91.Kapitel

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91.Kapitel

„Mama?!" Nebelmond zitterte am ganzen Körper und sah ihre Mutter ängstlich an. „Mama, wach auf, bitte!" Die Kätzin vergrub ihre Nase verzweifelt im Fell ihrer Mutter, während Haselschweif und Ginsterschweif sich mit einer Schwanzlänge Abstand ans Nest gesetzt hatten.

Laubfell war die erste, die leise und zögerlich das Schweigen brach: „Sie hat alle ihre restlichen Leben verloren, ich habe es gespürt." Haselschweif sah sie ungläubig an und machte langsam einen Schritt vorwärts, um Silberstern vorsichtig zu beschnuppern. „Aber... Sie war doch völlig gesund!"
Laubfell legte verunsichert die Ohren an und machte einen Schritt zurück. „Ich konnte nicht mehr machen! Sie muss schlimme Schmerzeng ehabt haben... Mit jedem Mal als sie zu sich kam, wurde sie schwächer..." Leise fügte sie hinzu: „Hätte ich ihr mehr Kräuter gegeben, wäre sie daran erstickt..."

Ginsterschweif nickte Laubfell zu und legte sich langsam neben seine Schwester, die noch immer zitterte. Leise murmelte er: „Sie ist jetzt beim SternenClan und hat keine Schmerzen mehr..." Nebelmond reagierte nicht, also wandte er sich wieder an Laubfell. „Wer wird den Clan  dennjetzt führen? Wir haben keinen Zweiten Anführer mehr. Hat dir der SternenClan eine Botschaft geschickt?" Laubfell schüttelte den Kopf und sah betrübt zu Silberstern. „Nein, überhaupt nichts. Vielleicht muss ich zur Mondhöhle gehen, um eine Antwort zu bekommen."  „Dann mach dich am besten auf den Weg, der Clan braucht einen Anführer." Laubfell schein von diesem Vorschlag nicht begeistert zu sein und warf einen Blick zu Nebelmond. „Jetzt? Was ist mit der Totenwache?"

Da hob Nebelmond den Kopf und sah der Heilerin grimmig entgegen. „Die Totenwache beginnt erst in der Nacht. Ich bleibe bei ihr." Laubfell senkte schliesslich den Kopf, peitschte aber unruhig mit dem Schweif. „Gut, wie ihr meint. Aber gebt nicht mir die Schuld, wenn der Clan zwischenzeitlich in Panik ausbricht!" Dann ging sie ohne weitere Worte aus dem Bau.

Kaum war Laubfell weg, legten sich die beiden Kater zu Silberstern. Keiner sagte etwas, beide versanken völlig in Gedanken. Silberstern war tot. Im SternenClan.

„Haselschweif?" Nebelmond stupste ihren Bruder an. „Wir sollten vielleicht Donnerteich holen, damit sie sich... verabschieden kann. Kannst du das machen? Ich will bei Silberstern bleiben."

Haselschweif nickte zustimmend und lief langsam zum Ältestenbau, vor dem die Kätzin sass und Haselschweif mit ihren Grünen Augen neugierig entgegensah. „Hallo Haselschweif. Was führt dich zu mir?" Er nickte ihr zur Begrüssung zu und überlegte, wie er der Grau Braunen Kätzin am schonendsten beibringen sollte, dass Silberstern tot war. „Du solltest mit mir in den Heilberbau kommen..."

Donnerteich legte den Kopf schief. „Und warum?" „Ehm... Es geht um Silberstern."
Die entspannte Haltung der Kätzin wich augenblicklich einem gesträubten Nackenfell und angelegten Ohren. „Sag das doch gleich!" Sie rappelte sich auf und hinkte in Richtung Heilerbau. Haselschweif folgte ihr langsam, um sie nicht zu bedrängen. Die Kätzin tat ihm leid. Eigentlich war Donnerteich noch nicht besonders alt, aber seit einem Dachsangriff, nachdem die Clankatzen sie schwer verwundet aufgefunden hatte, bereitete ihr ein Hinterbein Schwierigkeiten beim gehen.
Donnerteich erstarrte einen Herzschlag lang, als sie den Heilerbau betrat. Die anderen beiden Jungen von Silberstern kauerten mit gesenkten Blicken neben einem der Nester.

Als sich ihre Augen an das dämmrige Licht gewöhnt hatten, bestätigten sich ihre schlimmsten Erwartungen.  „Nein!" Sie kauerte sich mit einem erschrockenen Ausruf zu ihrer Freundin ans Nest und begann nach einer Weile, ihr abstehendes Fell zu glätten.

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit kehrte Laubfell ausser Atem zurück. Nebelmond sprang augenblicklich zu der Heilerin und sah sie erwartungsvoll an, ihr Schweif peitschte hin und her. „Was hat der SternenClan gesagt? Wer wird Anführer?" Die braune Kätzin setzte zu einer Antwort an, aber Nebelmond kam ihr zuvor: „Hast du Silberstern gesehen?"
Da meldete sich Haselschweif zu Wort: „Nebelmond! Bestürme Laubfell doch nicht so und lass sie ausreden!"
Nebelmond warf ihrem Bruder einen düsteren Blick zu, sah dann aber wieder zur Heilerin, die sich setzte und langsam zu erzählen begann:
„Der SternenClan war schweigsam. Sie haben nur gesagt, die Hiearchie sei gewichtiger als Blut, darauf bin ich wieder aufgewacht..."
„Und was bedeutet das?" Laubfell zögerte kurz, bevor sie sagte: „Es bedeutet, dass wir unseren Anführer nach der Hiearchie, also nach Erfahrung wählen müssen. Unsere erfahrensten Krieger sind Brombeerkralle und Blumenschweif, gefolgt von Birkenpelz. Mit anderen Worten: Brombeerkralle ist unser neuer Anführer." Haselschweif scharrte nervös am Boden. „Es ist nicht, dass ich Brombeerkralle nicht vertrauen würde, aber ich kann mir den Clan ohne Ma... Silberstern als Anführerin einfach nicht vorstellen..."

Laubfell sah den jungen Krieger mitleidig an, räusperte sich dann aber um sich nicht von ihrer Trauer überwältigen zu lassen. „Dann werde ich es dem Clan verkünden, wir sollten schliesslich bald mit der Nachtwache beginnen." Haselschweif nickte bestätigend, Splitterschweif erhob sich langsam vom Nest seiner Mutter und stellte sich neben Laubfell. „Dann bringen wir es hinter uns..." Auch Nebelmond warf noch einmal einen traurigen Blick zu Silberstern, bevor sie den anderen drei Katzen langsam aus dem Heilerbau folgte.
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Donnerteich war bei Silberstern geblieben und hatte die Nase in ihrem Fell vergraben. //Warum tut ihr der SternenClan das an? Sie hat schon so viel erlitten, war das nicht genug?//

Plötzlich schreckte Donnerteich zurück und sah mit klopfendem Herzen zu Slberstern. //Werde ich jetzt verrückt? Ich muss mir das eingebildet haben... // Vorsichtig setzte sich die Kätzin wieder näher an das Nest und starrte auf Silbersterns Flanke, die sich kaum bemerkbar bewegte. //Beim SternenClan! // Sie wartete noch einige Herzschläge ab, um sicherzugehen, dass sie sich das nicht nur eingebildet hatte, doch die Flanke der silbergrauen Kätzin hob und senkte sich tatsächlich!
Donnerteich humpelte, so schnell es ihre Verletzung erlaubte, aus dem Bau. „Laubfell! Laubfell!"

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Eine vertraute Stimme zog meine Aufmerksamkeit auf sich, dann sah ich sie. Polarmond, die letzte Heilerin des EisClans. Sie neigte den Kopf vor mir und sah mich mit dem gleichen traurigen Blick an wie damals, als Rabenstern gestorben war. „Ich wünschte, wir würden uns zu freudigeren Anlässen wiedersehen, Silberstern. Du hast immer für deinen Clan gekämpft und so vieles erreicht." Ich schwieg beschämt. //Damals habe ich meinen Clan und meine Jungen im Stich gelassen, wie kann sie das nur sagen? // Die hübsche weisse Kätzin legte mir ihre Schnauze auf den Kopf und sprach mit lauter Stimme: „Silberstern, du hast den FlockenClan stets nach bestem Wissen und Gewissen geführt. Nun soll dein Weg sich ändern, Federschweif." Ich zuckte erschrocken zusammen. //Mein alter Name!//
Polarmond fixierte mich mit ihren blauen Augen und sprach bestimmt weiter: „Deine Nachfolger werden Nebelmond und Birkenpelz sein, schenk ihnen Rat wenn sie sich auf ihren eigenen nicht verlassen können oder wollen."
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Mein mein ganzer Körper schmerzte. Ich fühlte mich unglaublich schwach. Jeder Atemzug schmerzte. Ich öffnete langsam die Augen und sah zu Nebelmond, die es kaum wagte zu Atmen. Ganz leise sagte sie: „Silberstern, du bist zurück!" Ich war noch ziemlich benommen und krächzte: „Federschweif, nicht Silberstern..."

Silbersterns SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt