Kapitel 40

3.2K 157 9
                                    

Elijah

Ich hielt keine Ausschau nach
Gefahren, was sich als großen Fehler entpuppte. Sobald ich aus der Fabrik raus war, begrüßten mich die vier Riesen, die wenige Minuten zuvor noch wie wild auf mich eigeprügelt hatten, mit verdutzten Mienen. Ich hörte ein kurzes Knirschen auf dem Boden und dann stürzte auch schon einer der Männer auf mich zu. Ich erwachte aus meiner Starre und sprang zur Seite, sodass er mich um ein Haar verfehlte. Ich war nicht in der Lage, mich zu verteidigen, ohne meine Verletzungen noch schlimmer zu machen.

"Wie konntest du Cole entkommen?" Ich antwortete nicht auf seine Frage, sondern starrte nur auf den Wagen, den ich wenige Meter von mir entfernt entdeckt hatte. Wenn der Schlüssel noch steckte, könnte ich abhauen, wenn nicht, wäre ich geliefert. Cole würde sicherlich nicht rauskommen, um sie aufzuhalten. Er konnte mich vielleicht nicht ausschalten, aber wenn es seine Männer taten, traf ihn nicht allein die Schuld.

Verflucht! Ich hatte keine Zeit mir über Risiken Gedanken zu machen. Coles Komplize war wahrscheinlich schon auf dem Weg zu meiner Familie und der Gedanke ließ mich nicht los, dass irgendjemand aus meinem Team ein Verräter sein musste.

Wie sonst sollte Coles Komplize von der Hütte wissen? Eigentlich kannte sie ja nur Jack. Nein, das konnte nicht sein. Jack konnte es einfach nicht sein. Er hatte keinen Grund mich derart zu hintergehen. Ich schüttelte den Gedanken beiseite und fixierte wieder das glänzend schwarze Auto. Niemand der Dummköpfe schien zu erahnen, was ich vorhatte. Viel zu groß war ihr Verlangen danach, mich für immer ruhig zu stellen.

"Wusste ich doch, dass Cole zu feige sein wird." Einer der Männer lachte bitter auf. Cole hätte es getan, ich war mir sicher, wenn nicht noch immer etwas in ihm stecken würde, dass vor dem Tod seiner Schwester existiert hatte. Wenn er sie nicht immer noch lieben würde. Die Qual in seinen Augen, wie sehr er sich gewünscht hatte einfach abdrücken zu können, aber der Gedanke an seine Schwester, und er wusste, dass sie es nicht gewollt hätte, ließ ihn nicht los. Vielleicht auch, weil er endlich verstanden hatte, dass es nicht alles meine Schuld war. Das ich nicht ihr eigentlicher Mörder war.

Er hasste sich selbst viel mehr als mich. Er konnte sich selbst nie verzeihen, genau deshalb war er abgestürzt und ich Dummkopf hatte es nie gesehen. Ich hatte es nicht gesehen, dass ich das alles hier hätte vielleicht verhindern können. "Aber uns entkommst du nicht!" Ich wurde an der Kehle gepackt und verlor das Gleichgewicht. Der Mann war bei meinem Gewicht nicht stark genug, um mich anzuheben, aber da ich geschwächt war, reichte es aus, um mich gegen die Wand zu drücken. Verzweifelt sehnte ich mich nach der Luft, die sonst durch meine Lungen strömte. Er würde mich erwürgen. Ich zerrte an seinen Händen, doch die schwarzen Punkte die vor meinen Augen tanzten, schwächten mich. "Ich werde dich umbringen!" Er spuckte mir ins Gesicht und ich konnte nicht erahnen, warum er mich so gerne tot sehen wollte. Ich kannte ihn nicht, doch in seinen Augen glänzte das Vergnügen. Er tat es einfach nur aus Spaß.

Ich durfte nicht zulassen, dass er mich tötete, nicht, solange ich die anderen nicht gewarnt hatte. Überraschenderweise ließ er für einen kurzen Moment locker und ich sank auf die Knie, als er seine Hände endlich vollständig von meinem Hals nahm. Nach immer röchelnd atmete ich hastig ein und aus und spürte wie mich das Gefühl des Lebens wieder durchflutete.

In meinem Augenwinkel sah ich die bunte Wand neben mir. Natürlich hatte Cole auch diese besprüht. Die rote Farbe, die mir besonders ins Auge stach, war für einen Namen verwendet worden. Ich sah den ersten Buchstaben und konnte nicht mehr stillhalten. Für einen Moment lang ignorierte ich das gehässige Lachen vor mir. Ich stützte mich auf den Armen ab und drehte meinen Körper ein Stück nach rechts, sodass ich den Namen vollständig lesen konnte. Nicht nur der Schock, sondern auch die Erkenntnis traf mich wie der Blitz. Die Luft, die gerade erst wieder durch meine Lungen strömte, war wieder fort und ich schlug mit der flachen Hand gegen die Wand. Wieso war ich nicht früher darauf gekommen? Plötzlich wurde mir alles klar. Wie hatte ich es nie sehen können? Wie hatte ich es immer herunterspielen können? Wie verdammt hatte ich so ein Narr sein können? Ich wollte mich selbst ohrfeigen. Ich wollte es nicht glauben, einen Ausweg in meinem Kopf finden, warum der Name dort stand. Der Name von einer Person, der ich so sehr vertraut hatte. Doch ich fand keinen. Ich war blind gewesen und hatte meine Familie in Gefahr gebracht.

Unantastbare Wut keimte sich in mir auf. Der Riese kam wieder auf mich zu, um in die zweite Runde überzugehen, doch ich griff wie ein Verrückter nach der Wut in mir und verwandelte sie in Überlebenskraft. Mein Knie schellte hervor und traf ihn mitten in die Magengrube. Er krümmte sich und fluchte auf. Ich nutzte die Erschrockenheit der anderen und sprintete los zum Fahrzeug.

Ich hörte die Schreie hinter mir, doch ich war schon am Wagen angekommen, stieß mit voller Wucht die Tür auf und sprang auf den Sitz. Jackpot! Der Schlüssel steckte noch. Die Männer waren beinahe am Auto angekommen. Blitzschnell drehte ich den Schlüssel und startete den Motor. Mein Arm schmerzte, als ich mich an das Lenkrad klammerte und einfach losfuhr, keine Gnade auf Verluste. Ich hörte Flüche, die ich noch nie jemanden hatte aussprechen hören und die Männer sprangen beiseite als ich drohte, sie allesamt zu überfahren. Ich hatte keine Zeit um zu Jubeln. Der erste Schuss ertönte und ich duckte mich, während ich spürte, wie sich die Kugeln in den Wagen bohrten.

Bloß keine Kugel abbekommen. Sie rannten mir nach und ich drückte aufs Gas. Das hintere Fenster zersprang und die Schüsse hörten erst auf, als ich außer Sichtweite war. Ich traute mich nicht, langsamer zu fahren, sie würden mir schneller nachkommen, als ich sie abhängen könnte.

Etwas auf meinem Beifahrersitz lenkte mich ab und ich realisierte erst, dass es ein Handy war, so alt, dass ich es noch aus meiner Jugend kannte, als ich vor Schreck doch anhielt. Ich fuhr sofort weiter und griff danach. Es musste einem der Männer gehören. Innerlich machte mein Herz Luftsprünge, als ich sah, dass es noch Akku hatte. Ich zögerte nicht lange, sondern wählte sofort die Nummer, die ich schon tausendmal angerufen hatte.

Prisoned Monster Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt