You're a little late, I'm already torn

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Abby:

“I'm all out of faith, this is how I feel
I'm cold and I am shamed lying naked on the floor
Illusion never changed into something real
I'm wide awake and I can see the perfect sky is torn
You're a little late, I'm already torn” (Natalie Imbruglia- Torn)

Er liebt mich nicht mehr.

Diese einfache Feststellung schnürt mir die Kehle so eng zu, dass ich keine Luft mehr bekomme. Ich bin wie ein Fisch, der auf dem Land gestrandet ist und hektisch nach Luft schnappt. Vollkommen bewusst darüber, dass es seine letzten Atemzüge sind...

Erst hat Harry nicht auf meine Frage geantwortet, als ich ihn gefragt habe, ob er mich noch liebt und als ich ihm später beinahe verzweifelt sagte: „Lieb mich.“, hat er mit mir geschlafen. Er hat mit mir geschlafen, statt mit mir zu reden.
Früher hat er immer mit mir geredet- vor allem, wenn etwas zwischen uns nicht ganz in Ordnung war. Er hat mir das Gefühl gegeben, dass ich ihm wichtig bin. Aber in letzter Zeit ist es irgendwie seltsam.
So, als würde es ihn nicht mehr kümmern. So, als wäre das alles zu einer Selbstverständlichkeit geworden, an der es nichts mehr zu rütteln gibt.
Meine Tante Bertha ist zweifach geschieden und sie sagte mir früher immer: „Kind, sobald die Sache zu einer Selbstverständlichkeit wird, ist es so gut wie vorbei.“

Als ich mich an Tante Berthas Worte und ihren wichtigtuerischen, beinahe theatralischen Gesichtsausdruck erinnere, ist es wie ein Schlag ins Gesicht für mich. Haben wir uns wirklich so sehr aneinander gewöhnt. Oder haben wir uns auseinandergelebt?
Geht es wirklich nur noch um Sex? Ist das alles nur noch körperlich zwischen uns? Verdammt, wieso kann ich an nichts mehr anderes denken?!

Seit ich diesen Gedanken heute morgen hatte, der wie aus dem Nichts auftauchte und den ich vor ein paar Monaten für vollkommen lächerlich gehalten hätte- seit dieser Gedanke Besitz von mir ergriffen hat, scheint sich all das nur in Harrys Verhalten zu bestätigen...
Und es tut verdammt weh, aber solange er mich körperlich will, solange er mich wenigstens in dieser Hinsicht noch begehrt, solange kann ich noch bei ihm sein, denke ich verzweifelt, denn die Vorstellung ohne ihn zu sein, ist unerträglich für mich.

Diese düsteren Gedanken tuen so weh, dass ein gequälter Laut zwischen meinen Lippen hervorbricht. Es ist ein seltsamer Laut, irgendwas zwischen Würgen und Schluchzen. Panisch schlage ich mir die Hand vor den Mund und wende automatisch den Kopf in Harrys Richtung, dessen Kopf nur ein paar Zentimeter von meinem Gesicht entfernt auf dem riesigen Kissen bettet.
Er ist nicht aufgewacht, stelle ich erleichtert fest, als ich seinen ruhigen, gleichmässigen Atem neben mir vernehme. Erleichtert atme ich auf und schliesse die Augen. Aber so sehr ich auch versuche, einzuschlafen und die depressiven Gedanken im Hier und Jetzt zurückzulassen, um endlich ebenfalls ins Reich der Träume hinüberzugleiten- es gelingt mir einfach nicht. Ich kann mich einfach nicht beruhigen.
Zu schlimm, zu aufwühlend ist die Feststellung, die mich wie ein Faustschlag traf und mein Herz zersplitterte. Es wäre einfacher, wenn er mir die Wahrheit sagen würde. Es würde wehtun, natürlich, aber ich wäre mir wenigstens klar über seine Gefühle. Über alles. Über uns...

Erneut schliesse ich die Augen und konzentriere mich auf Harrys gleichmässigen Atem, dem ich mich anzupassen versuche. Normalerweise beruhigt mich seine Nähe immer, wenn ich nicht schlafen kann und sein Atem hilft mir, einzuschlafen. Heute jedoch, macht mich das Geräusch nervös, beinahe schon panisch.
Wie wenn man auf der Brust von jemandem liegt, den man liebt. Und man lauscht dessen Herzschlag und man ist eigentlich glücklich, solange, bis man sich über den tieferen Sinn dieses Geräusches Gedanken macht und schliesslich feststellen muss, dass das schlagende Herz eigentlich den Tod bedeutet- obwohl das ja geradezu lächerlich primitiv ist, wenn man es unter der Tatsache betrachtet, dass man ohne Herz gar nicht leben kann. Lächerlich diese Ironie...

Trotzdem... als ich Harrys Atem neben mir höre, stelle ich mir augenblicklich die Stille ohne ihn vor, was mich so nervös macht, dass mir total schlecht wird. Verdammt, ist hier drin immer so schlechte Luft?
Ich will mich gerade aufsetzen und das Fenster kippen, als sich Harry mit einem Stöhnen zu mir herüberrollt und den Arm um mich schlingt. Den Kopf schmiegt er in die Mulde meines Halses, wie ein kleines, liebesbedürftiges Tier.
Normalerweise würde ich darüber solange Lächeln, bis ich eingeschlafen bin, aber heute... Heute ist es mir schlicht und einfach unerträglich. Alles. Dieses Zimmer. Dieses Bett. Seine Nähe. Er.

Ich seuftze leise, als ich traurig, aber dennoch entschlossen seinen Arm von meinem Bauch hebe und ihn behutsam zurück auf seine Seite rolle.
Kurz beuge ich mich über ihn und streiche zärtlich über sein Gesicht.
„Ich liebe dich, weißt du das eigentlich?“, wispere ich verzweifelt in die Dunkelheit hinein, in vollkommenem Bewusstsein darüber, dass er mich nicht hört. „Warum liebst du mich nicht mehr?“
Diese Frage steht im Raum, wie ein anklagendes, riesiges Fragezeichen. Aber auch darauf bekomme ich keine Antwort...

Schliesslich atme ich erneut tief durch, erhebe mich umständlich aus meinem Bett und tapse langsam auf den Flur hinaus, peinlichst darauf bedacht, kein Geräusch von mir zu geben.
Zaghaft klopfe ich an Evys Zimmertür. Ich brauche sie jetzt einfach. Wir müssen nicht mal über diesen ganzen Mist reden. Ich brauche einfach nur ihre Nähe. Ihre Vertrautheit. Ihr Verständnis.
Aber sie öffnet die Tür nicht und als ich sie vorsichtig einen kleines bisschen öffne und den Kopf durch den kleinen Spalt stecke und festellen muss, dass sie nicht da ist, passiert genau das Gegenteil: ich fühle mich noch schlechter als vorher.

Unschlüssig bleibe ich auf dem Flur stehen. Soll ich zu Harry zurückgehen? Aber als ich an das dunkle Zimmer denke, das so viele Schatten in sich birgt, schaudere ich und gehe entschlossen auf die Treppe zu. Wenn Evy nicht da ist, gibt es nur noch eine Sache, die meinem Kummer besänftigen kann: Eiscreme.

Ich lebe nun schon fast zwei Jahre bei den Jungs und es ist nicht das erste Mal, dass ich traurig oder aufgewühlt bin und es mir beschissen geht und Evy nicht da ist (also auch nicht telefonisch oder per Skype zu erreichen) und dann sind eben Ben und Jerry da, um mich zu trösten...

Ich habe jedoch nicht damit gerechnet, dass in der Küche das Licht brennt und als ich leise die Tür öffne, blinzele ich orientierungslos in das helle Licht.
Nach ein paar Sekunden, in denen meine Augen sich an das Licht gewöhnen, erkenne ich schliesslich  Louis, der im Schlafanzug auf der Küchenthecke sitzt, eine Schüssel mit Waffelteig auf dem Schoss, in die er gerade einen Löffel tunkt.
Ertappt schaut er auf und blinzelt ein paar mal verwirrt in meine Richtung: „Schläfst du noch nicht?“, fragt er dann völlig überflüssigerweise.
Ich zucke nur die Schultern, weil ich echt keine Lust habe, darüber zu reden. Sattdessen nehme ich ihm die Schüssel aus der Hand, stecke den Löffel hinein, mache ihn ordentlich voll und schiebe ihn mir in den Mund. Louis mustert mich böse, ehe er mir die Schüssel wieder entreisst und gierig ebenfalls den Löffel darin versenkt.
Eine Weile stehen  wir einfach nebeneinander und reissen uns gegenseitig die Schüssel aus den Händen, bevor Louis irgendwann murmelt: „Ich würd sie ja ausbacken, wenn ich wüsst wie's geht, aber ich wollt' das Haus nicht in Brand setzten.“
„Wow.“, sage ich. „Sehr weise Idee, Tommo.“, woraufhin Louis nur abwesend nickt und mich dann mit einem herzallerliebsten Grinsen fragt, ob ich weiss, wie man Waffeln ausbäckt.

Seufzend nehme ich ihm die Schüssel aus den Händen und bücke mich, um den Schrank zu öffnen und das Waffeleisen herauszuholen. Und dann zeige ich Lou, wie man Waffeln bäckt. Um ein Uhr nachts. Und er steht neben mir, die Zunge konzentriert im Mundwinkel, das Gesicht voller Mehl und sieht mir aufmerksam zu. Und ich weiss, dass er merkt, dass etwas nicht stimmt, aber er fragt nicht danach und dafür bin ich ihm wirklich dankbar...

Später sitzen wir an dem grossen Küchentisch und machen uns mit Heisshunger über die warmen, dunkelbraun- gebrannten Waffeln her. Louis verdreht genüsslich die Augen und schmatzt grinsend vor sich hin: „Schmeckt doch besser als Teig.“, stellt er zufrieden fest, was mir ein kleines Lächeln entlockt. Louis kindliche Freude über alles Mögliche ist einfach total ansteckend. Und es geht mir wirklich schon ein bisschen besser, als die warmen Waffeln meinen Magen füllen.
Wir sitzen eine ganze Weile schweigend nebeneinander und konzentrieren uns auf unseren Mitternachtssnack, aber als Lou irgendwann satt wird, merke ich, wie er mich von der Seite ansieht. Sein Gesichtsausdruck ist mit einem Mal ernster geworden und alles kindliche ist daraus verschwunden.
Konzentriert streue ich Puderzucker auf die goldbraune Waffel vor mir und beisse bedächtig in den knusprig gepacken Teig. Langsam kaue ich und versuche dabei, nicht zu Louis zu sehen.

Doch irgendwann holt er tief Luft, räuspert sich und bricht damit unser beharrliches Schweigen: „Also schön, willst du mir jetzt erzählen, wieso du noch wach bist?“
Betont lässig zucke ich die Schultern: „Konnte nicht schlafen.“, erkläre ich ausweichend und hoffe, dass er sich mit dieser etwas halbherzigen Erklärung zufreiden gibt. Aber scheinbar reicht ihm das nicht, denn er schnaubt nur genervt auf: „Mach dich nicht lächerlich, Abigail. Ich kenne dich jetzt schon lange genug, um zu wissen, dass du immer und überall schlafen kannst.“ Erneut zucke ich die Schultern und weiche seinem Blick aus. Ich kann ihm einfach nicht von meinen Ängsten erzählen. Ich weiss selbst, dass sie lächerlich klingen- vermutlich würde Lou mich bloss auslachen, was im Moment extrem schlecht für mein Ego wäre. Völlig abweisend befeuchte ich meinen Finger und fahre damit über meinen Teller, auf dem nur noch ein paar verlassene Krümmel liegen.
„Habt ihr euch nicht ausgesprochen?“, fragt mich Louis plötzlich aus heiterem Himmel und reisst mich damit aus meinen Gedanken.

Ich will einfach nicht darüber reden, weil es mir so unglaublich lächerlich vorkommt, dass ich mich beinahe für mich selbst schäme, also springe ich auf, so dass der Stuhl mit einem lauten Quitschen über den Boden schrammt, schnappe mir Lou's und meinen Teller und kehre ihm entschlossen den Rücken zu.
Mit klopfendem Herzen stelle ich die Teller in die Spüle und lasse heisses Wasser ein, um ihn nicht ansehen zu müssen. Aber anders als gedacht, drängt mich Louis nicht dazu, ihm eine Antwort zu geben. Im Gegenteil: Seufzend erhebt er sich ebenfalls von seinem Stuhl, schnappt sich ein Geschirrtuch und hilft mir beim Spülen.

Das Schweigen, dass uns umgibt, ist mir mit einem Mal fürchterlich unangenehm, weil ich mich schuldig fühle- so als würde ich ihn aus etwas ausschliessen...
Deswegen räuspere ich mich und stelle die erstbesste Frage, die mir in den Sinn kommt: „Und wieso bist du nicht im Bett?“ Louis zuckt daraufhin ebenfalls nur die Schultern: „Konnte nicht schlafen.“, antwortet er kurz und ich muss grinsen, als er dieselbe unkraetive Antwort gibt, wie ich. Er will also eben so wenig darüber reden, wie ich. In Ordnung.

Aber schliesslich erzählt er es mir doch und macht mir damit irgendwie ein ziemlich schlechtes Gewissen.
So nach dem Motto: „ich vertraue dir meine Sorgen an, obwohl du mir deine nicht anvertraust“...
„Stress mit Eleanor.“, murmelt er und erst jetzt merke ich, wie fertig er eigentlich aussieht. Die dunklen Schatten unter seinen Augen sind mir vorher überhaupt nicht aufgefallen. Und mit einem Mal schäme ich mich für meinen Egoismus. Ich bin wirklich eine schlechte Freundin, dass mir nicht mal auffällt, wie schlecht er aussieht. Immerzu bin ich nur mit meinen eigenen Sorgen und Problemen beschäftigt, ganz im Gegensatz zu Louis, der mir meinen Kummer sogleich an der Nasenspitze ansieht. Manchmal merkt er es sogar schon, wenn ich selbst noch nicht mal weiss, dass ich traurig bin.

Schuldbewusst beisse ich mir auf die Lippe und sehe ihn fragend an: „Was ist los, Lou?“, frage ich und versuche mit einem offenen Ohr für ihn meine Unaufmerksamkeit wieder gut zu machen.
Zittrig atmet er aus, bevor er mich traurig ansieht: „El sagt, dass sie sich Sorgen um mich macht, weil ich anscheinend nicht genug auf mich Acht gebe. Sie sagt, dass ich mich selbst vernachlässige...“, erklärt er seufzend und weicht meinem Blick aus. Ich merke, dass es ihm unangenehm ist, darüber zu sprechen. Und ich weiss nicht, wie ich darauf reagieren soll, was mich verdammt aufregt. Wieso bin ich nur so unglaublich schlecht darin, mir die Sorgen von meinen Freunden anzuhören? Warum weiss ich nie, wie ich reagieren soll. Warum kann ich nicht so sein wie Evy, die immer ganz genau weiss, was sie sagen soll?
„Ich, äh, ich verstehe nicht ganz.“, stottere ich schliesslich einfach nur. Idiotin! Das war das beschissenste, was ich hätte antworten können...
Aber Louis scheint mir ohnehin nicht zuzuhören. Er hat den Blick auf das Glas in seinen Händen gesenkt, dass er nun schon seit fünf Minuten abtrocknet.
Heimlich lasse ich meinen Blick über seine vertrauten Züge gleiten. Er sieht aus wie immer. Er ist immer noch ein hübscher Junge, genauso wie vor zwei Jahren, als ich ihn kennengelernt habe, also verstehe ich El's Problem irgendwie nicht. Sie ist mit einem Jungen zusammen, dem tausende Mädchen zu Füssen ligen, was also ist ihr Problem?

Vorsichtig, aber bestimmt nehme ich Lou das Glas aus der Hand, bevor er es noch zerbricht und stelle es zurück in den Schrank. „Lou, warum denkt El das?“, frage ich ihn dann und sehe ihm dabei fest in die Augen.
Louis lächelt dünn, als er mich aufklärt: „Sie sagt, dass ich immer dünner werde und ausserdem ständig zum Tätowierer renne. Sie sagt, sie macht sich Sorgen, dass mir alles zu viel wird. Sie sagt, dass ich statt mit ihr zu reden, mir lieber meinen Körper vollstechen lasse. Sie sagt, dass mein Tätowierer mein persönlicher Seelenklemptner geworden ist...“ Traurig sieht er mich an, während ich verstehe.
„Oh.“, ist alles, was ich dazu sagen kann.
Erneut mustere ich ihn. Ja, er ist wirklich dünner geworden, aber er sieht nicht krank aus oder so... Und was die Tattoos betrifft... Das ist eben so eine Sache bei den Jungs. Sie haben in den letzten Jahren dem Tätowierer häufiger einen Besuch abgestattet, aber ich habe mir bisher nie Gedanken darüber gamacht, warum sie das eigentlich tun. Ich habe sie kennengelernt, als bereits diversen Schriftzüge und Motive ihre Körper zierten und für mich ist es nichts neues- es ist eben ein Teil von ihnen...
Aber als ich Lou mustere und den Blick über seine Arme gleiten lasse, fällt mir auf, dass es in letzter Zeit wirklich mehr geworden ist. Ich starre auf den Hirsch und das Herz auf seinem muskulösen Oberarm, als meine Gedanken wieder zurück zu Harry gleiten.

Zugegeben, ich finde seine Tattoos wahnsinnig sexy, aber trotzdem hat es mir letztens einen kleinen Stich versetzt, als er sich sein fünfundvierzigstes Motiv stechen lassen hat. Und irgendwie verstehe ich Eleanor auf einmal ein bisschen. Sie sind eben immer noch Jungs. Jungs, die sehr früh sehr berühmt geworden sind. Sie waren damals Teenager mitten in der Pupertät und jetzt sind sie junge Männer, die ernst genommen werden wollen. Aber tief in ihrer Seele sind sie immer noch die fünf kleinen Jungs von damals. Sie hatten es nicht immer einfach...

„Ich weiss einfach nicht, was ich tun soll. Sie ist so... ernst geworden in letzter Zeit und ich habe das Gefühl, dass ich nicht mehr gut genug für sie bin. Weißt du, was für ein Scheiss- Gefühl das ist, wenn man sich so fühlt? Zu Unattraktiv für seine eigene Freundin?“, fragt Louis verzweifelt und ich zucke zusammen. Ich habe fast vergessen, dass er neben mir steht...

Er hat keine Ahnung, wie gut ich ihn verstehen kann. Ich habe auch das Gefühl, nicht mithalten zu können. Ich habe auch das Gefühl, nicht mehr gut genug zu sein...
„Komm schon Louis.“, starte ich einen winzigen Versuch, für ihn da zu sein und ihm als Freund zu helfen. „Vielleicht hat sie einfach Angst, dass du ihr nicht sagst, was dich wirklich beschäftigt. Vielleicht fühlt sie sich ja nicht mehr gut genug. Frauen sind in dieser Beziehung manchmal schwer zu verstehen, aber vielleicht solltest du einfach mal mit ihr reden.“, sage ich und halte meinen benutzten Teller unter den heissen Wasserstrahl.

Und ich will ihm von meinen Sorgen erzählen, ihm sagen, dass ich mich genauso fühle, wie er. Aber bevor ich ihm sagen kann, wie gut ich ihn verstehen kann, bevor ich ihm von mir erzählen kann, schenkt er mir ein wackeliges Lächeln: „Egal. Das wird schon wieder.“, sagt er betont fröhlich und ich merke, wie mein Mut sinkt. Wie kann er das so einfach sagen? Wie kann er so sicher sein, dass alles wieder gut wird? Wie kann man sicher sein, dass der Andere einen noch liebt?

Ich will es wirklich wissen. Ich will wirklich wissen, wie er so sicher sein kann, also gebe ich mir einen Ruck und frage ihn: „Lou?“
„Mhm?“
„Woher weiss man, dass es vorbei ist?“, frage ich ihn, während er mir den Teller aus der Hand nimmt, bereit ihn abzutrocknen.
Als ich ihn frage, hält er jedoch augenblicklich in der Bewegung inne und hebt den Blick. Seine blauen Augen bohren sich in meine.
Er scheint mir geradewegs auf den Grund meiner Seele sehen zu können. Und dann geschieht etwas seltsames: Ohne, dass ich etwas erklären muss, scheint er zu verstehen.

„Oh Liebes.“, sagt er, legt den Teller beiseite und zieht mich in eine feste Umarmung. Ich stocke, als er die Arme um mich legt, aber anders als sonst, rege ich mich nicht darüber auf. Sonst stosse ich ihn immer lachend beiseite und ziehe ich ihn damit auf, dass er uns allen noch die Knochen brechen wird, aber heute...
Heute scheint er all meine zersplitterten Teile zusammenzuhalten, all die angeknacksten Teile meiner verkorcksten Seele und ich fühle mich so geborgen, so voller Freundschaft und Zuneigung für ihn, dass ich es zulassen und mich dankbar an seinem T-Shirt festkralle. Ich atme seinen Geruch nach Aftershave, Haargel und Nutella ein, schliesse die Augen und geniesse das Gefühl menschlicher Nähe und Trost.
Viel zu schnell ist es vorbei...

Viel zu schnell löst er sich von mir, nur um mich eine Armeslänge von sich zu schieben und mich erneut mit seinem Blick zu skennen: „Wie kommst du darauf, dass Harry dich nicht mehr liebt?“, fragt er mich dann sanft. Harry? Wieso überträgt er diese Frage gleich auf Harry und mich? Ist es so offensichtlich?  
Mit einem Mal rollen mir die Tränen über die Wangen, so voller Verzweiflung bin ich.
Und ich ärgere mich über mich selbst, über meine Dummheit, meinen Egoismus und dass ich mir wünsche für Louis dazusein, obwohl er es ist, der mich jetzt tröstet...

„Hey.“, sagt er sanft und wischt mir mit einer federleichten Berührung die Tränen von der Wange. „Abigail Tompson hör mir jetzt gut zu. Harry liebt dich. Er liebt dich über alles. Mehr, als er jemals ein anderes Mädchen geliebt hat. Glaub mir, ich kenne ihn.“, sagt er dann bestimmt und sieht mich erneut fest an.

„Lou... Er... Ich... Wir schlafen nur noch miteinander, sonst nichts und... ich... ich weiss nicht...“, schluchze ich, bemüht darum, meine Fassung wieder zu erlangen, aber je mehr ich mich darum bemühe, desto schneller laufen die Tränen über meine Wangen.

„Liebes, es gibt immer diese Punkte, an denen sich eine Beziehung ändert. Es kann immer mal passieren, dass sich etwas verändert, aber ich schwöre dir, Harry würde dir niemals wehtun wollen. Niemals.“

Niemals.

"Niemals" gibt es nicht, denke ich verächtlich.

Genauso wenig wie „Für immer“...

Für immer ist eine Lüge...

Teasing is a Sign of LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt