24 | braves mädchen

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⏯: Capital Bra-Darby

"Jaa?"
Ich nehme mein Handy entgegen und gähne laut.
Tatsächlich war es Zoey die mich anrief.
"Hey, ich bins. Wollen wir uns gleich treffen? Einfach chillen, wir müssen noch die letzte Staffel Grey's Anatomy zu Ende gucken..."
Ich lasse mich hörbar lustlos auf Capi drauffallen.
"Nee kann nicht"
Lalle ich und Capi kichert, ich gebe ihm ein Zeichen das er die Klappe halten soll.
"Was, warum nicht?"
Fragt Zoey überrascht, als ob sie es nicht fassen könne dass ich auch mal was unternehme und nicht immer für sie Zeit habe.
"Bin unterwegs"
Nuschel ich und habe Mühe mich zu konzentrieren. Oh Gott, mein Kopf dröhnt so stark.
"Layla, ist was mit dir?"
Fragt Zoey nun mit einem besorgten Unterton. Ich muss wieder breit grinsen.
"Nöö, mir gehts gut. Mega gut, mir ging's noch nie so gut!"
Capi unterdrückt sich nur mit viel Mühe laut loszulachen und mir geht's nicht anders.
"Layla?"
Fragt Zoey nun eine Spur lauter.
"Wir können nachher weiter reden, ciaooo"
Ich lege auf, lasse mein Handy auf den Teppich fallen und lache laut los.
Auf einmal erklingt aus der Küche ein lautes Zischen und Blubbern. Capi schaut hoch.
Über den Herd läuft kochend heißes Wasser aus dem Topf heraus und verteilt sich über den Boden.
"Fuck, die Nudeln!"
Zischt er und springt auf.

Völlig durchgenommen und mit leichtem Schwindel schließe ich die Haustür auf und hoffe innig dass meine Eltern schon schlafen.
Ich fasse mir an die Schläfe und gähne.
"Salam, Layla"
Meine Mutter kommt mir in ihrem Morgenmantel entgegen. Natürlich. Sie musste ausgerechnet heute noch wach sein.
"Spinnst du komplett? Wir haben 1 Uhr morgens! Weisst du wie gefährlich es ist in unserem Viertel nachts mit der U-Bahn zu fahren?!"
Faucht sie mich an.
Ich bin viel zu benebelt um richtig reagieren zu können, stattdessen nuschel ich irgendwas vor mich hin was so viel wie "Tschulligung" heissen soll.
Ich gehe an ihr vorbei und muss unbedingt irgendwas essen. Am besten Chips. Oder doch Cornflakes?
Vielleicht Nutella.
Direkt aus dem Glas.
"Du kannst froh sein, dass dein Vater Nachtschicht hat! Der würde jetzt ganz anders reagieren..."
Ruft sie mir zu.
"Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?!"
Sie packt mich wütend an meinem Arm und ich muss ihr nun gezwungenermaßen mitten in die Augen starren.
Sie mustert mich mit einem Blick der eine Mischung aus Sorge und Wut ist.
"Zwing mich nicht dir jetzt eine zu verpassen!"
Ich habe die Augen halb geöffnet und es scheint als würde ihre Stimme schallen. Wie ein Echo.
Als befänden wir uns in einer riesigen Halle.
Ich kann nichts sagen, es ist als wären alle Muskeln in meiner Zunge eingeschlafen.
"Antworte mir gefälligst!"
Mein Blick schweift durch den Flur.
Zainab schaut aus ihrem Zimmer heraus und betrachtet das Ganze mit ernster Miene.
Natürlich kann sie sich denken wo ich war.
"Hast du irgendwas genommen?"
Fragt meine Mutter mit leise bebender Stimme.
Auch wenn ich darauf jetzt mit "Ja" antworten würde, würde sie mir es nicht abkaufen.
Oder es verdrängen wollen.
Ich war doch immer ihr braves Mädchen.
Vielleicht nicht gerade die erfolgreiche Vorzeigetochter aber immer die, die Klappe gehalten hat.
"Quatsch, ich bin nur müde"
Nuschel ich und ich sehe wie Zainab fassungslos den Kopf schüttelt und in ihr Zimmer zurückgeht.
Ach, die kleine Zicke soll hier mal am wenigsten aufmucken.
Wenn Mama wüsste was sie alles heimlich macht, wäre sie schon längst nach Marokko verfrachtet worden.
"Schäm dich, geh in dein Zimmer. Ich will nix mehr von dir hören"
Schweigend greife ich mir eine Tüte Chips aus dem Regal und schwanke in mein Zimmer.
Ich lasse mich aufs Bett fallen, es ist so schön weich.
Ich schließe die Augen, starre dann aber anschließend auf mein weißes Ikea Regal.
Abgenutzte Make-Up Produkte, leere Nike Schuhkartons die sich wie Trophäen nebeneinander anreihen, alte Kuscheltiere und zwei Bilderrahmen mit Fotos von Zoey, Emre, Leo, Betül und mir drin.
Ich muss grinsen.
Am liebsten würde ich den Bilderrahmen gegen die Wand werfen, aber bin letzendlich viel zu schwach dafür und beschließe liegenzubleiben.
Ich will einfach nur schlafen.
Ich denke nach.
Bin ich überhaupt noch das brave Mädchen?
War das was ich jetzt bin, nicht irgendwie immer das Leben was ich wollte?
Zummindest irgendwie.

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