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Leonard P.O.V

Meine Hand griff völlig instinktiv nach Daniels Arm, als er an mir vorbei ging. Ich presste ihn an seinen Schultern gegen die Wand.

"Verzeih mir das hier." flüsterte ich und umarmte den Jüngeren. Meine Handlung war nicht überlegt, ich umarmte Daniel, obwohl er mir eigentlich eine reinhauen sollte. "Es tut mir leid."

Daniel bewegte sich nicht. Er blieb ohne ein Wort zu sagen stehen. Alles was ich spürte war, wie sein Körper langsam zu zittern begann.

"Es tut mir schrecklich leid." Seine Hände legten sich an meine Schultern, ohne wirkliche Kraftanstrengung drückte er mich von sich. Seine Kappe fiel zu Boden.

Dadurch sah ich es. Die Tränen in Daniels Augen, die lilanen Ringe direkt darunter, die von diversen schlaflosen Nächten zeugten. Und ich war daran Schuld.

"Dir war es drei Jahre lang scheiß egal und jetzt plötzlich, sobald du mich siehst bereust du es? Bullshit!" zischte Daniel, fuhr sich mit der Handrücken über die Augen. "Ich hab es immer bereut." "Warum hast du dich dann nie gemeldet?"

Weil ich ein Feigling war. Weil ich naiv, dumm gewesen war. Weil der Anblick, Daniel damals in den Handschellen zu sehen, wie er in ein Polizeiauto einstieg mir die Angst durch sämtliche Knochen gezogen hatte.

"Leonard!" Bevor ich den Mund überhaupt aufmachen konnte musste selbstverständlich Andrea jetzt auftauchen.

"Alles in Ordnung? Du bist plötzlich verschwunden." meinte sie. Daniel hob seine Kappe vom Boden auf. "Deine Freundin hat sich Sorgen um dich gemacht, ich lass euch zwei alleine." murmelte er, sah mich nicht einmal an, als er an uns beiden vorbei wieder nach drinnen ging.

"War das der Sänger von vorhin? Was wolltest du von ihm?" fragte Andrea, schien offensichtlich nicht in der Lage, die allgemeine Stimmung zu erfassen.

"Ich muss weg." meinte ich, wollte Daniel eigentlich hinterher, doch als ich noch nicht einmal ganz in der Tür stand rammte sich eine Schulter gegen meine Brust.

Ich stolperte wegen des Schmerzes und meiner Überraschung mit einem leisen Schrei, bevor ich zu Boden fiel.

Luke kniete sofort über mir, die Hand zu einer Faust geballt. Er sah mich an, den Kiefer angespannt, die Zähne bleckend und die Augen vor Wut zusammen gekniffen.

"Du Scheißkerl!" Noch immer hielt er seine Faust in die Luft gehoben, bereit mir eine reinzuschlagen, mit der anderen hatte er mich am Kragen gepackt. "Erklär mir, wieso Dani gerade heulend an mir vorbei gerannt ist oder du brauchst dir gar keine Gedanken mehr zu machen, wie du nach Hause kommst!"

Ich sah die Sorge in seinen Augen. Die Sorge, um seinen besten Freund. "Ich hatte mich entschuldigt." murmelte ich. Luke schlug mir gegen die Schulter.

"Verstehst du es nicht verdammt? Deine Entschuldigung macht die letzten Jahre auch nicht rückgängig! Du hast dich um Dani gekümmert, hast dafür gesorgt, dass er sich an dich ran lässt und dann bist du einfach weg geangen!"

Andrea sah uns beide bloß erschrocken an.

Ich riss Luke an seiner Kleidung weiter zu mir runter. "Denkst du, das weiß ich nicht?" rief ich. "Denkst du, ich habe nicht begriffen, dass ich die wohl dümmste Entscheidung aller Zeiten getroffen habe, als ich ihn von mir weg stieß?"

Luke schlug meine Hände weg und richtete sich auf. "Du kannst das nicht machen man. Du kannst nicht scheiße bauen und dich danach schlecht fühlen, als würde es das besser machen. Du warst Mal mehr als das. Du warst Mal einer der wenigen Lehrer, vor denen ich Respekt hatte."

Erst jetzt sah ich es. In seinem Blick, da lag nicht nur Wut gegen mich, nein er war vor allem enttäuscht.

"Jetzt gerade bist du eine scheiß Stufe von Davis entfernt und ich will nicht sehen, wie du auf sein Niveau absinkst. Du musst besser sein als das!"

Seine Worte waren ein Bitten, ein Flehen förmlich.

"Ich weiß nicht, wie ich das sein soll." gab ich zu. Luke hielt mir seine Hand hin.

"Scheiße, ich kann nicht glauben, dass ich das mache." murmelte er und holte sein Handy aus der Tasche.

Ich währenddessen wand mich an Andrea, die immer noch keinen Ton gesagt hatte. "Lass uns bitte allein und sag Julian nichts davon. Er soll seine Feier genießen."

Wie eine Marionette nickte sie und ging rein.

"Wird die Frau Probleme machen?" fragte Luke und hielt sich sein Handy ans Ohr. "Nein, mach dir um sie keine Sorgen." antwortete ich bloß.

Er wartete kurz, bis jemand seinen Anruf entgegen nahm. "Ich weiß es ist spät, entschuldige, aber es ist wichtig. Können wir unser Treffen schon auf morgen verschieben und kann ich jemanden mitbringen? Er könnte dich gerade ziemlich gut gebrauchen."

Ich stand wortlos daneben, während Luke telefonierte.

"Morgen um vier bist du wieder im Café. Dani hat morgen keine Schicht. Wenn du keine Zeit hast machst du sie dir."

"Hast du einen Therapeuten gerufen?" fragte ich. "Eine Therapeutin. Eine, die sich noch ziemlich gut an dich erinnern sollte, immerhin hast du sie bis zum Abi unterrichtet."

Vergessene Liebe | ManXManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt