Kapitel 61

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„Hör auf dich fertig zu machen. Das was du gerade anhast sieht doch toll aus. Meinen Eltern wird es so oder so egal sein was du trägst."

„Aber ist es nicht viel zu formell?"

Ich begutachtete im Spiegel mein Outfit. Zusammen mit dem Bleistiftrock wirkte die hellblaue Bluse adrett, aber auch als würde ich gleich auf ein Geschäftsessen gehen. Liam zog eine Augenbraue nach oben und drückte mir einem Kuss auf die Stirn.

Er war heute den gesamten Tag im Büro gewesen und ich hatte es endlich mal geschafft mich am Café unten an der Seine vorzustellen. Tatsächlich schaffte ich es mit meinem eingerosteten Französisch einen guten Eindruck zu hinterlassen und der Chef hatte mir versichert sich bei Zeiten bei mir zu melden.

„Wie wäre es mit einem Kleid."

„Gerne." Grinste Liam und ich griff nach einem Roten aus meinem Schrank. Zufrieden nickte mein Herr und nun wohl auch fester Freund.

Fester Freund... Hmm... daran musste ich mich wohl noch erst gewöhnen

„Ich muss dir das Halsband noch abnehmen petite lune. Das wäre dann doch ein wenig zu viel für die erste Begegnung."

Er zwinkerte und zog einen kleinen Schlüssel aus seiner abgenutzten Geldbörse. Ich hob meine offenen Haare an und zuckte zusammen, als ich ein leises Klacken hörte und mir einbildete die minimale Bewegung auch tief in mir spüren zu können.

Liam legte das Halsband auf das Nachtschränkchen und ich schluckte. Irgendwie fühlte ich mich komisch ohne das vertraute Gefühl des warmen Metalls um meinen Hals. Ich strich über die Stelle, an der zuvor noch der kleine Metallring war.

„Du kannst es heute Abend gerne wieder tragen kleine Sklavin."

Ich nickte und folgte Liam nach draußen. Ich ärgerte mich selbst über meine eigene Nervosität, doch ich schaffte es einfach nicht mich zu beruhigen.

Was ist, wenn seine Eltern mich nicht mögen werden?

Die Fahrt dauerte länger als ich erwartet hatte, was an den überfüllten Straßen in der Innenstadt lag. Seufzend hatte ich meinen Kopf an die kühle Scheibe gelegt und den fallenden Schneeflocken verträumt hinterhergeschaut.

„Wir sind da Olivia."

Ich schlang mir meinen roten Mantel eng um den Körper, als Liam mir aus dem Wagen half. Mein Atem gefror vor meinen Augen und bildete weiße Wolken. Ich folgte Liam die Straße runter und sah mich neugierig um. Kleine Häuschen mit alten Fassaden reihten sich aneinander.

Was für ein Kontrast zur Großstadt.

Karl öffnete uns die Tür, nachdem Liam die altmodische Türklingel geläutet hatte und wir traten ein. Es roch nach selbstgebackenen Plätzchen und Räucherkerzen. Ich sah mich um und schmunzelte, als ich an der Schlüsselwand zahlreiche Fotos von Liam und seinem Bruder fand. Teilweise konnte ich beide nicht unterscheiden, da sie sich in ihren Jugendjahren scheinbar verblüffend ähnlich sahen.

„Liam mein Junge, du bist mal wieder zu spät."

Eine ältere Frau kam lächelnd auf uns zu und kniff Liam liebevoll in die Wange und ich musste schmunzeln. Das war also seine Mutter. Irgendwie passte sie nicht zu dem Bild in meinem Kopf, was ich mit von ihr gemacht hatte.

„Und du musst Olivia sein. Es freut mich dich kennenzulernen."

Sie zog mich in eine schwungvolle Umarmung und ich erwiderte überrascht die Geste. Frau Black roch ein wenig nach Zimt, ihre Haare hatte sie mit einem Bleistift nach hinten gesteckt und feine erste Falten lagen um ihre Augen.

In Gedanken verglich ich sie mit meiner Mutter und ein Anflug von Wehmut ließ mich schwer schlucken. Diese Frau war herzlich zu mir, obwohl sie mich nicht mal kannte.

