ABCDEFUCKOFF
✞Kaum war es eins, zwei Tage trocken, da knallte ein paar Stunden später schon der Regen in Massen auf die Windschutzscheibe. Zwiegespalten, ob ich nicht doch lieber aus Erics Wagen flüchten sollte und nach Europa abhauen sollte, schaute ich aus dem Fenster. Hinter dem Vorhang aus Regentropfen und dichten Nebelschwaden, sah das Viertel aus wie eine zerstörte Himmelsstadt. Auf Wolken schwebend und doch nichts Himmlisches an sich tragend.
Ich gähnte herzhaft, dieser Schulwechsel raubte mir noch den letzten Atem, dabei war er gerade mal drei Wochen her. Heute kam es mir wie eine Ewigkeit vor, bis wir an der Schuke ankamen und ich mit steifen Beinen ausstieg. Ich wollte mich einfach nur in meinem weichen Bettchen verkriechen und nie, nie wieder aufstehen.
Als ich Erics Auto verlassen hatte, schloss ich kurz beruhigend die Augen und versuchte scheiternd, mir selber Mut zuzusprechen.
Es war Montag. Montags war Jake nie da, das wusste ich. Jeder wusste das. Es war schließlich Jake, die unantastbare Spitze der Psychopathen und tagtäglich Schulgespräch. Da wusste jeder, dass der letzte Tisch in der Kantine montags immer frei blieb. Trotzdem nahm dort keiner Platz, auch wenn Jake sowieso nicht auftauchen würde. Hach, in Anbetracht dessen, auf welche kranke Schule ich hier geschickt wurde, sollte mich gar nichts mehr wundern.
Dann schluckte ich. Würde Kyla da sein? Denn um ehrlich zu sein hatte ich kein bisschen Lust sie zu treffen, nachdem ich sie gestern mit diesen Bitches freudenstrahlend lachen gesehen habe. Was sollte ich auch sagen? Hey Kyla! Klar, dein ganzes Haus war voller Blut, du hast mich zugeheult und mich total unter Schock gesetzt aber schon okay, lach nur weiter mit diesen Fake-Freunden und lass dir sagen, wie schön dein Lidschatten doch ist und wie toll deine Designertasche, die du dir normalerweise gar nicht leisten könntest, zu der fucking Sohle deiner scheiß High-Heels passen- Arg!
Wütend schüttelte ich den Kopf. Jemand sollte dieses Mädchen mal verstehen!
„Kommst du, Eliza?", rief Eric mir von der Fahrerseite entgegen, die Hände in den Seitentaschen seiner Jeansjacke versteckt. Schnell nickte ich.Zusammen mit Eric lief ich zum Schulgebäude, wo mir sogleich die dunkelblauen Uniformen einiger Polizeibeamten auffielen. Eric neben mir verdrehte die Augen und machte sich auf dem Weg zu seinem Spind.
„Sie kümmern sich um den Fall McRone, glaub ich", flüsterte mir plötzlich eine sanfte Stimme von der Seite zu und überrascht drehte ich meinen Kopf zu Perry, die neben mir aufgetaucht war.„McRone?", hakte ich nach, da ich weder von einem solchen Fall, noch diesem Namen gehört hatte. Perry nickte eifrig, schulterte ihren Rucksack und schob sich die blauen Haare aus dem Gesicht.
„Peter McRone ist der Typ, der vor fast exakt drei Wochen auf dem Schulhof zusammengeschlagen wurde. Von irgendeinem Jackson. Laut dem Schulleiter hat er eine mittelschwere Gehirnprellung, einen offenen Bruch, zahlreiche Platzwunden und eine verstauchte Rippe. War wohl ziemlich wütend, dieser Jackson", sagte sie eifrig, biss ich auf die Lippe und betrachtete die Polizisten neugierig, die lustlos eine Lehrerin verhörten.
Die Ticks war wahrscheinlich eines deren Hauptziele, wenn es um Verbrechen in Wenchister gab. Ich hätte auch keine Lust, dauerhaft Schülertaten aufzudecken. Trotzdem erkannte ich meine beste Freundin kaum wieder. Ihr begieriger Blick und die ganzen Informationen, die sie irendwo ausgegraben hat- Seit wann interessierte sich Perry Mayson für Klatschthemen?
Sie schien meinen fassungslosen Blick zu bemerken und grinste mich laziv an. „Dieser Peter ist für mindestens einen Monat verhindert. Weißt du, was das heißt?", fragte sie aufgeregt, redete aber sofort weiter, bevor ich auch nur antworten konnte. Was interessierte mich dieser Peter? Ich mein, klar, das was ihm zugestoßen ist, war rohe Gewalt und unangebracht, aber in Zusammenhang mit mir und Perry stand das wohl wirklich nicht mehr.
Auch Eric sah sie nun mit hochgezogenen Augenbrauen an. In seinem Kopf musste wohl genau das Selbe vorgehen, wie in meinem.
