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⏯: Pham-Movements

Wir sitzen alle wie jeden Abend alle zusammen an dem großen, runden Holztisch.
In der Mitte ein gemeinsamer Teller, gefüllt mit Hähnchen und Couscous.
Im Hintergrund läuft irgendeine von den albernen, marokkanischen Dramaserien im Fernseher.
Meine Tanten versuchen beim Essen gleichzeitig nichts davon zu verpassen.
Ich habe heute kaum Hunger.
Warum genau weiß ich nicht genau.
"Iss was, Kind, du bist ohnehin schon so dürr"
Meine Oma schiebt den großen Teller mehr in meine Richtung,
ich nicke ihr dankend zu.
Salma, meine 16 jährige Cousine, sitzt neben mir und wirft mir einen Seitenblick zu.
"Kommst du gleich mit raus?"
Fragt sie mich.
Ich bin mir zuerst nicht sicher,
bin ziemlich müde und irgendwie fühle ich mich komisch.
Aber ich nicke wieder,
einfach so.
"Nehmt aber Younes mit, es ist gefährlich draußen"
Knurrt Yousra, die schräg gegenüber von uns sitzt.
Younes ist einer meiner unzähligen Cousins und glaube ich so alt wie ich.
Er rollt genervt die Augen,
wir kichern.

Draußen hat es etwas abgekühlt,
schließlich ist es schon lange dunkel.
Unter unseren Füßen ist der sandige Bürgersteig, überall einzelne Schlaglöcher.
An uns rauschen einige klapprige Taxis vorbei,
desto mehr wir Richtung Innenstadt gehen und das Wohngebiet verlassen, desto mehr ist los.
Hohe Palmen an den Straßenrändern,
überall Cafés vor denen rauchende Männer an kleinen, runden Tischen hocken und Tee trinken.
An uns laufen Familien vorbei,
Jugendliche,
irgendwo hört man laute Musik.
Hier schläft die Stadt nie.
Kurz erinnert mich es an Berlin.
Aber nur kurz.
Neben einem kleinen McDonalds stehen einige Freunde von Younes und Salma,
wir umarmen uns kurz zur Begrüßung.
Ein paar rauchen heimlich,
ein paar andere stehen nur zusammen und haben einfach Spaß.
Hier ist ein komplett anderer Vibe, hab ich das Gefühl.
Viel entspannter,
positiver.
Gleichzeitig haben die Jugendlichen hier eine komplett andere Mentalität als die in Deutschland.
Jeder hier hat strenge, religiöse Eltern die keine Ausnahmen kennen.
Islam und Tradition sind überall präsent.
Dafür ist der Reiz nach dem Verbotenen umso größer,
das habe ich die letzten Monate sehr gemerkt.
Ayoub, einer von den Leuten hier, kommt aus dem Laden geschlurft,
in seiner Hand zwei Papiertüten mit Burgern und Nuggets.
"Wer will, wer hat noch nicht"
Ich greife mir einen Cheeseburger aus der Tüte und setze mich neben Salma.
Sie hat bis sie elf war auch in Berlin gewohnt, von daher versteht sie meine etwas andere Lebensweise noch relativ gut.
Sie glaubt nicht an Gott,
das darf aber außer mir keiner wissen.
Meine Familie versteht wenns um sowas geht keinen Spaß,
generell würde sie hier keiner so richtig nachvollziehen können.
Wie schon gesagt,
Religion ist hier ständig ein großes Thema.
Deswegen fastet sie zum Beispiel wenn Ramadan ist auch immer brav mit.
Sie trägt sogar Hijab,
alles nur damit bloß keiner Verdacht schöpft.
Ich sehe das Ganze noch etwas anders.
Bezeichne mich immer noch als Muslima.
Das "immer noch" sage ich nur, weil ich wahrscheinlich die schlechteste von allen bin.
Weil ich schwach bin,
und es auch immer bleiben werde.

Weil ich schwach bin,und es auch immer bleiben werde

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