernst und sie stämmte die Hände an die Hüfte.
„Mindestens die Hälfte der Kinder in deinem Alter! Führerschein kommt nicht in Frage, das ist mordsgefährlich! Weißt du, wie viele Unfälle da täglich passieren? Und jetzt zieh' dir was vernünftiges an, die Cornelsens kommen gleich zu Besuch", rief sie dann und wuchtelte wild gestikulierend mit einem Geschirrtuch in der Luft herum.

Abwehrend hob ich die Arme und erhob mich vom Boden.
„Wenigstens einmal was Gutes", kommentierte ich die Ankündigung meiner Mutter, dass die Cornelsens zu Besuch kamen. Die dreiköpfige Familie bestand aus einem Ehepaar mittleren Alters und ihrer siebzehnjährigen Tochter Tara, die zu einer meiner besten Freunden gehörte.

Tara war in Gegenwart Fremder ein unglaublich schüchternes Mädchen, was in absolut jeder Lebenslage nervös schien, außer wenn die richtige Menge Alkohol durch ihre Adern pumpte, dann wurde sie zu einem neuen Menschen.
Mir kam es dann immer so vor, als würde nach ein paar Schlucken ein Phoenix aus der Asche hervorsteigen, auch wenn es vielleicht etwas übertrieben war. Trotzdem gefiel mir die Vorstellung, denn aus dem Mauerblümchen wurde dann eine offene Partyqueen, mit der man über alles sprechen konnte, was Tara im Nachhinein schon oft zum Verhängnis wurde.

Erschöpft stapfte ich die Mamortreppe nach oben zu meiner Etage. Kaum war ich in meinem Zimmer, ließ ich mich ausgelaugt auf mein großes Bett fallen. Wäre Dylan jetzt nur hier, hätte ich wenigstens wen zum kuscheln. Leise seufzte ich in mein Kissen hinein.

Ich konnte nicht glauben, dass meine Erschöpfung lediglich an dem Gang durch den Regen lag. Irgendwie mischte sich in das Ganze auch noch die Tatsache mit, dass ich auf einer Verrücktenschule war und gerade auf der Straße einen öffentlichen Drogendeal mitbekommen hatte. Das Schlimme an der Sache war aber, dass es keinen auch nur im Geringsten interessiert hatte. Vielleicht wäre selbst Kyla an der Gruppe Jungs vorbeigefahren, wenn sie diesen einen Jungen nicht gekannt hätte. Erschüttert darüber, dass dieser Vorfall mich überhaupt so tangierte, schüttelte ich den Kopf und erhob mich.

Mit schweren Schritten stampfte ich meinem Kleiderschrank entgegen und fischte mir einen schwarzen Blazer, eine weiße Bluse und eine einfache, schwarze Jeans heraus. Nachdem ich die Sachen übergeworfen hatte, versuchte ich noch irgendwie meine Haare in Schuss zu bekommen, doch machte Alles mit dem ganzen Kämmen nur so schlimm, dass ich hinterher sicherlich als lebendiges Vogelnest hätte durchgehen können.

Psycho's smileWo Geschichten leben. Entdecke jetzt