„Er war Chefredakteur für die Columb'week, die Schülerzeitschrift. Jetzt ist sein Platz frei und du wirst dich an seiner Stelle bewerben!", kreischte sie aufgeregt und einige Schüler schauten sich genervt zu ihr um, ehe die teilnahmelos weiterliefen. Irritiert schüttelte ich den Kopf.
„Schülerzeitschrift? An dieser Schule? Das glaubst du doch selber nicht. Außerdem ließt die hier doch eh keiner, ich mein, können die hier überhaupt lesen?", fragte ich rethorisch und jetzt sprang auch Eric ein.
„Elizabeth, das ist doch voll geil! Du warst bei uns immer einsame Spitze was die Schülerzeitung angeht. Außerdem weißt du echt gar nichts- Die Zeitung wird hier sogar doppelt so oft aufgelegt wie an unserer alten Schule. Die Schüler lieben die Columb'Week.", sagte auch er begeistert und ich stöhnte nur auf.
„Ja klar, als ob so'ne Schülerzeitung hier irgendeinen Zulauf erhalten würde. Ganz sicher nicht! Ich geh jetzt in den Unterricht, werdet doch selber so ein kack Chefredakteur der Ticks", fauchte ich und lief an den Beamten vorbei zu der Treppe. Eric und Perry folgten mir nicht, gut so. Wussten sie denn gar nicht, wie viel Mist sie redeten?
Auf meinem Stundenplan stand jetzt Physik. Physik, alleine. Mit keiner einzigen Person die ich kannte, geschweige denn mochte. Wenigstens würden meine Freunde mich dort nicht mehr mit diesem Zeitungskram nerven können.
Als ich in den geräumigen Physikfachraum trat, lief ich schnurstracks auf die letzte Sitzreihe zu, knallte meine Tasche auf den Tisch und ließ mich entnervt auf den viel zu niedrigen Stuhl fallen. Also stand ich wieder auf, um ihn hochzuschrauben.
„Stressiger Morgen?", fragte eine neckende Stimme. Blinzelnd sah ich zu einem Jungen aus der Reihe vor mir, der sich mit einem Grinsen zu mir umgedreht hatte. Seine Haare waren in einem rotgold und leicht wellig, während zwischen seinen Haarsträhnen seine braunen Augen hervorlugten.
„Und wie stressig, du glaubst es mir gar nicht", seufzte ich nur, als ich den Stuhl hochschraubte. Dann setzte ich mich wieder drauf und packte meine Physiksachen aus, bis mir auffiel, dass mir mein Buch fehlte. Stutzig hielt ich inne und starrte auf meine Tasche. Ich war mir sicher, dass ich es heute Morgen eingepackt hatte!
„Ähm-", setzte ich dann an und schaute auf den Rücken des Jungens. Als er sich nicht zu mir umdrehte, lehnte ich mich über den Tisch und tippte ihn an der Schulter an. Überrascht wendete er sich wieder mir zu und runzelte auffordernd die Stirn.
„Ähm also, hast du vielleicht noch ein Physikbuch für mich?", fragte ich dann und könnte mir sofort wieder gegen die Stirn schlagen. Natürlich hatte er keines, er saß verdammt nochmal alleine an einem Tisch und jeder Schüler hatte selbstverständlich nur ein Buch.
Er lachte, als sei ihm diese Erkenntnis auch in den Sinn gekommen und stand dann auf. Er schnappte sich seine Lederjacke von der Stuhllehne, griff nach seinem dunklen Rucksack und setzte sich einfach neben mich. Dann legte er sein Physikbuch in die Mitte unseres Tisches und grinste mich kurz an.
„Und äh- was ist mit deiner Sitznachbarin?", fragte ich dann, weil mir einfach nichts anderes einfiel. Eigentlich war ich sonst immer alleine in diesem Kurs und neben ihm beanspruchte sonst immer ein dunkelhäutiges Mädchen mut einem süßen Bob den Platz.
„Mach dir mal um Claire keine Sorgen. Die ist seit zwei Tagen in U-Haft, wegen Diebstahl, glaub ich", meinte er dann nur schulterzuckend. Ruhig atmete ich aus. Konnte nicht ein Tag in dieser Schule mal normal ablaufen?
Natürlich konnte es das nicht, denn der eigentliche Schrecken folgte erst, als etwa zwanzig Minuten später die Tür aufgerissen wurde. Der Physiklehrer drehte sich überrascht von der Tafel um und ließ vor Schreck die Kreide fallen.
Auch ich hörte prompt auf mit Stan, wie der Typ neben mir hieß, zu quatschen und wendete mich der Tür zu.
Und da war Jake, in dunkelrotem Pulli und mit dem finstersten Blick, den ich je bei ihm gesehen hatte. Allein dabei hatte er sich schon selbst übertroffen.
Das Schlimme war aber, dass er genau auf mich zu kam.
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Psycho's smile
Mystery / ThrillerUmgeben von Drogenabhängigen, Soziopathen und gescheiterten Existenzen. Als Elizabeth zwangsläufig die Schule wechseln musste, war ihr bewusst, wofür die Ticks, ihre neue Schule, bekannt war. Was sie aber nicht wusste, ist was hinter all den gehässi...