Let me love you

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Niall:

„Said all I want from you is to see you tomorrow
And every tomorrow, maybe you'll let me borrow your heart”
(Justin Timberlake- Not a bad thing)

„Und... was ist dann so kompliziert?“, wispert sie mit grossen Augen und beugt sich leicht nach vorne, zu mir. Mir stockt der Atem, als ich ihren süssen Geruch einatme. Sie ist mir so nah. Die Luft um uns herum scheint zu knistern, wie elektrisiert. Die Spannung ist kaum auszuhalten. Und ich frage mich, wie es möglich ist, dass sie mich so anmacht, ohne mich auch nur anzufassen...
Ich sehne mich so sehr nach ihrer Nähe, dass es beinahe schmerzt.

Wieso, um Gottes Willen hat sie gedacht, ich sei in Abby verliebt? Abby ist eine sehr schöne Frau, ganz ohne Zweifel, aber... sie ist nicht Evy. Sie besitzt nichts von Evys Sanfheit, sie hat nicht diese treuen Augen, die einem bis auf den Grund der Seele schauen können...
Und Evy- sie hat keine Ahnung. Sie hat keine Ahnung, dass ich sie liebe. Sie hat keine Ahnung, wie schön sie eigentlich ist. Ob ihr Freund es ihr sagt? Wenn ich mit ihr zusammen wäre- Gott, ich würde es ihr jeden Tag sagen, so lange, bis sie es endlich glaubt.

Ich lehne mich noch ein Stückchen näher zu Evy herüber, riskiere es, ihr näher zu kommen, als sonst. Tapfer schlucke ich gegen den Klos in meiner Kehle an. Vielleicht... gibt es noch eine Chance. Nur eine klitzekleine. Ich muss irgendwas sagen.
Es ist kompliziert, weil du einen Freund hast. Es ist kompliziert, weil ich will, dass du glücklich bist und es ist vor allem kompliziert, weil ich dich so gerne lieben würde und es nicht kann. Und das macht mich so unausstehlich.

Das alles und noch viel mehr würde ich ihr gerne sagen. Jetzt in dem stillen Flur auf der breiten, grossen Treppe der Villa. Ich will es wirklich, aber ich kann es einfach nicht. Ich will kein Arschloch sein. Trotzdem bin ich immer noch geschockt, dass sie die Sache so fehlinterpretiert hat...
„Sie... merkt es einfach nicht.“, flüstere ich schliesslich nur zurück und weiche ihrem intensiven Blick aus. Mist! Das hört sich total bescheuert an. Und zu dem verdammt feige. So wird sie es erst recht nicht verstehen... Aber vielleicht ist es auch besser so? Vielleicht sollte sie es niemals merken und wir sollten einfach... Freunde bleiben.

Freunde. Was für ein beschissener Trostpreis. Und doch, es fühlt sich im Moment sogar gut an, so zu denken. Wenn es Freundschaft ist, was sie will, dann kann ich wenigstens für sie da sein...

Aber genau in dem Moment, als ich etwas sagen will, schneidet sie mir buchstäblich das Wort ab. Ihre braunen Augen glühen. Ein wildes Feuer prasselt in ihnen und wärmt mich von innen auf. Ich weiss nicht, wo ich hinsehen soll, als sie schliesslich sagt:  „Vielleicht musst du dir einfach nur mehr Mühe geben, es zu zeigen...“

Ich soll es ihr zeigen?! Wirklich? Sollte ich es zeigen? Will sie das? Wäre das ein schlauer Schritt, wo ich doch eben noch vor einer halben Minute daran gedacht habe, dass es besser für uns ist, Freunde zu sein?! Auf einmal weiss ich es nicht mehr. Ich weiss gar nichts mehr. Ein Wort von ihr reicht, um mein Innerstes in einen solchen Aufruhr zu versetzen...

Und plötzlich muss ich wieder an den Morgen in dem Cafe denken, der im Saufgelage endete. Ich sehe Harry ganz deutlich vor mir, wie er sich entschlossen über den Tisch beugt, mit einem schiefen Grinsen und einem Zwinkern in den grünen Augen: „Du musst um sie kämpfen, kapiert?! Zeig ihr, dass du es wert bist. Zeig ihr, wie wichtig sie dir ist. Zeig ihr, dass du nicht aufgeben wirst...“

Auf einmal vermisse ich Harry schrecklich. Ich vermisse seine Offenheit, seine stürmische, direkte Art, seine verrückten Ideen- ich vermisse ihn, weil er mir bei sowas immer sagen kann, was richtig und was falsch ist. Ich würde alles dafür geben, mich jetzt kurz mit ihm zu beraten. Von Mann zu Mann sozusagen.

Gott! Was würde Harry jetzt tun, denke ich verzweifelt. Was um Himmels Willen würde er tun?
Und erneut denke ich an seine Worte. „Du musst kämpfen.“ Kämpfen. Und auf einmal weiss ich, was zu tun ist. Naja, eigentlich weiss ich ganz und gar nicht, was zu tun ist. Es ist eher ein Impuls, der in mir aufkeimt und den ich einfach nicht unterdrücken kann. Ich soll ihr zeigen, dass ich sie liebe?

Na schön, Lopez, dann zeig ichs dir eben.

Und was ich dann tue, ist entweder extrem mutig oder einfach nur extrem dumm. Ohne gross darüber nachzudenken, umfasse ich zärtlich ihr Gesicht mit meinen Händen und noch bevor ich den etwas geschockten Ausdruck auf ihrem Gesicht deuten kann, habe ich auch schon den kleinen Abstand zwischen uns überbrückt und meine Lippen liegen auf ihren. Weich und süss. Zärtlich, voller Hoffnung.

Als ich sie berühre, vergesse ich alles. Ich vergesse, dass sie eigentlich vergeben ist und dass ich sie eigentlich nicht haben kann. Ich vergesse meine Angst, meine Schüchternheit und meine Komplexe. Ich spüre nur ihre Lippen, ihre Wärme, ihre weiche Haut und ich fühle mich so unglaublich geborgen.

Langsam und voller Zärtlichkeit küsse ich sie. Erst erstarrt Evelyn zu Eis und bewegt sich nicht, aber ich ignoriere diese Tatsache einfach und auf einmal spüre ich ihre Hände doch auf meinen Wangen. Ich ziehe sie näher an mich, während sich ein wildes Glücksgefühl in meinen Bauch ausbreitet. Ihre Finger srteichen sanft über meinen Kiefer und dann über den Kragen meines T-shirts, wo sie sich festgraben...

Und dann... kehre ich mit einem Mal knallhart auf den Boden der Tatsachen zurück. „Niall?“, höre ich Zayn irgendwo aus Richtung der Küche rufen. Ich spüre, wie Evy zusammenzuckt und im nächsten Moment hat sie sich auch schon wieder von mir gelöst und etwas von sich gestossen, um Abstand zwischen uns zu bringen. Erschrocken, so als wisse sie selbst nicht, was so eben passiert ist, starrt sie mich an. Verwirrt fasst sie sich mit ihren langen, gebräunten Fingern an die vollen Lippen, als könne sie nicht glauben, dass meine sie gerade eben erst noch berührt haben. Alles an ihr drückt Unglauben aus.

„Niall?“, ertönt Zayns Stimme erneut, diesmal näher. „Was?“, frage ich genervt und drehe mich gereizt von Evy weg. „Ich komme gleich wieder!“, zische ich. Verdammt, warum muss dieser Idiot gerade jetzt dazwischen funken?!
Ich drehe mich wieder zu Evy herum. Zayn ist mir im Moment völlig egal.
Ich möchte einfach nur, dass sie etwas sagt. Irgendwas.

Und sie sagt tatsächlich etwas- nur leider irgendwie nicht das, was ich erwartet hatte: „Das, ähm, das... wollte ich nicht.“
Was? Das ich dich küsse? Oder das du mich zurückgeküsst hast?

Ich habe keine Ahnung, was ich eigentlich erwartet habe. Dass sie mich zurückküsst, sich Hals- über Kopf in mich verliebt, ihren Freund für mich verlässt und wir glücklich miteinander sind, bis an unser Lebensende? Wohl kaum! Das hier ist anders. Wir leben in keinem Bilderbuch. Wir leben in der Realität. Und die ist knallhart. Das Leben ist schwer. Und in diesem Moment wird mir bewusst, was die Leute meinen, wenn sie sagen, dass Erfolg nicht alles ist. Ich habe so viel Geld- ich könnte mir alles kaufen. Aber Glück... Glück kann ich mir nicht kaufen. Mit allem Geld der Welt nicht.

Evy sieht mich an- es ist eine gefährliche Mischung aus Mitleid, Verwirrung und Ablehnung: „Das war ein Unfall.“, sagt sie und bei ihrem Tonfall bricht mein Herz in tausend Stücke. Wie konnte ich nur denken, dass Evy sauer war, weil sie dachte, dass ich auf Abby stehe? Wie konnte ich nur denken, dass die Wahrheit auch nur im Geringsten etwas ändern könnte?

Und ich stehe da und starre sie an. Das Mädchen, das ich liebe. Und ich merke, wie mir die Röte in die Wangen steigt. Und ich höre Zayns Schritte, die immer näher kommen. Auch Evy scheint sie zu hören, denn sie bringt vorsorglich noch einen grösseren Abstand zwischen uns: „Es- ist nie passiert, okay?“, fragt sie mich dann hektisch, beinahe schon ängstlich. Na toll, jetzt verleugnet sie auch noch, dass da etwas zwischen uns war.

Teasing is a Sign of LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt