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⏯: Meek Mill- Dreams and Nightmares

Zoey und ich sind seit der Grundschule beste Freundinnen.
In der ersten Klasse fanden wir uns gegenseitig noch total doof und komisch, ab der zweiten haben wir jedoch jeden Tag gemeinsam verbracht.
Haben mit unseren Barbies abgefuckte Storys gespielt, sind mit Fahrrädern bis es dunkel wurde draußen rumgefahren und haben heimlich Süßigkeiten vom Späti mitgehen lassen.
Als wir aufs Gymi gekommen sind haben wir uns etwas auseinander gelebt, sie hatte so eine komische Assi Beste Freundin die sie auf so krasse Partys geschleust hat und so.
Aber irgendwie haben wir wieder zueinander gefunden.
Immer wieder.
Ohne konnten wir nie.
Ich war eine Zeit lang wirklich abhängig von ihr, habe getan was sie wollte. Desto älter ich wurde, desto selbstständiger wurde ich Gott sei dank.
Ändert jedoch nix daran, dass wir zusammengehörten.
Klar hatten wir auch andere Freunde, keine Frage, aber sie war immer da.
Sie hat mir beim Lernen geholfen, mich in meiner unschönen Zeit unterstützt und mit mir bis tief in die Nacht telefoniert.
Da waren sich alle einig.
Layla und Zoey.
Die sind doch wie Schwestern.
Keiner kriegt die auseinander.
Ich war für sie da, sie für mich.
Jederzeit.
Ja, wie Schwestern eben.

Tränenüberströmt sitze ich wie der letzte Penner auf dem Bordstein, es ist arschkalt.
Winter eben.
Neben mir eine Flasche Billigwein, für härteres Zeug hat mein Geld nicht gereicht.
Wie gern würde ich jetzt nochmal das High von letztens im Hotel haben, diese Scheiss Egal Einstellung.
Einfach fliegen können.
Weg von hier.
Weg von meinen Gedanken.
Ich frage mich ob es stimmt.
Ob er sie wirklich geküsst hat.
Ist das gerade alles echt passiert?
Das mit Zoey?
Ist das die Wirklichkeit?
Ich trinke mit verzogenem Gesicht den Wein, kippe ihn mir förmlich den Hals runter.
Auch wenns eklig schmeckt.
Alles dreht sich,
ich muss noch mehr heulen.
Ich habe das Gefühl ich drehe komplett durch, raufe mir die Haare und hoffe innig dass mich keiner hier sieht.
Natürlich weiss ich dass man wenn man eh schon traurig ist, nicht trinken soll.
Aber ich brauchte irgendwas.
Irgendwas, was mich fliegen lässt.
Mehr oder weniger.
Ich kippe nach hinten,
bin zu schwach um gerade aufzusitzen.
Der Himmel ist klar, überall sind kleine Sterne.
Oder bilde ich mir das nur ein?
Wann habe ich das letzte Mal einen so klaren Sternenhimmel gesehen?
Früher vielleicht.
Als ich klein war habe ich mit meiner Mutter in Marokko auf der Dachterasse gesessen, die einzelnen Sternenbilder gedeutet und mir vorgestellt dass auf jedem Stern eine eigene Welt ist auf der irgendwelche kleinen Menschen leben die genau das selbe wie wir gerade tun.
Und wir werden niemals auf sie treffen.
Und sie nicht auf uns.
Ein Sternenbild ist mir besonders aufgefallen.
Es ist heute noch so, dass immer wenn ich aus dem Fenster nachts gucke mir dieses eine Bild sofort ins Auge springt welches aussieht wie ein Pfeil.
Gerade auch.
Natürlich.
"Layla!"
Höre ich eine dumpfe Stimme.
Um mich herum Schritte, Leute.
Stimmengwewirr.
"Oh Gott!"
Ich werde hochgehievt und gestützt, ich erkenne nicht von wem.
Menschen reden durcheinander.
Ich bin zu schwach um meinen Kopf hochzuhalten.
Ich erkenne von der Seite nur Zainabs unverwechselbare Lockenmähne.
Ihre Kumpels tragen mich bestimmt.
Nach einer kurzen Zeit sind wir in unserem Treppenhaus, die Haustür geht auf.
Ich stöhne gequält.
"Keine Sorge, Mama und Baba sind bei wem eingeladen"
Höre ich wieder Zainabs Stimme.
Ich lasse mich erschöpft auf mein weiches Bett fallen.
Zainab setzt sich neben mich, streicht mir die Haare aus dem Gesicht. Sagt nichts.
Sie fragt sich wahrscheinlich wie es jemals so weit kommen konnte dass wir unsere Rollen tauschen und sie mich besoffen nachts nachhause zerrt.
Ich sage auch nichts,
ich bin viel zu blau um überhaupt klar denken zu können.
Dann kuschelt sie sich neben mich, greift nach meiner kalten Hand.
"Was ist nur los mit dir"
Höre ich sie wimmernd sagen.
Ich wünschte ich hätte eine Antwort.

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