Kapitel 21

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"Komm raus, Avery." Die Stimme meines Vaters hallte durch den Raum. Augenblicklich bildete sich eine Gänsehaut auf meinem ganzen Körper. Die unglaublich starke Wut die ich auf ihn hatte, war nicht zu beschreiben und trotzdem verspürte ich in diesem Moment nichts Anderes als pure Angst. Er war schuld, dass Elijah im Gefängnis saß und trotzdem schwor ich mir, nichts Unüberlegtes zu tun. Die Kinder waren dort draußen. Sie sollten nicht zurück an einen Ort kommen, an dem sie keine Liebe erfahren könnten.

"Wo ist der verdammte Lichtschalter!", zischte Maik. Er war also auch hier. Mein Herz schlug so laut, dass ich Angst hatte, mein Vater könnte es hören. Ich hörte wie Hände gegen die Wand schlugen und die Wand abtasteten. Zu meinem Glück wusste ich, dass sich der Lichtschalter allerdings erst an der Wand gegenüber dem Treppengeländer befand. Endlich konnte ich mich aus meiner Schockstarre winden und stieß mich von der Wand ab. Die Stimmen klangen noch etwas weiter entfernt, weshalb ich mich traute, einen Schritt nach vorne zu machen.

Meine Hände zitterten unkontrolliert und ich schloss die Augen, obwohl ich in der Dunkelheit sowieso nichts erkennen konnte. Die Angst davor zu stolpern, war schnell vergessen. Ich orientierte mich an der Wand und wusste dabei ganz genau, wo es langging. Ich war schon oft genug den Weg bis zur Treppe gelaufen. Es konnte wohl im Dunkeln nicht unmöglich sein. Ich rechnete jede Sekunde damit, eine Hand auf meiner Schulter zu spüren, oder dass mir jemand ein Bein stellte, doch die Flüche die die beiden Männer ausstießen, ließen mich vermuten, dass sie nicht wirklich vorrankamen.

Kurz dachte ich an den Hinterausgang, verwarf diesen Gedanken sofort wieder. Es war viel zu riskant. Die Tür war alt und laut. Nicht zu vergessen, dass die Kinder sich vielleicht dahinter versteckten. Das Beste war es, sie nicht einmal mit Sicherheit wissen zu lassen, dass ich überhaupt hier war. Es gab also nur noch eine Möglichkeit. Durch das Fenster aus dem zweiten Stock. Gefährlich aber durchaus machbar. Innerlich verfluchte ich mich selbst dafür, in welche dumme Situation ich mich gebracht hatte.

Ich stand im selben Raum wie mein Vater und auch wenn er im Dunkeln tapste, war er nicht weniger gefährlich. Maik im Gegensatz konnte ich gar nicht einschätzen und das machte mir eine Heiden Angst. Ich fuhr mir über die schweißnasse Stirn, lief weiter und bis mir auf die Lippe, als ich mir den Zeh an der Wand stieß. Verdammt!

"Da war was." Beide Männer waren plötzlich still. Die Angst kroch mir durch alle Glieder. Damit ich nicht immer wieder laut nach Luft japste, hielt ich die Luft an, in der Hoffnung, dass sie gar nichts mehr hörten. Urplötzlich hörte ich allerdings Schritte, die sich anhörten, als wären sie direkt hinter mir her. Die blanke Panik packte mich und ich sprintete los zur Treppe.

Ich wusste, dass der Verfolger mein Vater war. Er war sich sicher, dass er gerade mich verfolgte. Er wusste, dass ich hier war. Kurz vor der Treppe stoppte ich und tastete mich weiter nach vorne. Das Gefühl, er wäre direkt hinter mir, ließ mich nicht los. Doch ich durfte nicht hastig werden. Wenn ich die Treppe hochrannte, wusste er sofort, wo er lang musste. Ich trat so vorsichtig wie nur möglich auf die erste Stufe und machte innerlich Luftsprünge, als mich diese nicht im Stich ließ. Vorsichtig arbeitete ich mich voran, nur um keine Stufe zu verfehlen und ungemütlich auf dem Boden zu landen.

Gerade rechtzeitig kam ich oben an, als auch schon das Licht anging. Erleichtert fasste ich mir an die Brust. "Wo ist sie hin?" Die aufgebrachte Stimme meines Vaters erinnerte mich daran, dass ich noch nicht draußen war. Dabei hatten sie es bei Licht nun viel leichter. Ein Gedanke schoss mir in den Kopf. Ich hatte den Verteilerkasten vor ein paar Tagen gesehen. Irgendwo musste er sein. Es war schwer, einen klaren Gedanken zu fassen, doch es funktionierte. Schlafzimmer der Kinder. Mason hatte Tyler vor zwei Tagen erklärt, dass er daran nicht herumspielen durfte. Für einen Moment war ich Mason unglaublich dankbar. Ich ignorierte die Stimmen von unten gekonnt und lief eilig in das Zimmer. Die lauten Geräusche von unten ließen mich nur noch nervöser werden. Suchten sie etwa unter den Möbeln nach mir?

Der Verteilerkasten stach mir direkt ins Auge und war nicht zu übersehen. Mit nur einem Ruck legte ich den Schalter um und es wurde wieder stockdunkel. Es hatte funktioniert. Das laute Fluchen von unten ließ mich Schmunzeln. Damit hatte er wohl nicht gerechnet.

Erneutes Gerumpel und wieder ein Schimpfwort. Es ertönte immer wieder und immer in der gleichen Reihenfolge. Es lenkte mich ab und sagte mir auch, dass sie dabei waren, immer näher zu kommen. Ich musste so schnell wie möglich weg von ihr, egal wie. Ich setzte einen Fuß vor den anderen, um die beiden Väter, die diesen Namen beide nicht verdienten, nicht auf mich aufmerksam zu machen. Mit einem heftigen Schwung öffnete ich das Fenster und ein genau so heftiger Windstoß, ließ meine Haare in alle Richtungen fliegen. Man war das kalt dort draußen. Ich versuchte sie erst gar nicht zu bändigen, sondern blickte nach unten.

Es war zwar hoch und bei dem Anblick dort runter, bekam ich weiche Knie, aber es war die einzige Möglichkeit. Leider gab es hier keinen Baum, an den ich mich hängen oder wie es wahrscheinlich aussah, klammern konnte. Elijah war nicht da um mich aufzufangen, also konnte ich auch nicht einfach herunterspringen. Die einzige Möglichkeit war, auf die kleine Fensterbank zu steigen und auf die nächste weiter darunter zu springen.

Ich spüre wie meine Handflächen erst kalt und dann feucht wurden. Was versuchte ich hier eigentlich? Das war sogar zu riskant für mich und ich hatte die letzten Wochen schon einiges riskieren müssen. Ich konnte keinen Rückzieher machen. Die Unsicherheit durfte mich nicht überwältigen.

Mein Bein zitterte furchtbar, als ich auf die Fensterbank trat und ich hatte schreckliche Angst in den nächsten Sekunden abzurutschen, weil ich so sehr zitterte. Ich hatte noch nicht herausgefunden, wie ich es am besten anstellen sollte, ohne mir ein Bein zu brechen. Ich entschied mich dafür, mich erst einmal auf die Fensterbank zu setzten. Der Wind war so kalt, dass ich fröstelte. Alles an mir zitterte und ich war mir nicht mehr sicher ob es an der Kälte oder doch an der Aufregung lag.

Das Sitzen half mir nicht weiter. Ich musste mich rückwärts herunterhangeln. Verdammt. Das war gefährlich. Ich atmete tief ein und tat es. Ich hing nur noch an meinen Händen und baumelte ängstlich mit den Beinen in der Luft, bis ich endlich die Fensterbank unter meinen Füßen spürte.

Mein Atem war unregelmäßig und unglaublich schnell, als ich mich erleichtert anlehnte, um nach Luft zu schnappen. Beinahe wäre ich vor Schreck ausgerutscht. Ein Auto war in unsere Einfahrt eingebogen und ich erkannte den Wagen auch in der Dunkelheit. Es war Jack. Ich war einerseits unglaublich erleichtert, andererseits wollte ich, dass er ging und sich nicht mit in Gefahr brachte.

"Jack." Meine Stimme war nur ein leises Flüstern. Er schaute sich um, entdeckte mich aber nicht. "Jack!", sagte ich dieses Mal ein wenig lauter. Immer noch verwirrt, schaltete er die Taschenlampe seines Handys an und schien direkt in meine Richtung.

"Avery?", fragte er etwas zu laut. "Psst!", zischte ich. Er kam geradewegs auf mich zu und blickte zu mir in die Höhe. Ich wusste, dass er belustigt das Gesicht verzog, denn er wusste nicht, wie ernst die Situation war. "Also wenn du verstecken mit den Kindern spielst, reicht es auch, wenn du dich unterm Bett versteckst. Du bist ja verrückt, Avery."

Immer noch zitternd, sank ich auf die Fensterbank und sprang den letzten Meter, nur um ungemütlich zu landen.

"Mein Vater ist hier", erklärte ich immer noch flüsternd. "Wie bitte?" Entsetzt verzog Jack das Gesicht. "Und da kletterst du aus dem Fenster? Wo sind die Kinder?" Beruhigend fuhr ich mir durch das kurze Haar. "Die sind dort hinten." Ich wies auf das Stückchen Wald.

Die Haustür wurde geöffnet und ich zog Jack blitzschnell nach unten. Ich war wohl nicht die Einzige, die Jacks Auto gehört hatte. "Avery." Mist! Wir saßen in der Falle.

Wie denkt ihr geht es weiter?

Da ich ja so Musikbessesen bin hihi, habe ich mir gedacht, dass ich ab und zu ein paar Liedvorschläge von meinen momentanen Lieblingsliedern hier hinschreibe.
Ihr könnt mir auch gerne eure Lieblingslieder in die Kommentare schreiben! (Neue Musik ist immer was Gutes für mich;))

The 1 - Blackbear (passt natürlich nicht zum Kapitel)

💕

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