Der Geruch von frischem Kaffee erfüllte den Raum und als ich meine Augen öffnete, um nach rechts zu sehen, erkannte ich, wer der Übeltäter war. Mason schlürfte seelenruhig an seinem, für mich immer noch widerlichem Getränk, und war fixiert auf den Laptop vor ihm.
Gedankenverloren blickte er den Bildschirm vor sich an, nur um wenige Sekunden später wieder wie ein Verrückter auf die Tasten zu hämmern. Mir war es nie möglich so schnell zu schreiben, ohne dass sich furchtbare Fehler einschlichen und meinen Aufsatz ruinierten.
Das Rascheln meiner Bettdecke musste ihn auf mich aufmerksam gemacht haben. "Guten Morgen", sagte er immer noch höchst konzentriert und schrieb weiter. Es war leider immer noch etwas seltsam, im gleichen Raum wie Mason, Jack und Brian zu schlafen. Aber so lief es hier nun mal. Wir hatten nicht genügend Platz für eigene Zimmer. Lola hatte sich aber auch noch nie beschwert, dass sie sich mit vier Jungs ein Zimmer teilen musste.
Ich konnte mir allerdings vorstellen, dass Jack, Mason, Brian und Elijah wie Brüder für sie waren. Sie hatte alle unter Kontrolle. Selbst Mason hatte Respekt vor ihr und wenn ich daran dachte, wie Lola im wütenden Zustand war, konnte ich auch verstehen warum.
Manchmal glaubte ich, dass nicht Brain, sondern sie der Boss war, solange Elijah im Gefängnis saß. Ich selbst hatte nicht das Gefühl, diesen Anteil der Verantwortung erhalten zu haben, den Elijah mir zugeteilt hatte. Es war unfair, wie Brian fast alles vor mir geheim hielt und so tat, als wäre es nur zu meiner Sicherheit.
Ich war auch der Boss. Jedenfalls zur Hälfte. Diese Hälfte stand mir zu. Ich konnte gut mit Kindern und hatte wohl oft genug bewiesen, dass ich auch Mumm besaß. Ich griff nach meinen Klamotten, die ich am Ende des Bettes gestapelt hatte. Meine Beine waren sowieso zu kurz, um diese in der Nacht hinunterzuschmeißen. Ich griff nach einem Shirt und einer Jeans und stand auf.
Mason ließ ich in Ruhe und verschwand im Bad. Als ich wieder in das Zimmer trat, war er noch immer in seine Arbeit vertieft. Erst als ich nach dem Geld auf der Kommode griff, schoss Masons Kopf zu mir hoch. "Wohin willst du?" Misstrauisch verengte er seine Augen zu Schlitzen.
"Ich gehe Brötchen holen. Irgendeinen besonderen Wunsch?" Ich sollte ihn nicht provozieren, aber ich wollte es. Außerdem sagte ich die Wahrheit. Vielleicht nicht die ganze Wahrheit. Ich wollte noch kurz dem alten Haus einen Besuch abstatten und die Sonne beobachten, solange sie noch nicht ganz aufgegangen war.
Das letzte Mal, als ich dort gewesen war, hatte ich ein Gefühl von Freiheit verspürt. Das gleiche Gefühl, dass ich auch immer hatte, wenn ich mit Elijah dort war. "Das ist viel zu gefährlich", widersprach er mir.
"Machst du dir jetzt etwa Sorgen um mich?" Amüsiert zog ich eine Augenbraue in die Höhe. "Das hättest du wohl gerne. Wenn sie dich erwischen, bringt mich Elijah um. Ich möchte noch ein paar Dinge erleben."
War ja klar, dass seine Antwort diese war. Auch wenn Mason und ich uns besser verstanden, hieß es nicht, dass er mich nicht noch immer nervte. Vor allem, wenn er wieder die alte Masche aufzog.
"Ich gehe." Er wollte mir das Geld aus der Hand nehmen, doch ich wich ihm aus. "Nein, ich gehe. Ich verspreche auch, dass ich mich nicht erwischen lasse und du deine Abenteuer noch erleben kannst." Mason rollte genervt die Augen und versuchte nicht erneut, mir das Geld wegzunehmen.
"Wenn du erwischt wirst, komme ich dich nicht retten." Mahnend zeigte er mit dem Finger auf mich und tippte weiter. Das war noch mal gut ausgegangen.
Die frische Luft war alles andere als angenehm, und ich war froh, mir doch noch eine Jacke geschnappt zu haben. Ich schob das Brillengestellt auf meiner Nase hoch und fuhr durch mein leicht zerzaustes Haar. Wind war wirklich nicht das, was meine Haare glücklich machte. Schon gar nicht, nachdem ich sie gefärbt hatte.
Ich vermisste meine braune Mähne langsam. Das blond war einfach nicht ich. Das bekannte Geräusch von Spraydosen, war der Grund dafür, dass ich stehen blieb. Als ich sah, wer dort die Wände mit Graffiti schmückte, wäre mir beinahe der Mund aufgeklappt.
Cole hatte sich die Kapuze über den Kopf gezogen, aber ich wusste genau, dass er sich darunter versteckte. Ich musste hier weg. Und schon bereute ich es, nicht auf Mason gehört zu haben. Mit hastigen Schritten lief ich an ihm vorbei. Nervös biss ich mir auf die Unterlippe und strich mir das Haar weiter in das Gesicht.
"Avery." Geschockt blieb ich starr stehen. Ich hatte Cole den Rücken zugewandt und war schon mindestens einen Meter von ihm entfernt. Wie hatte er mich erkannt? Auch wenn mein Kopf mir sagte, ich sollte rennen, tat ich genau das Gegenteil. Ich drehte mich zu ihm um. Ich konnte diese unfassbare Wut in mir spüren. Er war auch daran schuld, dass Elijah im Gefängnis saß.
"Was für eine Überraschung." Beinahe schon spöttisch hörte er sich an, als er sich die Kapuze vom Kopf zog. Sein Grinsen sah unheimlich aus, doch es verschreckte mich nicht. "Wie hast du mich erkannt?" Ich hatte die Zähne aufeinandergebissen und gerade meine Tarnung verraten. Lola hätte mir dafür einen Schlag auf den Hinterkopf verpasst.
Ich hatte dem größten Feind soeben verraten, dass ich es wirklich war. Auch wenn er es sowieso schon wusste, fühlte ich mich nicht wohl bei der Sache. Immerhin hatte er mit meinem Vater zusammengearbeitet und könnte ihm verraten, wie ich wirklich aussah. Umso besser, dass wir morgen in das neue Haus zogen.
"Du siehst zwar anders aus, aber ich bin nicht blöd. Du hast dich ganz schön verändert." Er musterte mich und ich fühlte mich schrecklich unwohl dabei. Ich verabscheute ihn so sehr. Es wurde mir bei jeder weiteren Sekunde, die ich in seiner Nähe verbrachte, bewusst.
Ich wollte ihn schlagen dafür, dass er Elijah verraten hatte, doch ich wusste, dass ich keine Chance gegen ihn hatte. Wer wusste schon, ob er wieder eine Pistole mit ihm Gepäck hatte. "Das blond steht dir." Seine Komplimente regten nur Ekel in meinem Körper aus. Ich wollte mich einfach nur noch umdrehen und verschwinden.
"Irgendetwas brennt dir doch auf der Zunge, Avery. Na los, frag mich", forderte er mich auf. Er hatte recht. Natürlich hatte er recht. "Wieso hast du Elijah an die Polizei übergeben und wie bist du an meinen Vater herangekommen?"
Ich erwartete nicht wirklich, dass er mir antwortete. "Ich kann deinen tollen Freund nicht ausstehen und er weiß genau warum. Ich frage mich, warum er nicht damit gerechnet hat, dass ich ihn ausliefere." Cole lachte auf und ich verkrampfte mich.
"Das war noch gar nichts und ich bin noch lange nicht fertig mit ihm." Ich erschauderte, als ich die Wut in seinen Augen sah. Er verwirrte mich. "Was hat Elijah getan? Man hasst einen Menschen nicht ohne Grund."
"Frage ihn, aber er hat anscheinend nicht genügend Vertrauen in dich." Seine Worte trafen mich. Elijah hatte Vertrauen in mich. Nicht ohne Grund hatte er mich in seine Welt geführt. "Ich glaube, ich muss gar nicht mehr viel nachhelfen." Sein spöttisches Grinsen war zurück. Der Gedanke an Elijah im Gefängnis, gefiel ihm. Ich musste herausfinden, was zwischen den beiden vorgefallen war.
"Was meinst du damit?" Er schüttelte die Dose in seiner Hand. "Du weißt es nicht? Dein Vater und der von Lucy haben sich zusammengeschlossen. Sie werden dich finden und dann dafür sorgen, dass Elijah die Höchststrafe bekommt." Ich musste schlucken. Er log. Das konnte nicht wahr sein. Mein Vater und er von Lucy? Unmöglich. Oder etwa doch nicht?
"Du lügst!" Cole fing an zu sprühen. "Wenn du meinst." Er schwang noch einmal die Dose, packte sie in die Tasche und warf sich diese über die Schulter, ehe er mich alleine ließ.
Ich schluckte. Das Wort zierte beinahe die halbe Wand. Revenge. Er wollte sich an Elijah rächen und ich hatte keine Ahnung, wie ich es verhindern sollte.
☆
Hey! Nach mehr als einer Woche bin ich zurück.
Leider habe ich es nicht früher geschafft ein Kapitel hochzuladen.Q: Was denkt ihr hat Cole vor?
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Prisoned Monster
Mystery / Thriller[Band 2] Elijah ist fort. Sie haben ihn weggesperrt. Ihn als Entführer abgestempelt und so schnell, wollen sie ihn auch nicht mehr gehen lassen. Avery ist überfordert. Während sie immer noch versucht ihren Vater los zu werden und ganz plötzlich auc...