Evy:
Zaghaft klopfe ich an Jasons Haustür. Nachdem er mich angerufen hat und während des kurzen Telefonats ziemlich besorgniserregend geklungen hat, bin ich so schnell es ging zu seiner kleinen Wohnung gefahren. Und hier stehe ich nun, mit klopfendem Herzen, in dem winzigen Vorgarten. Und prompt öffnet sich auch schon die Tür.
Jason steht barfuss, in zerissener Jeans und mit verstubbelten Haaren vor mir. Bewundernd sehe ich zu ihm auf: „Hallo, schöner Mann.“, lächelnd strecke ich meine Arme nach ihm aus, aber er geht nicht darauf ein, sondern kneift nur die Lippen zusammen, als er mich abwertend von oben bis unten mustert.
Verlegen fahre ich mir durch das zerzauste Haar. Ich habe nicht daran gedacht, mich grossartig aufzumotzen, bevor ich zu ihm gefahren bin. Sonst spielt das auch überhaupt keine Rolle, aber unter seinem merkwürdigen Blick schäme ich mich auf einmal. Es ist seltsam, wie unwohl ich mich mit einem mal fühle, wo es mir doch sonst immer vollkommen egal war, wie ich aussah.
Jason hat mich nie so angesehen, so...lieblos.
„Also schön, du wolltest mich sehen?“, fragend ziehe ich die Augenbrauen hoch und versuche möglichst gelassen zu wirken, als ich mich an ihm vorbei in den schmalen Flur schiebe. Aber das Zittern meiner Stimme straft mich Lügen. Ich BIN nunmal nervös, verdammt. Die bescheuerten drei Worte „Wir müssen reden.“, haben mich schon immer in hellste Aufregung versetzt, zumal sie meistens nichts Gutes bedeuten. Diese Feststellung musste ich schon damals in der High School machen.
Verwirrt schüttele ich den Kopf, als ich ausgerechnet an die High School denken muss. Warum, um Gottes Willen, denke ich in letzter Zeit immer wie ein Teenager?!
„Ja, vielleicht solltest du mir mal erzählen, was in letzter Zeit so bei dir abgeht.“, erwiedert Jason auf meine zuvor gestellte Frage und ich hebe den Blick, um ihn anzusehen. Er will reden?
So wie früher! Er fragt mich nach meinem Tag! Glücklich lächele ich in mich hinein. Gott, wie ich ihn liebe, denke ich voller Zuneigung für meinen wunderbaren Freund. Und genau dieser Anflug an Zuneigung veranlasst mich dazu, liebevoll meine Arme um seinen Hals zu schlingen. „Eigentlich gibt es gar nicht so viel zu erzählen.“, sage ich verführerisch, bereit, ihn zu küssen. Aber Jason hält mich zurück, in dem er entschlossen meine Hüften festhält. „Bist du dir da wirklich sicher, Ev?“, fragt er mich , wie ein strenger Vater und mit einem Mal klingt seine Stimme unglaublich kalt. Etwas unbekanntes, dunkles geht in diesem Moment von ihm aus. Und ich sehe eine Seite an ihm, die ich bis jetzt noch nie zu Gesicht bekommen habe.
Enttäuscht lasse ich mich zurück auf meine Fussballen sinken: „Stimmt was nicht?“, frage ich und mustere ihn besorgt. Aber er funkelt mich nur an: „Eigentlich bin ich es, der dich das fragend sollte.“, erwiedert er kalt.
„Los, erzähl schon, was machen zum Beispiel... die Jungs?“, fragt er beiläufig, als er sich umdreht, um in die Küche zu gehen. Mir entgeht nicht, wie seltsam er das Wort „Jungs“ betont.
Verwirrt folge ich ihm: „Nichts besonderes, sie sind chaotisch und laut wie eh und je. Es geht ihnen gut.“, antworte ich resigniert. Ich habe keine Ahnung, worauf er hinaus will. „Tee?“, fragt er, meine Aussage ignorierend.
Tee... Gott, wie ich Tee hasse. Diese Engländer immerzu mit ihrem Tee! Seit wann denkt er eigentlich, dass ich dieses Gebräu, das nach nichts als heissem Wasser schmeckt, trinke?! Aber ich nicke nur abwesend, als er mich fragt.
Ich lehne mich an die Küchentheke aus dunklem Holz und beobachte jede seiner vertrauten Bewegungen. Wie er Wasser in den Wasserkocher füllt, die Tassen seiner Grossmutter aus dem Schrank über der Spüle holt, die Teebeutel hervorkramt, die Art und Weise, wie sich seine Oberarme anspannen, als er die Tupperschüssel mit dem Zucker öffnet...

DU LIEST GERADE
Teasing is a Sign of Love
FanfictionSequel von "Teasing is a sign of affection" "Gott, ich habe dich so gehasst damals.", platzt es auf einmal aus ihr heraus. Grinsend und in einem gespielten Ausdruck der Überraschung ziehe ich die Augenbrauen nach oben: „Was, und heute nicht mehr?" ...