Kapitel 46

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Es war wohlig warm und ich kuschelte mich noch ein wenig tiefer in die weichen Laken. Ich spürte das regelmäßige Heben und Senken von Liams Brust hinter mir. In nur wenigen Minuten würde Maya an unserer Tür klingen.

Die letzten zwei Tage waren an mir vorbeigerauscht und ich hatte mir nicht wirklich eine Vorstellung vom heutigen Abend gemacht. Eine gewisse Vorfreude machte sich in mir breit, aber irgendwie hatte ich auch Angst vor diesem Stammtisch. Was war, wenn mich die anderen dort nicht mögen würden, oder man merken würde, dass ich kaum Ahnung, geschweige denn Erfahrung hatte.

Zudem würde ich gleich Maya kennenlernen und irgendwie war ich schon jetzt eifersüchtig auf sie, obwohl ich sie nicht mal kannte. Ich schloss meine Augen und versuchte meine Zweifel niederzukämpfen.

Liam begann kleine Kreise in meinem Nacken zu zeichnen. Ich gab einen wohligen Laut von mir und presste meinen Körper noch näher an seinen. Enttäuscht schaute ich hoch, als er aufhörte.

„Zieh dich an petite lune."

Mit den Worten verließ er das Zimmer und ich rappelte mich hoch. Ein wenig skeptisch betrachtete ich mein Spiegelbild. Das Rot in meinen Haaren gefiel mir noch immer sehr gut und ich wirkte wacher als sonst. Mich wunderte nur, dass mein Äußeres kein bisschen meine innere Unruhe wiederspiegelte.

Ich zog mir eines meiner Lieblingskleider an und bürstete meine Haare aus. Als ich gerade dabei war, ein wenig Rouge aufzutragen, erklang ein melodischer Klingelton und ich holte tief Luft.

Ich hörte Liam und Maya lachen, noch bevor ich die Beiden sah. Mit einem zaghaften Schritt trat ich ins Wohnzimmer und mir stockte für einen kurzen Moment der Atem. Die Frau, welche mich warm anlächelte war bildhübsch.

Ihre langen Haare hatte sie zu einem ordentlichen Dutt hochgesteckt und ihre Figur wurde durch einen eng anliegenden Hosenanzug betont. Sie hatte ähnliche Gesichtszüge wie ich, nur waren ihre Augen um einige dunkler und ihre Haut war sonnengeküsst.

Ich brachte ein „Hey" heraus und sie zog mich in eine herzliche Umarmung.

„Olivia, wie schön dich kennenzulernen. Endlich mal in echt."

Sie lachte und zeigte uns ihre perfekten Zähne. Ratlos schaute ich zu Liam, der uns mit einem Grinsen im Gesicht ansah. Ich beneidete Maya um ihre lockere Art. Ich selbst wusste nicht, was ich sagen, geschweige denn tun sollte.

Wir setzten uns auf die große Coach vor dem Kamin und ich war erleichtert, als der kleine Kater von Liam in den Raum kam und ich ihn fest an mich presste. Liam begann mit Maya über Menschen zu reden, von deren Existenz ich nicht mal wusste. Ich schaltete ab und blickte in die Flammen des kleinen Kaminfeuers.

„Olivia?"

Ich schreckte hoch und Liam sah mich streng an.

„Maya hat dir eine Frage gestellt."

„Ohh, tut mir leid."

Ich sah Maya entschuldigend an.

„Nicht schlimm. Ich wollte nur wissen, ob das heute dein erster Stammtisch ist."

„Ja. Also ich habe zuvor in einer Kneipe gearbeitet, welche in direkter Verbindung mit BDSM stand und somit habe ich zumindest einige Stammtische gesehen, aber wirklich miterlebt habe ich noch keinen."

Maya nickte und mir kam ein gruseliger Gedanke.

„Ist der Stammtisch heute denn in Französisch?"

Liam lachte auf und auch auf Mayas Gesicht erschien ein breites Lächeln. Was war denn an meiner Frage so lustig?

„Nein Olivia. Maya spricht nicht mal Französisch. Dieses Treffen ist schon lange nicht mehr öffentlich, die Gäste sind seit Jahren die selben und der Stammtisch findet für gewöhnlich hier statt, da die Organisatoren hier wohnen. Du kennst einen der Beiden bereits."

Neugierig sah ich Liam an und überlegte zeitgleich wen er meinen könnte.

„Monsieur Martin?"

Liam nickte und Maya lächelte schon wieder. Sie war einfach bezaubernd und ich fühlte mich ein wenig wie ein Mauerblümchen neben ihr. Ein schlichtes und sehr kleines Mauerblümchen.

Wir redeten noch ein paar Minuten, wobei ich eher als Zuhörer fungierte, was mir aber nichts ausmachte. In solchen Momenten wünschte ich mir immer wieder, dass meine beste Freundin Amelie hier wäre. Sie schaffte es immer wieder mich in Gespräche geschickt zu integrieren, weshalb ich mich bei ihr weniger als Außenseiterin fühlte.

Liam schaute auf seine schlichte Armbanduhr und sah mich dann eindringlich an.

„Wir müssen los!"

Ich nickte, doch bevor ich das Zimmer verlassen hatte, griff Liam nach meinem Arm und zog mich in die Küche. Er öffnete eine der Besteckschubladen und holte eine schlichte Pappverpackung raus. Neugierig sah ich ihn an.

„In der Schachtel befindet sich ein Halsband. Für dich. Zwar kenne ich alle Besucher des heutigen Treffens persönlich, aber ich möchte, dass du ein Zeichen trägst, was zeigt, dass du zu mir gehörst. Du wirst es heute Abend tragen, obwohl ich sonst eher gegen Halsbänder bin, sie behindern mich in dem was ich tue."

Er öffnete die kleine Schachtel und ich begutachtete skeptisch den Inhalt. Ein schlichter und dünner Reif, welcher silbern glänzte. Vorne war eine Öse, durch welcher ein perfekter Metallring lief. Liam griff nach dem großen Ring und ich hob meine Haare.

Obwohl ich es vermutlich nicht zugeben wollte, freute ich mich über diese Geste. Ich zuckte zusammen als der unglaublich kalte Reif meine Haut berührte. Ein Klicken erklang und ich schaute erstaunt hoch.

„Das war das Schloss. Du wirst es nicht schaffen, das Halsband alleine aufzubekommen. Den Schlüssen habe ich jedoch immer bei mir. Sage dein Safeword und ich öffne es. Im Notfall liegt der zweite Schlüssel in der kleinen Schachtel. Wage es dir, das Halsband ohne guten Grund abzunehmen!"

Ich erschauderte und meine Finger fuhren über das nun körperwarme Metall. Liam zog mich mit einer ruckartigen Bewegung, welche ich nicht vorhersehen konnte an sich und drückte seine Lippen gewaltsam auf meine.

Ich gab mich seinem Kuss hin und schnappte enttäuscht nach Luft, als er von mir abließ. Gemeinsam traten wir in den Flur, wo Maya schon auf uns wartete.

„Hübsches Halsband."

Ihr Lächeln wirkte ehrlich und ich erwiderte es zaghaft. Eine Vorfreude ergriff von mir Besitz und wir verließen das Haus um uns auf den Weg durch das kalte Paris zu machen.

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