Kapitel 32

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Elijah

Schon zwei Tage waren vergangen, ohne dass ich ein Zeichen wahrgenommen hatte. Langsam glaubte ich, ich hatte es einfach übersehen. Es war mir kaum möglich in meiner Zelle ruhig zu sitzen, geschweige denn, etwas Schlaf zu bekommen. Meine Gedanken kreisten einfach nur um die Hoffnung, hier rauszukommen. An etwas Anderes zu denken, kam mir wie Zeitverschwendung vor.

Es war ungewöhnlich heiß, als ich raus in den Hof und somit direkt in die Sonne trat. Jared, der gerade Gewichte stemmte, hatte ein Auge auf mich geworfen. Er hoffte immer noch, dass ich mich seiner Gruppe anschloss. Von dem was Cole vorhatte, hatte er natürlich keine Ahnung. Ich selbst hatte nicht einmal eine Ahnung davon, wie Cole mich hier rausbekommen sollte. Alleine, ganz sicher nicht. Vielleicht hatte er auch eine seiner vielen Gangs, mit denen er sich rumtrieb, um Hilfe gebeten.

Es war mir völlig egal, solange er mich hier rausholte. "He, Jackson. Wie gehts Kumpel?" Jared stand auf und kam mit seinem Gefolge direkt auf mich zu. Ich konnte nur schwer für ihn hoffen, dass er nicht vorhatte, ein Wort über Avery zu verlieren. Das ging ja schon letztes Mal nicht gut für ihn aus.

"Was willst du, Jared?", knurrte ich genervt und lief einfach weiter. Ich wollte einfach nur meine Ruhe. Mir entging natürlich nicht, dass er mir hinterherlief, wie ein kleiner Sohn seinem Vater.

"Ich glaube, ich habe dir das Angebot schon oft genug gemacht."

"Und ich glaube, ich habe schon oft genug abgesagt", erwiderte ich trocken und nahm auf einer der Bänke Platz. Es machte mich nur noch nervöser, wenn er mir hinterherlief. "Ach, komm schon! Schließ dich uns an und ich besorge dir etwas, dass deine Sorgen verschwinden lässt." Das Grinsen auf seinen Lippen widerte mich an. "Nein, danke, ich verzichte auf deine Drogen, die dich aussehen lassen, als hättest du noch nie die Sonne gesehen."

Jared rastete nicht wie vermutet aus, sondern rollte nur genervt mit den Augen. Jetzt wusste er endlich, wie ich mich in seiner Gegenwart fühlte. "Verschwindet einfach." Mit meiner Hand wischte ich einmal über den Tisch, um ihm zu symbolisieren, dass er mich alleine lassen sollte.

"Deine Avery will dich doch heil zurück, oder?" Augenblicklich presste ich die Lippen aufeinander und formte meine Augen zu Schlitzen. "Siehst du den Typen dort vorne?" Jared wies auf einen Mann, der noch riesiger und breiter als ich war. Ich glaubte zu wissen, dass man ihn Knochenbrecher nannte, weil er einem Insassen nur beim Armdrücken die ganze Hand gebrochen hatte. Ich selbst hatte zum Glück noch keine Bekanntschaft mit ihm gemacht. "Der ist bestimmt ganz scharf darauf, dich in seinem Team zu haben und bei ihm kommt dein provozierendes Ego nicht so gut an, wie bei uns. Er macht kurzen Prozess. Bei uns bist du wesentlich besser dran." Jared hatte sich so weit zu mir nach vorne gebeugt, dass ich seinen widerlichen Mundgeruch riechen konnte.

"Immer noch, nein." Wenn Cole sein Versprechen hielt, konnte es nicht mehr lange dauern, bis ich hier rauskam und zur Not, würde ich sicherlich auch mit dem Knochenbrecher zurechtkommen. Nicht jeder war so stark, wie er auch wirklich aussah. Definitiv hatte ich mehr in der Birne. Und mentale Stärke war wohl ein weiterer Vorteil neben meiner körperlichen Stärke.

"Wie du willst. Du weißt ja, wo du mich findest, wenn du es dir doch anders überlegst." Deutlich angefressen, traten Jared und sein Gefolge den Rückzug an.

Als ich das nächste Mal in der Zelle eigeschlossen wurde, war es schon dunkel. Ich war schon fast in den Schlafmodus abgedriftet, als eine laute, ohrenbetäubende Sirene ertönte. Mit einem Ruck wurde meine Zelle geöffnet und ich vernahm die lauten Rufe der Wärter, die panisch nach den Häftlingen griffen. Das musste das Zeichen sein. Direkt vor meinen Augen und nicht zu überhören. Unsanft wurde ich am Arm gepackt. Der Wärter schleifte mich mit sich und als mir der Rauch in die Nase stieg, realisierte ich allmählich, was hier los war. Ein Brand.

