Kapitel 77

7.2K 334 15
                                    

Ich war schon längst wach. Mein Körper hatte genug Schlaf für eine Nacht gehabt, besonders nach den nahezu schlaflosen Tagen der letzten Woche. Ich presste mein Gesicht an Liams Brust und kniff meine Augen fest zusammen. Der Moment war einfach zu schön, als dass ich einfach allen mir einem Augenaufschlag hätte beenden wollen.

Er war wieder bei mir.

„Ich weiß, dass du schon wach bist."

Ich grummelte, was Liam tief auflachen ließ. Seine Brust vibrierte und verärgert gab ich ein Schnauben von mir. Ich wollte gar nicht wissen, wie spät es bereits war. Stöhnend blinzelte ich in das helle Licht.

Warum hatte ich gestern nochmal nicht die Vorhänge zugezogen?

Mit einem hoffentlich wütenden Blick im Gesicht erhob ich mich und steuerte das Bad an. Liam lag auf meinem Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und grinste mich an. Mürrisch schloss ich die Tür hinter mir.

Ganz sicher sah ich wie eine zugekokste Meerhexe auf dem Festland aus und Liam lag da und sogar die verstrubbelten Haare waren ein Inbegriff von sexy. Auch einmal Durchschlafen konnte meine Augenringe nicht eleminieren.

Nachdem ich meine übliche Morgenroutine im Schnelldurchlauf absolviert hatte, begab ich mich in die Küche, um Kaffee aufzusetzen. Ich brauchte Koffein, dringend.

Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Liam sich an meinen provisorischen Küchentisch niedergelassen hatte. Ich füllte die tiefschwarze und aromatisch riechende Flüssigkeit in zwei Tassen und stellte eine direkt vor Liam auf den Tisch.

Dann setze ich mich ihm gegenüber hin. Penibel genau schaufelte ich genau die Menge an Zucker in den Kaffee, welche dem bitteren Nachgeschmack entgegenwirkte, aber nicht das fabelhafte Aroma des Heißgetränken nahm.

„Wir sollten reden."

Bitte nicht.

Ich war immer noch mit dem Zucker beschäftigt und nippte vorsichtig an meiner Tasse, nur um festzustellen, dass noch mehr Zucker fehlte.

„Olivia?"

„Was?"

„Ich würde gerne ein paar Dinge klarstellen. Du kannst dem nicht entgehen."

Ich schüttelte meinen Kopf. Es war doch gerade gut so wie es war. Im Vergleich zu den letzten trotzlosen Tagen, fühlte ich mich großartig. Ich wollte nicht die Vergangenheit noch mal durchkauen, nur um am Ende wieder frustriert zu sein.

„Hör zu! Wenn nötig fessle ich dich auch gerne an den Stuhl."

Ich hob meinen Kopf und erwiderte stumm den entschlossenen Blick, mit dem Liam mich taxierte. Wie ein bockiger Teenager verschränkte ich meine Arme vor der Brust und reckte mein Kinn nach oben.

Liam seufzte. „Du machst es mir echt nicht einfach. Aber schön, dann wird das hier eben eine sehr einseitige Konversation und glaube ja nicht, dass du dafür keine Konsequenzen tragen wirst petite lune.

Ich hatte nie geplant, dass unsere Beziehung mal so fundamental wird, zumindest für mich. Ich kann dir nicht mal sagen, an welchem Punkt ich die Kontrolle über den Verlauf über das, was zwischen uns geschah, verloren habe.

Du hast mein komplettes Leben mit deiner aggressiv-passiven Weise auf den Kopf gestellt. Ich habe davor noch nie so viel für einen Menschen empfunden, der nicht zu meiner Familie gehört. Für mich kommt es gar nicht in Frage, das, was auch immer das zwischen uns ist zu beenden."

„Für mich auch nicht."

Ich murmelte die Worte nur leise vor mich hin, um mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich das Gesagte mitnahm. Ich wusste nicht ob ich weinen oder erleichtert lachen sollte.

„Aber ich werde nicht, nur wegen diesem Safeword alles ändern, es sei denn du bestehst darauf?"

„Hm?"

„Willst du eine normale Beziehung Olivia?"

„Nein!"

Entsetzt sah ich ihn an. Was war das denn bitteschön für ein beschissener Vorschlag. Wie konnte er auch nur annehmen, ich könnte auf all das verzichten. Als wäre meine Leidenschaft für BDSM einfach nur eine temporäre Phase die ich einfach mal so ablegen konnte.

Nein, die Sub in mir war vielmehr wie ein Teil von meinem Charakter. Sie war ein Teil von mir.

Liam lächelte, als meine lautes nein vielleicht zu schnell erahnen ließ, wie anhängig ich von ihm auch in dieser Hinsicht war. Zufrieden lehnte er sich zurück.

„Also schön, dann vergiss die Regeln."

Überrascht schnappte ich nach Luft. Die Regeln vergessen? Einfach so? Aber nahm er damit nicht einen elementaren Bestandteil von dem, was das Machtgefälle zwischen uns ausmachte?

„Aber warum?"

„Weil sie schon länger nicht mehr in unser Leben passen. Zu Beginn waren sie als Richtlinie für dich und als Kontrollmittel für mich gedacht. Aber ich werde dich in Zukunft nicht mehr für Regelverstöße bestrafen, sondern wann ich es für angemessen halte... oder es will."

Empört starrte ich ihn an. Für mich klangen seine Worte ziemlich unfair.

„Schau mich nicht so an. Ich beweise dir gerne, dass das genau das ist, was du willst."

„Ich bezweifle, dass ich an willkürlichen Bestrafungen Gefallen finden würde!"

„Wer redet denn hier von willkürlich? Natürlich werde ich dich nicht grundlos übers Knie legen."

Ich zog meine Augenbraue nach oben. Ich konnte nicht leugnen, dass seine Worte trotzdem eine gewisse Wirkung auf mich hatten, besonders nach der langen Zeit. Aber das zynische Lächeln in seinem Gesicht, ließ mich zweifeln.

„Natürlich kann der Grund auch sein, dass ich Lust habe, dich um den Verstand zu bringen. Zu sehen, wie du dich unter mir windest und mir bedingungslos ausgeliefert bist."

Jetzt musste ich auch lächeln. Für viele wäre die Euphorie, welche sich warm in mir ausbreitete unverständlich, aber für mich fühlte es sich so richtig an.

„Einverstanden Herr."

Liams Stuhl quietschte, als er sich erhob und ihn von sich schon. Dann streckte er mir eine Hand entgegen. Ohne zu zögern ergriff ich sie und folgte ihm. Liam zog mich an seine Brust und vergrub seine Hände in meinen Haaren und drückte mir einen Kuss auf die Lippen.

„Du hast nicht mal den Hauch einer Ahnung wie sehr ich dich vermisst habe kleine Sklavin."

RosegoldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt