Kapitel 16- 6.Regel

13.6K 326 16
                                    

Ich hustete. Der Wein schmeckte grauenhaft. Angewidert starrte ich auf das Glas mit der dunklen Flüssigkeit in meinen Händen und verzog das Gesicht. Liam sah mich kritisch an und das zu Recht.

Diese Flasche Barolo aus dem Jahr 2000 war vermutlich ein kleines Vermögen wert, obwohl ich absolut nicht nachvollziehen konnte warum. Noch zwei Sekunden zuvor hatten wir mit dem trockenen Rotwein auf unser Wohl angestoßen.

Ich war kein Weintrinker. Generell mochte ich Alkohol nicht so gerne und trank ihn nur äußerst selten und dieses Glas erinnerte mich erneut an meine Abneigung. Ich stellte es bei Seite und biss stattdessen herzhaft in meine Pizza.

Bis gerade wusste ich gar nicht, wie hungrig ich gewesen war. Mittlerweile war es schon um neun und die Anstrengungen des heutigen Tages forderten langsam ihren Tribut. Ein wenig traurig blickte ich nun auf meinen leeren Teller. Ich hätte ruhig noch eine zweite Pizza vertragen können.

„Wie kann so ein kleiner Körper nur so viel essen?"

Schmunzelnd griff Liam nach meinem Weinglas und ich lächelte ihn zufrieden an. Es war ein schöner Abend gewesen.

„Naja, ich hatte heute ja noch nicht wirklich was gegessen Herr."

Liam trank noch einen Schluck, dann richtete er sich auf und reichte mir seine Hand. Mutig griff ich zu und mit meiner anderen Hand umklammerte ich fest die Wolldecke.

„Komm, wir gehen schlafen."

„Ja Herr."

Liam führte mich in einen Gang im Obergeschoss und ich versuchte einen Überblick zu behalten, um mich niemals in seinem Haus zu verlaufen. Ich meine, es war so groß und verschachtelt und ich war eigentlich nur meine kleine Wohnung gewohnt.

Wir traten in ein großes Zimmer und ich begann sofort leicht zu frösteln. Es war viel kälter als wie im vom Kamin gewärmten Wohnzimmer und ich zog krampfhaft die Decke noch fester um meinen Körper.

Der Raum war asymmetrisch und wie es schien, in einer der Ecken des Hauses, da zwei Wände fast komplett aus Fenstern bestanden. Dunkles Holz und Moosgrün dominierten das Zimmer und die Farben erinnerten mich an einen Wald.

Liams Bett war selbst für zwei Personen eigentlich zu groß und trotzdem war neben dem gigantischen Himmelbett ein viel niedrigeres, kleineres Bett. Die dunklen Vorhänge waren schwer und verdeckten fast vollständig die Fester.

„Dort..."

Liam deutete auf eine kleine Tür neben dem Bett.

„Ist mein Ankleidezimmer. Da hast du nichts verloren und die Tür da führt zum Badezimmer."

Außer dem Bett war noch ein großes Sofa und noch so ein verdammter Käfig in dem Raum. Hatte der Typ Angst, dass ich weglaufen würde? Zögernd lief ich auf das Gerüst zu und stellte fest, dass dieses zumindest einen gepolsterten Boden hatte.

An der Wand war ein großes Bücherregal, was schon fast überquoll und ich quietschte entzückt auf, als ich einige meiner Lieblingsromane sowie die Buchreihe von Game of Thrones erblickte.

Der Raum war fast doppelt so groß wie meine Wohnung und ich fühlte mich inmitten all des Überdrusses verloren.

„Deine Sachen kannst du vorerst in den Schrank dort räumen, aber ich entscheide was du trägst, sobald wir ein paar Dinge eingekauft haben."

„Ist das Regel Nummer sechs Herr?"

Liam lächelte und nickte.

„Ich hole schnell deinen Koffer, du kannst währenddessen dich fertig machen, ein Schlafanzug habe ich dir bereits hingelegt."

Er deutete auf das kleine Bett und verließ dann das Zimmer. Ich griff nach dem weißen Stück Stoff und lief ins Bad. Staunend betrachtete ich das Arsenal an Duschgel, Kosmetikartikeln und Handtüchern. Scheinbar hatte jemand an alle Dinge, welche ich benutzen durfte ein rotes Bändchen gebunden, was mich zum Schmunzeln brachte.

Ich kämmte meine Haare und putze Zähne, danach stieg ich in die Dusche und genoss das warme Wasser auf meiner Haut. Das Duschgel roch nach Rosen und ich musste mich zusammenreißen um es nicht verschwenderisch auf meiner Haut aufzutragen.

Als ich nach einer Ewigkeit aus der Dusche stieg, stand ein grinsender Liam mit ausgebreitetem Handtuch vor mir und lächelte mich an. Er konnte mir doch nicht beim Duschen zusehen! Das war unanständig und ich funkelte ihn wütend an.

„Geht's noch?"

Sofort wich der verspielte Ausdruck aus seinem Gesicht und ich bemerkte meinen Fehler. Noch ehe ich mich entschuldigen konnte, hatte Liam eine Hand schmerzhaft in meinen Haaren vergraben und die andere sauste auf meine Wange nieder.

Ich wimmerte erstickt auf als mich ein zweiter und dritter Schlaf traf.

„Es tut mir leid Herr."

Er hörte auf und verließ wortlos den Raum. Unsicher stand ich inmitten des Badezimmers und schaute betreten mein Spiegelbild an. Ich musste wirklich lernen mich zu zügeln, nur schien diese Aufgabe unmöglich.

Mein Oberkörper war noch immer leicht von roten Strichen überzogen, aber es tat kaum noch weh. Ich zog mir das weiße Ding, ein kurzes weißes Nachthemd an und sah erneut zögernd mein Spiegelbild an, bevor ich wieder ins Schlafzimmer trat.

Wortlos klappte Liam seinen Laptop zu und ging an mir vorbei ins Bad. Wasserrauschen ertönte und ich sah mich nach meinem Koffer um. Als ich ihn fand, holte ich das kleine Büchlein und notierte die neuen Regeln. Ich war noch nicht ganz fertig, als Liam wieder in den Raum kann. Er trug einen schwarzen schlichten Schlafanzug.

Wir sahen sicherlich aus, wie zwei Schachfiguren. Er war der schwarze König und ich ein kleiner weißer Bauer. Schnell schrieb ich die letzte Regel zu Ende auf und kam dann auf das Bett zu.

Zögernd blieb ich vor Liam stehen, der mich wiederum nur stur ansah.

„Herr, soll ich oben oder..."

„Du schläfst unten Olivia."

Seine Worte trafen mich und traurig umrundete ich das große Bett und krabbelte auf die Matratze. Warum wollte er nicht mit mir zusammen in einem Bett schlafen? Diese Tatsache verletzte mich mehr, als ich erwartet hatte.

Seufzend stand er auf und deutete mir mich hinzulegen. Ohne zu Zögern gehorchte ich seinem stummen Befehl und streckte mich aus, darauf bedacht meine Beine geschlossen zu halten, da ich wiedermal kein Höschen trug.

Liam breitete die Decke über meinem Körper aus und beugte sich runter, um mir einen zarten Kuss auf die Stirn zu geben.

„Schlaf gut ma petite lune."

RosegoldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt