Kapitel 23

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Elijah

Wie in Trance, wanderte ich durch das Haus. Mein Haus. Das Hämmern an der Tür wurde lauter und die Schreie der Polizisten wirkten wie gedämpft. Olivia, die ich auf dem Arm trug, klammerte sich an meine Schulter und ich verstärkte den Griff um Averys Taille, die zu meiner rechten stand. Brians Mund bewegte sich. Er schrie mir etwas zu, doch kein Ton verließ seinen Mund.

Lolas Wangen waren nass und Jack und Mason standen wie in einer Art Schockstarre hinter den restlichen Kindern. Die Tür sprang auf und Männer in Uniform stürmten auf uns zu. Einer der Männer griff nach Olivia und versuchte mit aller Kraft, sie aus meinen Armen zu reißen. Die blanke Panik brach in mir aus. Ich fluchte, schrie den Polizisten an, doch er hörte mich nicht. Ich selbst hörte mich nicht. Ich hatte meine Stimme verloren.

Urplötzlich sah ich Lucys Vater, Tylers Mutter. Alle Eltern traten ein und trugen ein siegessicheres Grinsen auf den Lippen. Mein Verstand setzte ein, doch es war schon zu spät. Der Mann hatte Olivia bereits fest im Griff und übergab sie ihrem drogenabhängigen Vater. Ich versuchte einen Schritt nach vorne zu machen, meine Hand nach den Kindern auszustrecken, die alle samt an ihre gewalttätigen Eltern übergeben wurden, doch ich lief geradewegs gegen eine unsichtbare Wand, die mir den Weg versperrte. Ich hämmerte, ich schlug mit geballter Faust dagegen, doch so sehr ich auch die Barriere zwischen uns durchtrennen wollte, die Wand gab nicht nach.

Eine schmale Hand griff nach meinem Arm und ich riss erschrocken die Augen auf, als einer der Polizisten Avery zu ihrem Vater schleifte. Ich machte einen Satz nach vorne und griff nach ihrer Taille, doch so sehr ich auch an ihr zerrte, der Polizist war stärker. Ihre flehenden Augen, versetzten mir einen Stich. Ich durfte sie nicht loslassen.

Etwas Hartes traf mich in den Rücken. Ich krümmte mich vor Schmerz. Meine Arme wurden nach hinten gerissen und das kalte Metall der Handschellen, traf meine Haut. Meine Schläge und Tritte trafen den Mann hinter mir kein einziges Mal. Ausgeliefert und in einem Zustand, in dem ich nur zusehen konnte, wie meine Familie von mir fortgerissen wurde, verschwamm die Sicht vor meinen Augen.

Ich schlug die Augen auf. Ich befand mich in einem neuen Haus. Einem bekannten Haus. Averys Haus. Sie stand dort, wunderschön wie immer. Ich rief ihren Namen, doch sie bemerkte mich nicht. Ihr Vater vor ihr gestikulierte wild mit der Hand und sie schrien sich an. "Ich habe einen perfekten Mann für dich gefunden." Die Worte ihres Vaters drangen erst verspätet zu mir durch. Cole tauchte wie aus dem nichts vor mir auf und lief geradewegs auf Avery zu, die ihre Augen entsetzt aufriss.

Im nächsten Moment drückte er Avery seine schmierigen Lippen auf den Mund. Eine gewaltige Welle der Wut überkam mich. Seine Hände wanderten ihre Taille hinauf und er ignorierte ihr Versuche ihn von sich zu stoßen. Finger weg! Er sollte verdammt noch mal die Finger von ihr lassen!

Erneut trafen seine Lippen die ihre. Das war's. Ich rannte los und holte mit meiner Faust aus, doch egal was ich tat, sie traf ihn nicht. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Ich griff nach Avery. Ich versuchte es wohl eher, doch vergeblich. In der nächsten Sekunde verschwand sie wie, als wäre sie nie dort gewesen. Sie löste sich einfach in Luft auf.

Im nächsten Moment fand ich mich auf einem Stuhl wieder. Meine Hände festgebunden und ich konnte mich nicht bewegen. Erst jetzt realisierte ich, wo ich war. Ich saß auf dem elektrischen Stuhl. Zum Tode verurteilt und vorbereitet für Hinrichtung. Ich durfte nicht sterben. Avery, die Kinder, sie alle zählten auf mich. Der Schweiß tropfte mir von der Stirn. Wie ein wildgewordener, riss ich an den Seilen, die mich gefangen hielten, doch meine Ausraster zeigten keine Wirkung. Ich war ausgeliefert und nicht bereit dazu, zu sterben.

Heiße Tränen der Verzweiflung bahnten sich ihren Weg über meine Wangen. Seit acht Jahren weinte ich zum ersten Mal wieder. Die nächste Wut die sich in mir aufkeimte, war so gewaltig, dass ich laut aufschrie. Meine Handgelenke waren rot angelaufen. Gereizt von dem Seil.

Die Tür öffnet sich. Ein Mann trat ein. Ich flehte ihn an, doch er beachtete mich erst gar nicht. Stillschweigend bereitete er mich weiter vor. Verlor dabei kein Wort und nickte nur dem anderen Kerl zu, der ebenfalls den Raum berat.

Erschrocken fuhr ich hoch und saß kerzengerade auf dem Bett. Schweratmend und panisch japste ich nach Luft. Mein Herz schlug schrecklich schnell und das schweißgetränkte T-Shirt klebte an meinem Körper, als wäre ich mit meinen Klamotten baden gegangen. Meine Hand zitterte unkontrolliert, als ich mir über die schweißnasse Stirn fuhr. Mein Blick wanderte durch den Raum und erleichtert fasste ich mir an die Brust, als ich feststellte, dass ich immer noch in der gleichen, kahlen Zelle saß und nicht sterben musste. Ich war noch nie so erleichtert darüber, immer noch eingesperrt zu sein.

Avery ging es gut, den Kindern ging es gut. Allen ging es gut. Nur ich saß hier drin fest, in dem Wissen, dass mich die Todesstrafe jederzeit erwarten könnte.

Mal wieder ein Kapitel aus Elijahs Sicht. Wir wollen ihn ja nicht vernachlässigen;)
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Grace~ Lewis Capaldi

Schon fast 45k bei Tattooed Monster und fast 9k hier! Das ist der Wahnsinn!🤓

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