Max P.O.V
Leonard blieb für eine halbe Woche im Krankenhaus und der Vorfall wurde, zu unserem Glück, vom Direktor unserer alten Schule unter den Teppich gekehrt. Gut, dass der alte Angsthase seine alten Muster behalten hat. Unser Alltag wurde fast schon wieder normal. Also, so normal wie er eben werden kann.
Daniel und Leonard waren trotzdem irgendwie noch kein Paar. Sie verstanden sich wieder und redeten miteinander, das 'Ich liebe dich' hat sich aber immer noch keiner von beiden getraut. Tja, wofür hat man aufmüpfige Freunde, die sich in alles einmischen. "Max, kannst du mich wohin fahren?" Luke griff mir von hinten in den Nacken, als ich auf dem Sofa saß und die wenige Ruhe, die ich bekam genießen wollte.
"Wohin solls?" fragte ich, nachdem er ziemlich schnell wieder losgelassen hatte. "Ich treff mich heute mit 'nem Therapeuten." antwortete er. "Klar, schreib mir die Adresse auf, ich geh meine Schuhe holen." Therapie, das war dann wohl Sina. Mutig von Luke, von uns war jeder dickköpfig genug um zu glauben, dass Therapie nichts bringt, wenn man so viel erlebt hat wie wir. "Darf ich fragen, was für eine?"
Luke verschränkte die Arme vor der Brust. "Verhaltenstherapie, Sina vermutet, dass ich sowas wie 'ne Depression hab." erklärte er. "Und du?" fragte ich. "Was denkst du darüber?" Er schnaubte spöttisch. "Sie denkt ich verstecke meine Gefühle in meinen ständig wechselnden Partnern. Sex ist kein Symptom, sondern eine Folge und die Folge braucht eine Ursache." meinte Luke. "Philosoph?" "Theologe. Hatte die letzten Tage Zeit, mir über den ganzen Scheiß Gedanken zu machen. Dani hab ich auch schon davon erzählt. Er ist dafür." erzählte er.
"Gut, dann lass uns fahren." Ich stand vom Sofa auf und ging, um Luke einen Arm um die Schultern zu legen. "Ich kann was zu Essen holen. Auf was hast du Bock?" Luke schmunzelte. "Brauch ich noch Therapie, wenn ich dich habe?" scherzte er. "Ja, weil ich nicht mit dir schlafen werde, wenn du keine Frau findest." antwortete ich grinsend. "Gut, dass ich das Problem nie haben werde."
Auf dem Weg zur Tür kamen uns Jan und Markus entgegen. "Woher kommt ihr denn jetzt?" Jan warf Luke ein Heft zu. "Wir haben gearbeitet, wie es ja sonst keiner hier macht. Das ist das Programm für die Hochzeit von diesem Arbeitskollegen von Leonard. Lies dich durch die Lieder, gib Daniel das Buch und dann sucht euch einen Song aus, den ihr vorspielen wollt. Casting ist am Freitag." erklärte Jan. "Du machst Termine aus, obwohl du nicht einmal weißt, ob ich da Zeit habe."
Luke schmollte gespielt beleidigt. "Du arbeitest am Freitag erst ab vier und hast morgens um acht eine Vorlesung, deswegen ist der Termin um zwölf." Jan lächelte genervt. "Was, wenn ich am Freitag Therapie machen will?" fragte Luke, der das Wortgefecht nicht verlieren wollte. "Dann wärst du echt beschissen in Zeit-Management. Leg die doch lieber auf Dienstag oder Donnerstag, dann, wenn du nicht arbeitest. Viel weniger Stress." mischte sich jetzt Markus ein.
"Wo ist Goldjunge?" Jan sah zu mir. "Beethoven sucht die Revolution. Er braucht Inspiration für seine Hausarbeit." grinste ich. "Auf Deutsch?" Mein Gott, wie ungebildet mein Zwillingsbruder doch war. "Max vergleicht Beethoven mit Daniel. Beethovens Musik wurde von der französischen Revolution inspiriert und Daniel lässt sich von seinen Gefühlen inspirieren. Heißt, er ist bei Leonard." erklärte Jan freundlicherweise. "Wartet an der Schule, bis Leonard Schichtende hat." bestätigte ich.
"Damit Luki sich nicht weiter vor seinen Entscheidungen drücken kann sollten wir jetzt los." Wir drückten uns an den Turteltäubchen vorbei nach draußen. "Kommt Sina eigentlich auch?" fragte ich neugierig. "Warum sollte Sina mitkommen?" erwiderte Luke. "Sie hat es dir vorgeschlagen, kann ja sein, dass sie es dir auch zeigen will." Luke zog sich meinen Ersatzhelm auf. "Viel schlimmer noch. Sina will meine Sexpartnerin sein, dafür dass ich in Therapie gehe."
Ich stoppte, als ich mir meinen eigenen Helm aufziehen wollte. So weit gehst du schon Sinchen? Du gibst dir so viel Mühe und der Blondschopf kapiert trotzdem nichts. "Hast du ja gesagt?" "Würde ich sonst in Therapie gehen?" Ich seufzte. Das hatte ich befürchtet. "Hey man, denkst du, sie will das wirklich?" murmelte ich und zog mir jetzt wirklich den Helm über.
"Sie hat es vorgeschlagen." meinte Luke bloß. "Vielleicht dachte Sina, nur so machst du wirklich die Therapie. Du hast damals über Davis gesagt, dass jemand in einer Beziehung zu Sex zu zwingen nur Vergewaltigung mit schönen Worten ist. Denk an deine eigenen Worte, bevor du irgendwas machst alter." bat ich ernst. Luke sagte gar nichts mehr.
Ich beließ es dabei. Wenn ich die ganze Zeit auf ihn einrede wird es ja auch nicht besser. "Du hast gar nicht gesagt, was für Essen du haben willst." meinte ich, so als eine Art Friedensangebot. "Egal, was es ist?" "Klar, ich werde es schon irgendwie finden, hab ja Zeit." Luke überlegte kurz. "Lass uns später was kochen, gemeinsam. Bring einfach Gemüse und Fleisch." Dann nahm er mein Friedensangebot also an.
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Vergessene Liebe | ManXMan
Teen FictionDrei Jahre vergingen in denen Daniel auf ein Zeichen von Leonard wartete. Wartete er überhaupt noch oder hatte Daniel die Hoffnung längst selbst aufgegeben? Egal was es war, eine Nachricht, ein Anruf oder sonst etwas kam nie. Bis Daniels Kumpel ihm...