Ich erkannte nur die Umrisse. Sie standen direkt vor uns und ich bezweifelte, dass sie unsere Silhouetten nicht erkennen konnten. Auch wenn es stockdunkel war, wurde ich das Gefühl nicht los, das der Blick meines Vaters direkt auf mir lag, als wüsste er genau, wo ich mittlerweile in der Hocke saß. Meine Füße fühlten sich an wie festgeklebt auf dem steinigen Boden unter mir. Jack neben mir, schien der Einzige von uns beiden zu sein, der handeln konnte.
Er tat genau das, was auch Elijah einige Male getan hatte. Mit einem Mal, stand Jack vor mir und ich verschwand hinter seinem Körper, wie als wäre ich nie da gewesen. "Wer ist hier?", rief er in die Dunkelheit und machte somit auf sich aufmerksam. Ich wollte ihn zurückhalten, doch langsam aber sicher verstand ich, was er vorhatte.
Auch als er keine Antwort bekam und ich aus naher Ferne nur leises Murmeln hören konnte, ließ sich Jack nicht aus der Ruhe bringen. Er atmete gleichmäßig und stand vor mir, als wäre er bereit alles zu bekämpfen und das ohne jegliches Gefühl von Angst. So selbstsicher hatte ich ihn noch nie erlebt. Was er dort gerade für mich tat, war das, was ich Familie nannte. So sehr ich mir auch wünschte, meine sentimentale Ader zurückzuschieben, konnte ich es nicht. Nicht, wenn ich dabei an meine Mutter denken musste, die für mich das Gleiche getan hätte.
"Was suchen sie hier?" Jacks Stimme ähnelte einem animalischen Knurren und ich erschauderte, weil es mich so sehr an das von Elijah erinnerte. Das laute Knurren, war zu einem seiner Markenzeichen geworden und ich konnte nicht genau sagen, wie oft er diesen Laut aus Wut von sich gegeben hatte.
"Wer sind Sie?", folgte die Stimme meines Vaters. Ich konnte die Unsicherheit darin hören. So kannte ich ihn nicht. Dabei ging es ihm wahrscheinlich wieder nur um seinen guten Ruf, den er bewahren musste. Hausfriedensbruch gehörte zu gutem Benehmen sicherlich nicht dazu. "Ich habe zuerst gefragt!" Im Gegensatz zu meinem Vater, triefte Jacks Stimme nur vor Selbstbewusstsein. Er wusste wie er sich verteidigen musste.
"Gehört das Gebäude Ihnen?" Es war Maik, der endlich die richtigen Worte fand. Zu unserem Glück, war die Dunkelheit wie eine schützende Wand, die nicht erkennen ließ, dass Jack noch viel zu jung dafür aussah, um ein solches Gebäude zu besitzen. In der nächsten Sekunde passierte etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Jack lachte lauthals los. "Sehe ich etwa so aus? Es gehört meinem Vater." Egal wie ironisch dieser Satz auch klingen mochte, er erfüllte seinen Job.
Für einen kurzen Moment blieb es still und ich merkte, wie sehr Jacks Lachen die beiden Männer verunsichert hatte. Jacks Lüge war brillant und könnte funktionieren, da sie bis auf die untere Etage – und das auch nur für ein paar Sekunden – nichts gesehen hatten. So wie ich meinen Vater kannte, würde er in der nächsten Sekunde mit einer ausdrücklichen Entschuldigung daherkommen, nur um sich aus dem Schlammassel zu befreien.
"Entschuldigen Sie. Wir wollten Sie nicht stören." Jeder andere, wäre auf diese dämliche Entschuldigung hereingefallen, doch dass er noch misstrauisch war, war nicht zu überhören. "Verschwinden Sie endlich von hier!" Zu gerne hätte ich das Gesicht meines Vaters gesehen, nachdem Jack sie von unsrem Grundstück scheuchte. Maik und mein Vater stiegen in ihr Auto. Mir war klar, dass sie spätestes Morgen zurückkommen und sich vergewissern würden, dass an der Sache hier nichts faul war, doch bis dahin, würden wir schon lange von hier verschwunden sein.
"Die Kinder", stieß ich erschrocken aus und rannte los in Richtung Wald. Es dauerte nicht lange, bis ich sie hinter einem Busch fand. Keaden versuchte vergeblich alles unter Kontrolle zu halten, doch die weinende Olivia machte es ihm nicht leicht. "Es ist vorbei", flüsterte ich immer noch, obwohl die beiden Männer schon längst verschwunden waren. Lucy war die Erste, die mir in die Arme fiel. Ich drückte sie fest an mich und schlug Keaden stolz auf die Schulter. "Das hast du super gemacht!", lobte ich ihn, doch er schien viel zu verunsichert zu sein, um etwas zu erwidern. Ich löste mich von Lucy und machte ein paar Schritte nach vorne zu Olivia, die immer noch leise weinend, auf dem kalten Boden des Waldes saß. "Es ist vorbei Olivia. Wir sind alle in Sicherheit und es wird uns nichts mehr passieren." Sie nahm meine entgegengestreckte Hand nicht an. "Ich will zu Elijah!", brachte sie schluchzend hervor und mir wurde erneut klar, wem sie sich wirklich anvertraute. Leider war dieser jemand nicht hier. "Ich weiß, Olivia, ich möchte doch auch, dass er wieder hier ist. Ehe du dich versiehst ist er wieder bei uns. Zuhause." Meine Worte bewirkten wenigstens, dass sie aufhörte zu weinen und sich von mir helfen ließ.
Alle gemeinsam kamen wir bei Jack an, der sich erleichtert eine Hand auf die Brust legte. "Ich habe Mason Bescheid gesagt. Sie kommen alle her. Geht es euch gut?" Alle bis auf Olivia nickten einstimmig. Wir warteten nicht einmal fünfzehn Minuten, als das Auto vor uns zum Stehen kam. Brian verließ, wie unter Strom, das Auto und schlug die Tür mit solch einer Wucht zu, dass Olivia neben mir zusammenzuckte. Mason der am Steuer saß, stieg wesentlich ruhiger aus, weil er nicht ahnte was wir ihm gleich erzählen würden, im Gegensatz zu Brian, der das Schlimmste befürchtete.
Mit einem Schwung öffnete sich auch die hintere Tür und Lola lief den beiden Jungs hinterher. "Was ist passiert?" Lola die direkt vor mir stand und sich durch die von dem Wind zerzausten Haare fuhr, zog fragend eine Augenbraue in die Höhe.
"Mein und-", für einen kurzen Moment war ich mir unsicher, als ich Lucy neben mir sah, ob ich es wirklich aussprechen sollte, aber irgendwann musste sie es erfahren. "Maik und mein Vater waren hier." Als ich in die Runde blickte, sah ich die vor Schock bleichen Gesichter, auf die der Scheinwerfer des Autos sein Licht warf.
"Als ich hier ankam, hat Avery versucht durch das Fenster zu fliehen." Jack blickte hoch zu dem Fenster, an dem ich vor wenigen Minuten noch gehangen hatte. Als ich erkannte, wie hoch es wirklich war, kam das Schwindelgefühl zurück. Ich hatte verdammtes Glück gehabt. Ein Ausrutscher und ich wäre geradewegs auf den kleinen Steinchen gelandet. Mit dieser Ladung hätte ich mir sicherlich nicht nur ein Bein gebrochen.
"Du bist dort runter geklettert?" Pures Entsetzen lag in Lolas Stimme. Ich konnte es ja selbst nicht glauben. "Was ist dann passiert? Haben sie dich erkannt?" Mason stand mittlerweile fast neben mir und nahm die immer noch ängstliche Olivia auf seinen Arm. Neben Elijah war er anscheinend der nächst bessere, um sie zu beruhigen.
"Sie haben uns noch im Haus überrascht. Ich habe die Kinder rausgeschickt. Mein Vater hat für einen kurzen Moment das Licht angeschaltet, aber dort war ich schon längst im zweiten Geschoss und bin anschließend aus dem Fenster geklettert. Dort bin ich dann auf Jack getroffen. Ich bin mir sicher, sie haben uns gesehen, aber in der Dunkelheit konnten sie unmöglich mehr als unsere Umrisse erkennen", erklärte ich leicht angespannt.
"Wie habt ihr sie von hier verscheucht?" Verwirrung zeichnete sich in Brians Gesicht ab. "Ich habe mich vor Avery gestellt und so getan, als gehöre das Haus meinem Vater. Als sie realisiert haben, dass sie in ein fremdes Grundstück eingebrochen waren und ich sie ordentlich angeschnauzt habe, sind sie einfach weggefahren." Ein sanftes Lächeln umspielte meine Lippen, als ich zu Jack sah und er erwiderte es.
"Jetzt lasst uns endlich von hier verschwinden!" Brian zückte sein Telefon und erledigte einen Anruf, von dem ich nicht wusste, mit wem er sprach. Mason und Jack blieben bei den Kindern, während Lola und ich das restliche Zeug in Rekordzeit zusammenpackten. Erst als Jack den letzten Koffer vor das Auto gestellt hatte, fuhr ein weiteres Auto in unsere Einfahrt. Die kurze Panik die mich ergriff, wurde schnell beseitigt. "Keine Sorge, dass ist nur Henry. Wir passen nicht alle in zwei Autos." Erleichtert atmete ich auf. Ich erinnerte mich an ihn. Er hatte Elijah damals bei meinem ersten Besuch Lucys Initialen auf den Arm tätowiert.
Wir schoben ein Kind nach dem anderen in die Autos. Sogar mit drei Autos wurde es eng und als ich mich auf den Beifahrersitz nach vorne zu Henry setzte, saß Olivia hinten auf Masons Schoß. Mit Tyler und Lucy im Auto konnte es endlich losgehen. Das würde ein lange und vor allem eine schwierige Fahrt werden.
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Ferien!!!
Ich weiß, lange ist es her. Da wir diese Woche echt viele Arbeiten geschrieben und sonstiges erledigen mussten, bin ich nicht dazu gekommen, ein Kapitel zu schreiben. Hoffentlich habe ich in den Ferien jetzt wieder mehr Zeit dazu.Question an euch: Welche Bücher lest ihr außerhalb von Wattpad?
Empty Space ~ James Arthur
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Prisoned Monster
Misteri / Thriller[Band 2] Elijah ist fort. Sie haben ihn weggesperrt. Ihn als Entführer abgestempelt und so schnell, wollen sie ihn auch nicht mehr gehen lassen. Avery ist überfordert. Während sie immer noch versucht ihren Vater los zu werden und ganz plötzlich auc...