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Sina P.O.V

Ich fühlte mich bald schon, als würde ich bei den Jungs einziehen. Wir spielten zu fünft Karten. Anfangs waren es bloß Jan und ich gewesen, damit ich ihn etwas aufheitern konnte, weil Jan nicht ganz begeistert von diesem Treffen zwischen Leonard und Daniel war. Später kamen die anderen Jungs und setzten sich dazu.

Ganz idyllisch lief im Hintergrund leise Musik und wir lachten viel zusammen. "Wenn ich dich weiterhin so abziehe fühle ich mich bald schlecht." grinste Luke in meine Richtung. "Sei froh, dass wir noch kein Strip-Poker spielen, sonst könntest du dich seit der ersten Runde nicht mehr konzentrieren."

Irgendwie war ich heute verspielt drauf, ein bisschen provokant. "Wollen wir darauf wetten?" fragte Luke, natürlich total angetan von der Idee. "Dann spielt ihr aber alleine weiter." mischte sich Max ein.

Unsere lustige Diskussion wurde von der Haustür unterbrochen. "Wird wohl Mama sein." Luke lag richtig. Seine Mutter Carla stürmte förmlich ins Zimmer. "Wo ist Daniel? Hat er euch davon erzählt? Wie lange wisst ihr es schon?"

Sie war unruhig und dennoch gefasst. So wirkt man wohl, wenn man sich als Profianwältin mit aller Gewalt selbst zusammen reißen muss.

"Eine Frage nach der anderen, sonst kommen wir nicht mehr mit." bat Markus. Carla warf einen Brief auf den Tisch vor uns. "Lest den Absender." verlangte sie.

"Okay, du hast einen Brief von einem anderen Anwalt bekommen, dann sucht halt jemanden einen Kampf mit dir. Mal ehrlich Mama, bist du das nicht inzwischen gewohnt?" meinte Luke völlig unbeeindruckt.

Nur Jan schien zu verstehen. Er rammte die Faust auf den Tisch, direkt auf den Brief. "Weißt du denn gar nichts mehr? Das ist nicht irgendein Anwalt. Das ist der Anwalt von Davis."

Es war, als würde die gesamte Luft im Raum mit einem Mal einfrieren.

"Meinst du den Davis, der damals suspendiert wurde?" fragte ich. "Genau der." murmelte Max anstelle von Jan. "Und was will der? Kann doch auch ein anderer Klient mit dem selben Anwalt sein." fragte nun Luke. Er war deutlich angespannter als zuvor. An dem Punkt, an dem ich Angst hatte, Luke würde gleich aufspringen und auf irgendjemanden oder etwas losgehen.

Es war mehr als deutlich, dass er sich genau diesen Fall wünschte. Dass es nicht um den suspendierten Klassenkameraden ging, der Luke's besten Freund krankenhausreif geprügelt hat.

Aber das Leben war nun einmal nicht fair oder garantierte Glück.

"Die Hoffnung hatte ich anfangs auch. Sofort habe ich ihn angerufen, doch er lachte mich nur aus. 'Haben Sie etwa Angst, dass ich mit meinem Klienten zu Ihnen komme?' hat er gefragt und dann kam auch schon der Auftrag, vor dem ich seit der Verurteilung gewartet habe." erzählte Carla. "Spuck es schon aus!"

Luke sprang auf. Die Hände zu Fäusten geballt sah er seine Mutter sauer an.

"Davis hat einen Antrag auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung gestellt. Er will sie rückgängig machen und damit wieder die Erlaubnis, in Daniels Nähe zu dürfen."

Ich hatte davon gehört. Dass nach diesem grauenhaften Vorfall Carla alle Hebel in Bewegung gesetzt hatte, damit Davis nie wieder auch nur in die Nähe von Daniel kann.

"Darf er dass überhaupt? Ich meine, wir reden hier von Davis! Er ist mental überhaupt nicht stabil genug, um solche Anträge zu stellen!" warf Max ein. "Was denkst du, was ich die letzten Stunden getan habe?" erwiderte Carla.

Sie seufzte und strich sich mit der Hand durch die Haare. Eine Angewohnheit, die auch Luke hatte.

"Sein Antrag, er ist valide. Davis hat sich rund um abgesichert. Therapien, Meetings, Rehabilitationsprogramme, alles. Er hat alles durch." zählte sie dann etwas ruhiger auf. "Weiß Daniel davon?" fragte ich jetzt.

Carla schnaubte, es klang so falsch, wie sie versuchte, amüsiert über diese Frage zu wirken. "Das würde ich selbst gerne von ihm wissen. Er geht nicht an sein Handy." antwortete sie.

"Klar geht er nicht ans Handy, er ist mit Leonard beschäftigt." murmelte Max, bevor er sich sein Glas Wasser an die Lippen hielt.

"Leonard?" Das war wohl zu viel gesagt. Jan stand jetzt ebenfalls auf, jedoch nicht, um Carla eine Erklärung zu geben. "Ich hol ihn ab." erklärte er knapp.

"Wirst du nicht." Luke war derjenige der ihn stoppte und ich stimme zu. "Ja, wenn Daniel wirklich bereits davon weiß, dann gibt es für ihn keinen besseren Ort als bei Leonard." meinte ich, überzeugt von meinen eigenen Worten.

Seufzend ließ sich Jan zurück auf die Couch fallen. "Scheiße, das gefällt mir wirklich überhaupt nicht." murrte er. "Denkst du etwa, wir sind begeistert davon? Gleich morgen werde ich Davis besuchen." meinte Luke.

"Das wirst du nicht. Wie soll es Daniel helfen, wenn du es so aussehen lässt, als befände er sich in einem brutalen, gewaltsamen Umfeld?" erwiderte Carla sofort.

"Aber Mama, er ist in einem brutalen, gewaltsamen Umfeld." "Und genau deswegen Luke, sind Gericht und Wahrheit nicht immer überlappend. Ansonsten hätten wir seit Jahren schon keine Verbrecher mehr."

Das alles verlief wirklich in keine gute Richtung.

Vergessene Liebe | ManXManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt