Jan P.O.V
Ich war zur Polizeiwache gefahren, nachdem Markus mir versichert hatte, dass er die Situation im Krankenhaus unter Kontrolle hat. "Frau Aston, sie muss vor ungefähr zehn Minuten hier angekommen sein." erklärte ich dem Polizisten am Eingangsbereich. Er sah mir wahrscheinlich an, dass ich ehrlich keinen Bock auf Diskussionen hatte und sagte mir, in welchem Raum sie war.
Dass ich Davis direkt vor ihr sitzen sehen würde war mir eigentlich schon seit der Fahrt klar, trotzdem war es was ganz anderes, ihn wirklich zu sehen. Davis lachte, als er mich erkannte. "Scheiße, dann ist dieser Lehrer also wirklich Danis neues Spielzeug." lachte dieser Bastard. "Pardon?" Carla sah erst streng zu Davis, sänftigte ihren Blick aber, als sie zu mir sah. "Weiß nicht, wovon er redet."
Ruhig bleiben war die geringste Herausforderung. In den Jahren hat sich der Hass gegen den Mann, der meinen Bruder verletzt hatte, zu nichts als Gleichgültigkeit entwickelt. Das aber auch nur, weil Daniel genau das von mir wollte. Er brauchte eine Stütze.
"Okay, wie ich bereits gesagt habe, dein Antrag ist nach dem heutigen Ereignis nichts mehr wert Davis. Du hast bewiesen, dass deine Behandlung nicht vollendet ist und deine Aggressionen nicht an Intensivität verloren haben. Ich gebe dir die Chance, deinen Antrag zurück zu ziehen, ohne dass du dich vor Gericht blamieren musst." Carla war wirklich zu bewundern. Souverän faltete sie die Arme ineinander.
"Kein Problem." Nach den Worten verlieren Carla und ich beide unser Pokerface für eine Sekunde. "Was?" fragte ich, versteckte meine Überraschung nicht einmal. "Soll ich etwa weiter machen?" grinste Davis. "Ich wusste, dass der Antrag nicht durchgeht. Nachdem ich gehört habe, dass Dani die Schule gewechselt hat war ich eben einfach ein bisschen sauer. Er verschwindet aus purer Verwöhntheit, während er mich um jegliche Chancen auf einen Schullabschluss gebracht hat." erklärte er.
"Ich fand es gut, Dani-Boy noch einmal daran zu erinnern, dass ich ihn nicht vergessen habe." grinste Davis. Mich verwirrte selbst, wie ruhig ich war. Aber, ich hatte eine Absicherung. "Dann wird es dich sicher nicht gefreut haben zu hören, dass Daniel dich längst vergessen hat." meinte ich und verschränkte schmunzelnd die Arme vor der Brust.
"Daniel liebt jemanden Davis und dieser jemand bist nicht du. Zerreißt dich das nicht innerlich? Als er sich endlich von deinen Fesseln befreien konnte hat er jemanden gefunden, der ihn liebt." Sein dämliches Grinsen verschwand und genau das gab mir die Genugtuung, für die ich hergekommen war. Carla verabschiedete sich, nachdem sie Davis noch einmal eingebläut hatte, seinen Antrag zurück zu ziehen.
Ich folgte Carla wortlos aus dem Raum. "Bist du sauer?" fragte ich, als die Anwältin wortlos zu meinem Wagen lief. Am Auto hielt sie beide Hände in die Luft und jubelte. Wirklich, richtiges Jubeln. "Wir haben es geschafft!"
Wow, so hatte sie wahrscheinlich noch nie irgendwer außer ihren Arbeitskollegen vielleicht gesehen. Ich glaube nicht einmal, dass Luke Carla je so jubeln gesehen hat.
Fast schon beeindruckt nickte ich langsam. "Das beantwortet meine Frage, glaube ich." meinte ich und konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. "Jan!" Carla drehte sich zu mir um und legte beide Hände auf meine Schultern. "Egal, was ihr getan habt, es ist okay. Ich werde nicht sauer sein, nie wieder!"
Jetzt musste ich wirklich leise lachen, so ansteckend war Carlas Freude über ihren Sieg. "Das musst du Markus und Daniel fragen, dieses mal hatte ich tatsächlich nichts mit der Plannung zu tun. Mach aber bloß keine Versprechen, wenn du glücklich bist. Wir haben noch viele dämliche Ideen auf Lager." Wir sollten uns wirklich nicht an Erflog gewöhnen, trotzdem, es war gut, dass Davis Daniel nicht in die Quere kommen konnte.
"Ah, entschuldige! Ich sollte mich nicht so sehr freuen." Carla nahm ihre Hände von meinen Schultern und fuhr sich über die Ärmel ihrer Jacke, als müsste sie die Freude wegputzen. "Ist doch okay. Wir müssen die schönen Momente, die wir wirklich haben auskosten, findest du nicht auch?" lächelte ich. Carla erwiderte mein Lächeln und nickte in Richtung Auto. "Komm, fahren wir ins Krankenhaus."
"Davor müssen wir noch jemanden abholen!" warf ich ein. "Ach ja? Wen denn?" Neugierig sah mich Carla an. "Willst du denn nicht die Familie von dem Mann kennen lernen, der unserem Daniel den Arsch gerettet hat?" Jaja, ich hatte hinterrücks Jennifer, Leonards Schwester angerufen, auch wenn Markus mir gesagt hat, dass ich es nicht tun sollen.
"Haben sich die Jungs vertragen?" Carla fragte das mit diesem mütterlichen Lächeln. "Ich glaube, sie sind auf dem besten Weg. Wir unterstützen Daniel und Leonard wo wir nur können, aber im Endeffekt ist es deren Entscheidung, ob sie wieder miteinander reden wollen." antwortete ich. "Das hoffe ich sehr für die Zwei."
Fast schon in Nostalgie verfallen drehte ich mich noch einmal zu der Polizeiwache. "Ich auch, mehr als das."
Ja, mach das Richtige Daniel. Egal, wie du dich am Ende entscheidest oder was du tust, ich wünsche mir nur, dass du hinter dem stehen kannst. Scheiße, klang ja fast schon wie ein Abschied.
DU LIEST GERADE
Vergessene Liebe | ManXMan
Teen FictionDrei Jahre vergingen in denen Daniel auf ein Zeichen von Leonard wartete. Wartete er überhaupt noch oder hatte Daniel die Hoffnung längst selbst aufgegeben? Egal was es war, eine Nachricht, ein Anruf oder sonst etwas kam nie. Bis Daniels Kumpel ihm...