Hastig versicherte ich, dass es auch mir eine große Freude wäre und sie schob Liam und mich in eine gemütliche Wohnstube. Bunte Häkeldeckchen zierten jede verfügbare Oberfläche und das dunkle Holz erinnerte mich an stilvolle englische Vintagehäuschen.

„Ich hätte nicht gedacht dich überhaupt einmal kennenzulernen zu dürfen. Hach, aber ich fürchte so ist das nun mal bei zwei Jungs. Ich liebe die Beiden mehr als alles andere und es tut weh nicht an ihrem Leben teilhaben zu dürfen."

Sie warf Liam einem kritischen und vorwurfsvollen Blick zu.

„Du hast die beiden also lieber als mich."

Ein Mann trat ins Wohnzimmer und drückte Frau Black einen keuchen Kuss auf die Wange, bevor er einen schweren Aktenkoffer neben mit abstellte.

„Tut mir leid Liebling, ich habe es einfach nicht früher geschafft."

Frau Black lächelte selig und deutete mit einem Kopfnicken auf den bereits gedeckten Tisch. Im Gegensatz zu ihr wirkte ihr Mann weniger leger. Um ehrlich zu sein flößte mir die Erscheinung von Herrn Black sogar ziemlich großen Respekt ein.

Er trug einen makellos sitzenden Anzug und sein Lächeln war um einiges kühler als das von seiner Frau. Er schüttelte mit festem Händedruck meine Hand.

„Also meine Schöne..." Frau Black beäugte mich neugierig. „Wie habt ihr euch kennengelernt.

Ohh bitte nicht.

Hilfesuchend sah ich Liam an, der aber zu meinem bedauern mich nur fies angrinste und sich in Schweigen hüllte. Was sollte ich seiner Mutter denn sagen?

Ich habe einen Dom gesucht und in der Fetischbar in der ich gearbeitet hab, gab es einen gemeinsamen Freund von ihrem Sohn und mir, der uns sozusagen vermittelt hat. Natürlich nicht unter der Voraussetzung uns zusammen zu bringen, sondern einfach nur, damit ich endlich meine Fantasien ausleben konnte. Und was soll ich sagen? – Aus Sex wurde einfach mehr.

Keine gute Idee. Ich holte tief Luft und versuchte meine Gedanken zu ordnen.

„Wir haben uns über einen Bekannten kennengelernt, als Liam zuletzt aus geschäftlichen Gründen in Deutschland war Frau Black."

„Bitte nennen sie mich doch einfach Ella. Bei Frau Black fühle ich mich immer so alt."

Ich lächelte. Diese Frau war der Inbegriff eines Herzblattes. Ich mochte sie und strich gedankenverloren über eines der gehäkelten Deckchen. Liams Vater hatte sich an den Tisch gesetzt und lauschte nun unserem Gespräch.

Er erinnerte mich ein wenig an Karl, er hatte dieselben hellen Augen und auch seine Statur glich der des älteren Bruders von Liam.

Mit den Worten „Jetzt lasst uns endlich essen, sonst wird es noch kalt" erhob sich Frau Black, oder Ella wie ich sie ab jetzt nennen sollte und eilte in die Küche. Erleichtert lächelte ich Liam an.

So schlimm war seine Familie nun wirklich nicht!

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🎗Schnitzel trägt seinen Namen nicht  um sonst. Als Ella Black ihn Liam geschenkt hatte, war das kleine Kätzchen noch ein kleines goldbraunes Bündel und der junge Liam hatte den kleinen Kater nach seinem Lieblingsessen benannt.🎗 

🎗Die Abneigung gegen ein Haustier, was ihn und seinen Bruder näher zusammenbringen sollte, schwand mit der Zeit und Schnitzel wuchs Liam mehr und mehr ans Herz, obwohl er dies nur ungern zugibt.🎗

🎗Der Plan von Ella den ewigen Streit zwischen ihren Söhnen mit zwei Kätzchen zu schlichten, klappte zwar nicht, aber vielleicht schafft es ja jemand anders.🎗

🎗Wenn euch Schnitzel auch immer mehr ans Herz wächst, bestätigt dies mit dem Stern links unten!🎗

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RosegoldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt