Kapitel 75

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„Hey Zucker, ich hätte gerne was, was genauso reinknallt wie du."

Ich schloss meine Augen. Das war nun schon die dritte idiotische Anmache des heutigen Abends. Ich begutachtete den Typen auf der anderen Seite des Tresens, bevor ich mich umdrehte und nach einer Flasche Wodka griff.

Ich konnte nicht bestreiten, dass Amelie ganze Arbeit geleistet hate. Meine Haare waren lässig nach oben gesteckt, meine Augenringe unter einer dicken Schicht Concealer versteckt und das bachfreie Oberteil sah zusammen mit dem Jeansrock echt hübsch aus.

Ich schob das Glas mit der hellen Flüssigkeit zu meinem Gegenüber und lächelte.

„Das macht dann 3,50€."

Er knallte einen Fünfeuroschein auf den Tisch und zwinkerte mir schon wieder zu. Entweder der Typ hatte sich schon Zuhause volllaufen lassen, oder er hatte eine totale Meise. Obwohl, warum sollte das eine das andere Ausschließen?

Wie kamen Männer nur immer auf dieses bescheuerte Anmachen. Welche Frau dachte sich bitteschön nach so einer Nummer: Wahnsinn, dem würde ich gerne hier und jetzt die Kleider vom Leib reißen.

„Mach fünf Süße, weil du so süß bist!"

Definitiv total betrunken und eine Meise. Definitiv.

Ich bedankte mich und schlenderte dann zu den Tischen um Gläser abzuräumen. Ich setzte diesmal ein ehrliches Lächeln auf, als ich zu dem Tisch trat, an welchem Amelie mit einer anderen Frau in ihrem Alter saß. Beide waren in ein reges Gespräch vertieft und Amelie strahlte förmlich.

Das Mädchen ihr gegenüber hatte asiatische Züge und eine schmale Gestalt, wirkte aber ebenso verzaubert wie meine beste Freundin. Es war schön Amelie so zu sehen. Oft traute sie es sich nicht zu ihrer Orientierung zu stehen und um ehrlich zu sein, konnte ich das verstehen.

Ich zwinkerte meiner besten Freundin zu und balancierte dann das überladene Tablett zurück zum Tresen. Die typische Atmosphäre der Triskele löste in mir zumindest eine kleine Zufriedenheit aus, außerdem lenkte mich dieser Ort von Selbstzweifeln und düsteren Gedanken ab.

Ich griff nach dem Geschirrhandtuch und begann die Gläser aus der Spüle abzutrocknen. Auch wenn ich es gerne geleugnet hätte, bemerkte ich selbst, dass ich mich verändert hatte.

Dass er mich verändert hatte.

Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, denn trotz meines jetzigen Zustandes bereute ich die Zeit mit Liam nicht. Es waren vermutlich die schönsten Monate meines Lebens mit ihm gewesen. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl gehabt wirklich ich sein zu können. Ich hatte mich lebendig und begehrt gefühlt, aber wenn ich jetzt in den Spiegel hinter dem Regal blickte, sah ich nur in mein blasses Gesicht.

Gegen die geröteten Augen hatte Amelie nichts tun können. Ich blinzelte und schaute dann schnell in eines der grellen Neonlichter an der Decke. Angeblich half das um nicht zu weinen und tatsächlich blieben meine Augen dieses Mal trocken.

Ich war gerade dabei das letzte Glas in die Spüle zu stellen, als ich spürte wie jemand hinter mich trat. Vermutlich ein weiterer Vollidiot, der einen Wodka nicht mit normalen Worten bestellen konnte. Ich trocknete meine Hände an meinem Rock ab und legte das Geschirrhandtuch ab.

„Eine Cola bitte."

Ich wirbelte herum. Nicht, weil es wirklich selten vorkam, dass hier mal ein alkoholfreies Getränk bestellt wurde, sondern weil ich diese Stimme unter Tausenden erkannt hätte. Ungläubig starrte ich in das Gesicht, was ich nicht mehr aus meinem Kopf bekam.

Liam hatte wohl keinen Concealer gehabt, denn seine Augenringe waren deutlich zu sehen. Seine hellen Haare waren verwuschelt und er hatte sich seit mindestens drei Tagen nicht rasiert gehabt. Dennoch lächelte er mich lässig an.

„Du bist hier!"

Sehr gut analysiert Olivia. Von all den peinlichen Dingen, die du hättest sagen können...

Liams Lächeln wurde breiter.

„Ich freue mich auch dich zu sehen petite lune."

Ich schaffte es nicht rechtzeitig ins Licht zu schauen. Ohne Vorwarnung brachen sich die Tränen ihre Bahnen und ich schluchzte auf.

„Hey, nicht weinen."

Liam streckte eine Hand nach mir aus und strich über meine Wange. Der Tresen stand wie eine Barriere zwischen uns. Ich schmiegte mein Gesicht in seine warme Hand.

„Aber, ich dachte nachdem du... nachdem du das Safeword..."

„Du hast doch nicht ernsthaft geglaubt, dass ich dich einfach so wieder gehen lasse. Verdammt Olivia ich liebe dich. Scheiß auf diese verfickte Regel. Alleine die paar Tage ohne dich waren die Hölle."

Er löste sich von mir, nur um dann um den Tresen herum zu mir zu eilen. Ein weiteres Schluchzen entwich mir, als er mich fest in seine Arme zog. Ich presste mich an ihn und spürte sein Herz schnell und laut unter mir schlagen.

„Gott, ich hab dich so sehr vermisst."

„Ich dich auch. Du hast keine Ahnung wie sehr."

Wir standen vermutlich eine kleine Ewigkeit so da. Ineinander verschlungen und trotz meines Gedankenstromes schaffte ich es nicht auch nur ein Wort über meine Lippen zu bringen.

Ich hatte viel zu viel Angst, dass das hier nur ein Traum war, ein schwacher Moment in welchem mir meine Fantasie etwas vorgaukelte. Liam begann sanfte Kreise auf meinem Schulterblatt zu zeichnen und langsam beruhigte ich mich wieder.

Er war wieder bei mir.

Ein Räuspern erklang und ich hob den Kopf leicht an. Amelie stand hinter Liam und ihr Blick sprach Bände. Nur wiederwillig löste ich mich von ihm, presste meinen Körper aber an seinen.

„Du musst also Liam sein."

Verwirrt blinzelte der Mann, der es geschafft hatte mein Leben so auf den Kopf zu stellen. Seufzend schaute ich Amelie an.

„Liam, dass ich meine beste Freundin Amelie. Amelie, Liam."

Liam streckte ihr seine Hand entgegen und murmelte ein sehr erfreut dich kennenzulernen. Amelie warf mir einen besorgten Blick zu, bevor sie die ausgestreckte Hand ergriff. Sie setze ein engelsgleiches Gesicht aus und löste dann ihre Hand von seiner. Dann legte sie ihre Hand auf die Granitoberfläche der Bar und trommelte mit ihren langen French Nails auf den dunklen Stein.

Das Geräusch jagte mir aus unerfindlichen Gründen eine Gänsehaut über den Körper.

„Hör zu Freundchen: Ich war heute früh erst im Nagelstudio."

Liams Mine war die Verwirrung förmlich anzusehen und ich schluckte schwer. Ich hatte so eine Ahnung, was jetzt kommen würde. Armer, armer Liam.

„Und wenn du Olivia noch einmal weh tust, dann kastriere ich dich nur indem ich meine drei Zentimeter langen Nägel in deine Eier bohre. Und glaube mir, wenn ich dir sage, dass ich das ohne mit der Wimper zu zucken durchziehen würde. Klar soweit?"

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Leserumfrage:
Mich würde mal interessieren was euer liebstes Schlagwerzeug ist.
Die Auswahl ist ja ziemlich groß. Es gibt Flogger, Paddel, Gerten, Rohrstöcke...
Aus Leder, Gummi, Holz...

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Ich persönlich tendiere ja zur ledernen Reitgerte🙄.

Eure Lady in red🌹

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