Das Bild, das sich vor mir abspielte, kannte ich sonst nur aus Filmen. Wärter die in der Unterzahl waren, kämpften gegen die Gefangenen, die sich mit aller Macht verteidigten. Ein Gefangener stolperte gegen mich und der Wärter versuchte nach ihm zu greifen, verfehlte ihn aber kläglich. Geh weg von deinen Kumpels. Coles Worte schossen mir in den Kopf und als dann das Licht ausging, nutzte ich meine Chance. In der Dunkelheit konnte ich nur raten, wo der Wärter war, der meinen Arm immer noch umklammerte. Mit viel Kraft holte ich mit meinem Ellbogen aus und traf etwas. Ein Knacken ertönte und seine Hand ließ mich endlich los. Schnell schaffte ich Abstand zwischen uns. Flammen schlugen nun in den zweiten Stock hoch und waren das Einzige, was den sonst dunklen Raum erleuchtete.

Erneut wurde mein Arm umgriffen. Rasch holte ich aus und vernahm ein schmerzerfülltes Stöhnen neben mir. "Verdammt, Elijah! Ist das etwa dein Dank!" Es war Coles Stimme. Er war also tatsächlich hier. Die Erleichterung die in mir aufstieg, konnte er nicht erkennen. Ich entschuldigte mich nicht, sondern ließ mit ihm die Wärter und Gefangen mit schnellen Schritten zurück.

Die Flammen wurden größer. Mehrere Male stieß ich an etwas, aber das Adrenalin in meinem Körper ließ nicht zu, dass irgendetwas schmerzte. Ein Klos hatte sich in meinem Hals gebildet. "Sie werden nach mir suchen", stieß ich hervor und hustete, als ich den Rauch einatmete. "Keine Sorge, die sind so beschäftigt mit den anderen, die werden erst in einer Stunde merken, dass du überhaupt fehlst." Es fiel mir leicht, Coles Schritttempo mitzuhalten.

Ungläubig schüttelte ich den Kopf, als Cole immer genau die Richtige Abbiegung nahm. "Wie verdammt hast du das geschafft?" Es war mir ein Rätsel. "Nicht alleine jedenfalls", antwortete er knapp und deutete nach links. Erschrocken japste er nach Luft, als er die Flammen sah, die direkt vor ihm waren und zuckte zurück, als er sich am kleinen Finger verbrannte. Rasch bogen wir ab. "Du weißt doch, ich schließe mich gerne Gangs an. Früher warst du auch dabei, falls du dich noch daran erinnern kannst." Ich schluckte. An diese Zeit erinnerte ich mich nur ungern.

"Was ist mit den Männern draußen?", fragte ich und spürte wie mir bei der Hitze der Schweiß von der Stirn tropfte. Zu zweit hatten wir keine Chance. "Meine Gruppe hat alles im Griff." Cole hustete. Hoffentlich war keine Rauchvergiftung die Folge von diesem Ausbruch. "Wie viele seid ihr?" Ich konnte nicht aufhören Fragen zu stellen. Mein Herz raste wie verrückt und bei dem Gedanken an Avery, legte ich einen Zahn zu. "Zwanzig. Ich habe noch eine Gang dazu geholt." So viel Mühe nur wegen mir. Seinem Feind. "Wieso tust du das?" Er antwortete nicht, aber ich konnte mir schon vorstellen, welche riesige Gegenleistung er dafür fordern würde. Ein lauter Schrei ertönte hinter uns, doch wir blieben nicht stehen.

"Ich tue das nicht, ohne dass du einen Preis dafür bezahlen musst." Ich konnte ihm nicht ganz folgen. "Du willst es nicht hören, aber was glaubst du, wie viele Menschen heute ihr Leben lassen mussten, nur damit du freikommst." Für einen kurzen Moment vergaß ich zu atmen. Darüber hatte ich nicht nachgedacht. Unglaubliche Wut auf mich, stieg in mir hoch. Ich hatte weder an die Konsequenzen, noch an die anderen Menschen gedacht, nur, weil ich wie besessen davon gewesen war, diesen Ort endlich verlassen zu können.

Mit einem Mal packte ich Cole und drückte ihn an die Wand. "So wollte ich das aber nicht. So war es nicht geplant!", brüllte ich. "Was du willst ist mir egal. Ich habe mein Versprechen eingehalten." Er riss sich von mir los und rannte weiter. Als ich die Tür vor uns sah, setzte mein Herz für einen Schlag aus und als Cole sie öffnete und mich urplötzlich ein kalter Windhauch umgab, war es ganz um mich geschehen. Beinahe hätte ich geschrien, doch bei dem Gedanken an die vielen Verluste, wurde mir schlecht. Die frische Luft war wie der Beginn eines neuen Lebens. Ich fühlte mich frei. Seit Wochen fühlte ich mich endlich wieder frei. Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Tatsächlich war es erschreckend still. Niemand der uns aufhalten wollte. Cole verlor keine Zeit und schubste mich in Richtung eines dunkeln SUVs. Mit eigezogenem Kopf liefen wir auf den Wagen zu. Mit einem kräftigen Ruck, riss ich die Tür auf, setzte mich hinein, zog sie hinter mir zu und holte tief Luft. Ich war wirklich draußen. Cole nahm nur wenige Sekunden später neben mir Platz und fuhr sich durch das mit Ruß besetzte Haar. "Jetzt kommen wir zu meinem Gefallen, den du mir schuldest." Er grinste mir entgegen und schloss die Tür, bevor wir losrasten.

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Suprise! Das langersehnte Kapitel. Glaubt mir, auch ich wollte es endlich schreiben.🤓

Vermutungen was Cole jetzt von Elijah möchte?

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