↠Kapitel 18↞

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Everything I touch is not dark enough.
Imagine Dragons

„Das kann nicht euer Ernst sein!", rief ich entsetzt, als ich mich wieder gefangen hatte und nach Jake das Haus betrat. Dabei versuchte ich immer, den größtmöglichen Abstand zwischen uns zu bringen, was durch seine Distanzierung zu keiner schwierigen Aufgabe wurde.

Jake drehte sich um und schaute mich teils teilnahmelos, teils überrascht an, doch mein Blick hing nur auf der Wand.

„Was, wenn hier mal die Polizei reinkommt, oder euch ein Nachbar besuchen würde, oder-", setzte ich aufgebracht an, doch er unterbrach mich, nachdem er sich wieder zur Küche gewendet hatte.

„Wieso sollte hier die Polizei herkommen? Desweiteren darfst du gerne raten, wie viele Gäste sich schon freiwillig in dieses Haus getraut haben", sprach er nur spöttisch und holte sich eine Tiefkühlpizza aus dem Backofen. Um neun Uhr morgens.

Ich stutzte. Kyla und Jake hatten wirklich so selten Besuch? Ja okay, bei Jakes merkwürdigem Auftritt allemal verständlich aber dass Kyla keine Freudinnen mitbrachte, verwundete mich.

„W-Wieso?", hauchte ich dann leise und ließ meinen Blick wieder über die hellrote Wand gleiten. Irendwer hatte mit kräuseliger, weißen Wandfarbe versucht, das Rot des Blutes zu überdecken aber hatte wohl auch kein Problem, das Rot einfach mit dem Weiß zu vermischen. Jetzt zierte die schlecht übermalte Wand mal dunkel-, mal hellrosane Stellen. An den Zimmerecken konnte man immernoch rote Blutspuren erkennen. Sofort musste ich würgen und schüttelte den Kopf.

„Sieh uns an, Mädchen. Ein kranker Typ und seine Schwester, die immer reich und verwöhnt scheint, aber in einem der schlimmsten Gegenden dieser verfickten Stadt lebt. Die kein Geld hat, um die Miete zu zahlen, da sie das Bisschen was wir haben für teure Designerklamotten und High Heels ausgibt. Die kein Geld für Essen hat, für Schulmaterialien, selbst für Benzin! Kyla bringt nur jemanden mit, damit ich normal werde, damit mich jemand ändert, damit ich mich verliebe in eine billige Hure und zum ersten Mal in meinem fucking Leben glücklich bin!", fauchte er dann abwertend, knallte die Ofentüre zu und lief rüber zur Couch, wo er wütend auf der Fernsehbedienung rumdrückte.

Ich stand da, starrte ihn an, mit weit aufgerissenem Mund. Vielleicht lag es daran, dass er noch nie so viel hintereinander gesagt hatte, dass er noch nie so viele Emotionen ausgedrückt hatte oder einfach, dass mich etwas wunderte. Er redete nur über Kyla. Als sei er gar kein Problem für diesen scheiternden Haushalt.

Jake schaute nicht wirklich fern. Er starrte auf den Bildschirm, ohne auch nur einen einzigen Satz zu verarbeiten, den der Nachrichtensprecher von sich gab.
Währenddessen stand ich nur geschockt in der Küche herum, warf einen prüfenden Blick auf seinen Hinterkopf oder holte die dampfende, verbrannte Pizza aus dem Ofen. Er musste sie vergessen haben. Generell sah er weggetreten aus, wie Samstag Nacht, wo er neben mir auf dem Sofa saß und auf einen ausgeschalteten Fernseher starrte, als sei es hochinteressant.

Irgendwann entschloss ich spontan, dass ich irgendwie helfen musste. Rumstehen und nichts tun würde weder mir, noch den beiden Geschwistern weiterhelfen. Ich musste helfen; vielleicht nicht wegen Jake, aber allein um Kylas Willen. Auch wenn ich die Beobachtung noch im Kopf hatte, die ich gestern vor dem Café erfuhr, war sie immerhin eine gute Freundin von mir.

Also rief ich meinen Vater an. Keine zehn Minuten später stand er mit zwei Bottichen weißer Wandfarbe höchster Deckkraft, Farbrollen, Kitteln und Schutzfolie unten an der Tür und rümpfe die Nase, als er das triste, heruntergekommene Haus betrachtete.

„Da hilft kein neuer Wandstrich, das Ding ist nur noch durch eine Kernsanierung zu retten. Mein väterlicher Tipp: Abreißen", sagte er nur mit verzogendem Gesicht, stellte die Utensilien vor die Tür und verabschiedete sich mit einem Kuss auf meine Stirn von mir.

Unschlüssig stand ich wieder in der Wohnung, Jake saß immernoch regungslos auf dem Sofa und hatte nicht mal meinen kurzen Ausflug in den Vorgarten bemerkt. Bereits war bestimmt schon eine Stunde vergangen und ich begann langsam mich zu fragen, wie man es eine Stunde auf einer Couch aushielt, ohne verrückt zu werden.

Er war verrückt.
Er wollte dich umbringen.
Er will dich umbringen.
Er wird dich umbringen.

„Jake?", fragte ich leise, doch er reagierte nicht. Vielleicht hatte er mich nicht gehört.
„Kann ich vielleicht- Kann ich vielleicht einen Freund von mir anrufen, der mir beim Streichen hilft?", fragte ich dann etwas lauter und räusperte mich. Wie in Zeitlupe drehte sich Jake um, sein Blick wanderte langsam von mir zu den Farbkübeln.

„Ich kann das nicht zahlen", sagte er nur schlicht und drehte sich wieder um. Schnell schüttelte ich den Kopf, auch wenn er es nicht sah.
„Die Farbe ist noch von der Renovierung unseres Cafés über, sie musste also so oder so weg", beschwichtigte ich ihn dann eilig, doch er reagierte erst nicht.

„Ich möchte nicht, dass du das machst", sprach er dann kalt und lehnte sich auf dem Sofa nach hinten. Konnte er sich denn nicht einmal helfen lassen?

„Was?", hakte ich dann nach und setzte noch ein bestürztes „Warum?", hinterher.

„Ich schulde Menschen nicht gerne etwas. Erst recht keine Gefallen", knurrte er dann knipte den Fernseher aus und stand auf.

„Du schuldest mir gar nichts, Jake. Ich will nur das Haus auf Vordermann bringen, für Kyla", sagte ich dann standhaft und er verengte die Augen, während er sie Arme verschränkte. Dann zeigte er erst auf mich und dann auf sich selber, bevor er zu einem weißen Malerkittel griff.

„Wenn ich mitmach' ist es nur ein halber Gefallen", murrte er dann, bevor er die Farbe öffnete.

„Du- Du kannst doch nicht gleich anfangen", meinte ich dann entsetzt und entriss ihm den Farbeimer. „Natürlich kann ich", zischte er dann und wollte sich die Farbe zurücknehmen, doch ich schüttelte stur den Kopf.

„Kannst du nicht! Denn dann geschieht genau das da", sagte ich eine Spur schärfer und zeigte mit dem Finger auf die hellen Farbkleckse, die vor der Wand wahllos den Boden zierten. Er brummte unbefriedigt, beließ es aber dabei.

„Sicherheitsvorkehrungen", sprach ich nur und holte die Folienrolle und Kreppband aus der großen Tasche, die mein Vater mir aus der Konditorei mitgebracht hatte.

Jake stöhnte genervt auf, entriss mir aber grob die Folie, um mit anzupacken. „Ich hasse, hasse, hasse alles, was auch nur ansatzweise mit Vorkehrungen zu tun hat", murmelte er surrend in sich hinein, wonach er sich dann widerwillig auf den Boden kniete und ihn anfing abzukleben.

xxx
Ich bin am Ende meiner Kapitelsammlung angekommen, die ich vor der Veröffentlichung dieses Buches vorgeschrieben habe. Deswegen kamen in den letzten Kapiteln auch wenig/gar keine Autors notes. Jetzt werde ich nicht mehr jeden Tag ein Kapitel hochladen können, aber ich bemühe mich natürlich trotzdem (:

Die Story existiert nun seit gut 2 Wochen und ich freue mich megaaa über fast 1K ❤️❤️❤️ Danke (: Feedback ist immer toll 🤗

Danke an Imortalite für das unglaubliche Cover (: ❤️

Psycho's smileWo Geschichten leben. Entdecke jetzt