Kapitel 26

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"Ich kann nicht", stieß ich beinahe lautlos hervor. "Ich kann ihr nicht gegenübertreten." Jack legte beruhigend eine Hand auf meine Schulter. "Ich weiß, dass es schwer für dich sein muss. Ich habe es niemand anderem erzählt. Überlege es dir in Ruhe und sag mir dann, wenn du dich entschieden hast." Jacks Verständnis machte mich nur noch nervöser. Er verlangte, dass ich mich entschied. Entweder setzte ich mich der Mörderin meiner Mutter gegenüber, oder ließ, wenn ich mich weigerte, zu, dass ich vielleicht der Grund dafür war, dass mich mein Vater finden und Elijah für immer im Gefängnis bleiben musste.

Meine Hände waren schweißnass und der Zettel in meiner Hand fühlte sich plötzlich schrecklich schwer an. Wie in Trance folgte ich der Herde und ließ mich in mein Zimmer führen. Es war viel schöner als das, was mein Vater mir hergerichtet hatte, sobald ich mich endlich nicht mehr dagegen gewehrt hatte, bei ihm zu wohnen.

Das schmale Bett wirkte viel einladender auf mich, als das schrecklich große, in dem Gästezimmer, in dem ich mich schrecklich alleine, ohne Elijah neben mir gefühlt hatte und deswegen meistens lieber auf dem kleinen Sofa gelegen war.

Es war einfach unerträglich, wie klein und unbedeutend man sich durch solch eine große Fläche um sich herum fühlte. Es war einfach dazu da, um mir mal wieder klarzumachen, dass Elijah im Gefängnis saß. Und mein Vater wusste, wie sehr mich dieser Gedanke quälte.

Ein Klopfen riss mich aus den Gedanken. Es war Mason, der ohne auf meine Antwort zu warten, einfach eintrat und sich auf meinem Bett niederließ. "Ich soll dich von Lola fragen, ob du mit ihr in die Stadt gehst." Und das konnte sie mich nicht selbst fragen?

"Ich bin noch ziemlich müde, ich schätze, ich lege mich lieber etwas hin", antwortete ich. Ich bekam ein leicht schlechtes Gewissen, weil Lola einfach immer so Abenteuerlustig war, doch im Moment wollte ich nichts sehnlicher, als wenigstens für eine Stunde zu schlafen, auch wenn sie es nur gut meinte.

"Gut, ich sage es hier, wenn ich durch die Kinder überhaupt an sie rankomme. Die haben nämlich alle Hunger, wie du dir denken kannst." Und wie ich es mir denken konnte. Leise, als würde ich schon schlafen, schloss er die Tür hinter sich. Seufzend, legte ich mich auf das weiche Bett und schloss die Augen, während ich für eine Sekunde an nichts dachte.

Meine Augen wanderten durch den Raum und mir war nicht bewusst, wo ich mich gerade befand. Nachdem ich einige Male blinzelte, fing sich an der Raum zu richten. Stühle. Tische. Menschen. Ich saß in einem Gericht. Neben mir Jack, Lola, Brian und Mason. Alle samt in Anzug und Kleid gesteckt. Als ich an mir hinunterblickte, erschreckte ich für einen Moment. Auch ich trug ein Kleid. Es war Lolas Kleid. Ich hatte es schon einige Male an ihr gesehen. Nur das es ihr viel besser als mir stehen musste.

Der Richter blickte abschätzig zu dem Angeklagten hinunter. Für eine Sekunde blieb für mich die Zeit stehen, obwohl ich das Ticken der Uhr so laut wie noch nie hörte. Es war mucksmäuschenstill. Der Angeklagte war Elijah. Gekleidet in seinem orangenen Overall und in Handschellen gelegt. Wie sehr ich es doch verabscheute ihn in diesen Klamotten zu sehen. Er verdiente es nicht.

Die Sitze vor und hinter mir, füllten sich mehr und mehr, bis alle Sitze voll waren. Es war Lucys Mutter, Lisa, die mich schelmisch angrinste. Augenblicklich bekam ich eine Gänsehaut. Wieso war sie frei? Eine Person tippte mir auf die Schulter. In Sekundenschnelle drehte ich mich um und wollte mit der Hand ausholen, um meinen Vater für das zu Ohrfeigen, was er Elijah angetan hatte, doch sie blieb in der Luft stehen, während mein Vater herzhaft lachte.

"Elijah sie sind angeklagt, wegen der Entführung mehrerer Kinder, stimmt das?" Mein Kopf schellte nach vorne. "Das stimmt, aber ich habe es nur getan.. " Elijah wurde durch die Rufe der Menschen im Gerichtssaal unterbrochen. Wieso ließen sie ihn nicht ausreden? Er hatte doch ein Recht darauf. Mein Herz schlug doppelte so schnell. "Deswegen verurteile ich sie zu der Höchststrafe." Mein Herz setzte für einen Schlag aus. "Die Todesstrafe." Lautes Jubeln ging durch die Reihen. "Nein!" Entsetzt schrie ich auf, doch Mason hinderte mich daran aufzustehen. "Es ist vorbei, Avery. Elijah wird sterben." Heiße Tränen liefen meine Wangen hinab. "Wie kannst du so etwas nur sagen? Elijah ist dein Freund!"

Elijah wurde von seinem Stuhl gezerrt. Sein Blick fiel auf mich, während ich versuchte mich verzweifelt aus Masons Griff zu befreien. Meine Schreie ähnelten diesen, als sie ihn das erste Mal verhaftet hatten, nur das sie sich dieses Mal viel schmerzhafter anhören mussten. Ich schrie um mein Leben. Nein, ich schrie um Elijahs Leben.

Mit nassen Wangen schreckte ich hoch. Ich fasste mir an das wie wild klopfende Herz. Es war nur ein Traum. Nur ein Traum. Hastig griff ich nach dem Zettel. Lisa wollte mich sehen? Dann sollte sie mich sehen.

Ich hatte heute meine erste mündliche Prüfung in Englisch und bin froh, dass ich jetzt endlich wieder mehr Zeit zum Schreiben haben werde!🤓
Deswegen heute nur ein etwas kürzeres Kapitel.

Michelle💕

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