47 | sunrises

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⏯: David Guetta-What I did for Love

Die Sonne geht auf.
Der Himmel ist in ein sattes Violett getaucht,
es ist arschkalt.
Kleine Atemwölkchen kommen aus meinem Mund,
ich trage über meinem kurzen Kleid nur eine dünne Lederjacke.
Normalerweise müsste ich frieren.
Tue ich irgendwie nicht.
Ich stelle mich auf die menschenleere Straße und schließe kurz die Augen.
Nach dieser ätzenden Nacht ist es eine regelrechte Erholung die klare Winterluft einzuatmen und zu beobachten wie langsam ein neuer Tag beginnt.
Ok das hört sich echt kitschig an, aber genau das dachte ich in dem Moment.
"Was machst du da?"
Ruft Capi.
Er steht auf der anderen Seite an seinem neuen Mercedes, den er sich die Tage zugelegt hat.
"Nichts, schon gut"
Ich lächel und laufe zu ihm rüber.
Wir fahren still schweigend nachhause,
sind zu müde um zu reden.
Ich penne im Auto fast schon ein.
Mit letzter Kraft schleppen wir uns durch das Treppenhaus,
schließen die Haustür auf und werfen erschöpft unsere Sachen in eine Ecke.
Die Wohnung wird von dem Licht des Sonnenaufgangs durchflutet,
das ganze Chaos im Wohnzimmer wirkt auf einmal irgendwie schön.
Er nimmt meine Hand und zieht mich ins Schlafzimmer,
wir lassen uns auf das weiche Bett fallen.
Er seufzt erleichtert auf.
Ich lege mich auf seine Brust und schaue aus dem Fenster,
mitten in die Sonne die sich langsam über den Dächern erhebt.
"Eh, Layla"
Raunt Capi mir leise zu.
Ich schaue zu ihm auf.
"Du hast wahrscheinlich nix dagegen dass wir nächste Woche für vier Tage nach Paris fliegen, oder?"
Ich reisse meine Augen auf,
meine Kinnlade fällt herunter.
"Du meinst wir zwei...du...was"
Er grinst breit.
"Ich weiss Paris ist übel Klischee und so, schon klar, aber ich dachte mir du freust dich drüber. Hab gestern alles gebucht."
Das ist doch jetzt nicht sein Ernst?
Das kann doch nur ein Traum sein.
Ich falle ihm regelrecht um den Hals,
quietsche auf und lasse ihn nicht los.
"Fuck...du liegst auf meinem Arm...hahah"
Er lacht und ich lasse ihn los.
"Ich weiss gar nicht was ich sagen soll..."
Stammel ich und er lächelt etwas verlegen.
Dann drückt er mich zu ihm runter,
und küsst mich.

Als ich aufwache sind die Jalousien runtergezogen und alles ist dunkel.
Etwas mürrisch taste ich neben mich,
Capi liegt nicht mehr neben mir.
Ich höre jedoch seine Stimme aus dem Wohnzimmer heraus,
er lacht laut und redet mit jemandem.
Ich höre Kinderstimmen.
Ich gähne müde,
strecke mich und stehe auf.
Ziehe die Jalousien hoch,
der wunderschöne Sonnenuntergang von heute Morgen wurde gegen dicke Schneeflocken eingetauscht.
Alles ist eingeschneit,
begeistert schaue ich heraus.
Ich liebe Schnee.
Ich gähne erneut als ich die Tür aufmache und ins Wohnzimmer hereintrete.
Capi sitzt dort mit Anis (Bushido) an dem kleinen Couchtisch. Auf diesem liegen wild zerstreute Steuererklärungen, gelbe Briefe und anderes geschäftliches Zeug.
Die zwei treffen sich einmal im Monat immer damit Anis ihm dabei helfen kann, Capi ist zu verpeilt dafür.
Im Hintergrund läuft der Fernseher,
Spongebob.
Anis' Kinder stehen jedoch alle wie gebannt vor dem großen Fenster und betrachten begeistert den Schnee.
"Na, gut geschlafen?"
Begrüßt mich Anis grinsend.
Ich lächel.
"Ja, und wie"
Ich fülle mir ein leeres Glas mit kaltem Wasser auf und schaue in den Kühlschrank.
"Wollt ihr was essen?"
Frage ich die Jungs.
Beide winken ab.
"Anis hat eben Spaghetti gekocht, haben dir was davon in die Mikrowelle gestellt. Kannst dir das warmmachen wenn du willst"
Sagt Capi.
Er liegt entspannt auf der Couch,
ein Bein über die Rückenlehne gelegt während Anis konzentriert seinen Papierkram bearbeitet.
"Papa, können wir bitte rausgehen?"
"Jaa ich will eine Schneeballschlacht machen!"
Zwei von den kleinen Kindern klammern sich an Anis,
die anderen drücken ihre Nasen an dem Fenster platt.
Anis schaut etwas verzweifelt.
"Hört mal, ich muss hier Onkel Vladi bei seinem wichtigen Zeug helfen, wollt ihr nicht weiter Spongebob gucken?"
Ich muss kichern.
Onkel Vladi, süß.
"Neiin, wir wollen raus!"
"Bitte Papa, bitte bitte bitte!"
Capi kichert.
"Layla und ich gehen mit euch raus, los zieht euch an"
Sagt er entschlossen und setzt sich auf.
Die Kleinen umarmen ihn jubelnd und ich muss breit grinsen.
"Ich hab doch gar nix warmes zum Anziehen"
Sage ich.
"Ach ich geb dir was von mir, alles gut"
Sagt Capi.
In der selben Sekunde klingelt mein Handy.
Zainab,
ich nehme natürlich sofort an.
Was ich im Nachhinein bitterlich bereuen sollte.
Ich hätte niemals rangehen sollen,
niemals.
Denn innerhalb einer Sekunde war es als fiel alles wie ein Scherbenhaufen zusammen.
"Layla, du musst sofort nachhause kommen"
Zainabs Stimme zittert.
Mein Herz fängt an zu schlagen.
"Oh Gott ist was passiert? Gehts dir gut?"
"Ja, mir gehts gut...aber...Mama und Baba..."
Sagt sie leise.
Ich halte meinen Atem inne.
"Sie wissen alles"

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