I wish I could make it easy to love me

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Niall:

„I wish I could make it easy
Easy to love me, love me
But still I reach, to find a way
I'm stuck her in between
I'm looking for the right words to say.”
(Robin Schulz- Waves)

Müde streiche ich mir über das erhitzte Gesicht, als ich durch den dunklen Flur tapse und mir meine Jacke schnappe. Die Anderen schlafen schon seit Stunden, aber ich kann kein Auge zu tun. Immer wieder gehen meine Gedanken auf Wanderschaft und bleiben bei ihr hängen. Es gibt nichts anderes, woran ich noch denken kann, wie bei einer Sackgasse, enden alle Gedanken nur bei ihr un es bringt mich fast um. Immer wieder sehe ich vor meinem inneren Auge, wie sie vom Sofa aufspringt und ohne weiteren Kommentar das Haus verlässt.

Die Anderen haben gesagt, dass ich mir keine Sorgen machen soll und dass sie bei ihm ist. Aber ich mache mir trotzdem welche. Die ganze Zeit.
Und ich werde irgendwie das Gefühl nicht los, dass sie wütend auf mich ist. Aber warum? Weil ich sie liebe? Verdammt, man kann sich nun mal nicht aussuchen, in wen man sich verliebt...

Mein suchender Blick fällt auf die kleine Uhr auf der Kommode im Flur. Die digitalen Ziffern verraten mir, dass es bereits drei Uhr morgens ist...
Vergiss es, Niall, sie kommt heute Nacht nicht mehr Nachhause. Du hast um sonst gewartet.

Und ich versuche nicht, daran zu denken, wie ihr nackter Körper in seinem Bett liegt. Wie sie die Arme um ihn geschlungen hat und wie ihr Kopf auf seiner Schulter ruht...
Warum nicht ich?
Es tut so weh. Die Eifersucht schnürt mir die Kehle so eng, dass ich mich atemlos an die Wand lehne, verzweifelt daran herunterrutsche, bis ich auf dem kalten Boden sitze und das Gesicht verzagt in den Händen verberge.

Doch so bald ich die Augen schliesse, sehe ich ihr Gesicht aufblitzen. Ich sehr ihre dunkelblonden Haare, die braunen, lebendigen Augen. Ihr Lachen. Ihre Grübchen. Das Feuer in ihren Augen. Die Art, wie sie sich das Haar aus dem Gesicht streicht...

Ich würde so gerne neben ihr liegen und auf ihren leisen Atem hören, während sie schläft. Ich würde so gerne unsere Finger miteinander verschlingen und ihren Nacken mit kleinen, zarten Küssen bedecken. Ich würde so gerne neben ihr einschlafen, aber jeden Abend liege ich nur in meinem eigenen Bett und starre an die nackte Decke, bis ich endlich eingeschlafen bin. Und jede Nacht schlafen wir ein unter dem selben Himmel, so nah und doch... Sie wird niemals mir gehören...

Gequält öffne ich die Augen wieder und krame mein Handy aus meiner Jackentasche. Zum hundertsten Mal in dieser Nacht checke ich meine Nachrichten, aber ich habe keine Neue. Nicht mal eine kleine.

Die Anderen haben gemerkt, dass ich mir Sorgen gemacht habe, aber Liam hat gesagt, dass Evy schon klar kommt. Anderen falls würde sie schon anrufen. Sie ist bei Jason, haben sie gesagt. Alles ist gut.
Aber ehrlich gesagt wäre es mir lieber, wenn sie rastlos durch Londons Strassen wandern würde, als dass sie behütet durch seine Nähe sicher in seinem Bett schläft. Ich wünschte, sie würde mich wieder anrufen, dass ich sie abholen soll. Und diesmal würde ich es anders machen... Ich würde ihr sagen, dass...

STOP! Niall Horan, Stop! Hör auf, sowas auch nur im Ansatz zu denken. Du kannst ihr nicht einfach so sagen, wie du empfindest. Sie hat einen Freund, sie hat beschlossen, dass sie glücklich mit ihm ist. Wenn du sie wirklich liebst, dann solltest du ihr das nicht einfach so kaputt machen.

Oder? Und auf einmal muss ich wieder daran denken, was Harry neulich beim Frühstück gesagt hast: „Du musst um sie kämpfen, sei ein Mann!“
Ich frage mich, was er wohl sagen würde, wenn er wüsste, in wen ich mich verliebt habe. Sie alle- was würden sie sagen?! Seufzend raufe ich mir die Haare und lehne den Kopf an die Wand. Das alles ist so verdammt beschissen!

Aber auf einmal werden meine bemitleidenswerten Gedanken von einem leisen Geräusch unterbrochen. Stocksteif sitze ich da, als ich den Schlüssel im Türschloss höre. Eilig springe ich auf, als sie langsam die Tür öffnet. Und im nächsten Moment blinzele ich in das grelle Licht, eine ebenfalls verwirrt blinzelnde Evy vor mir. Mein Herz setzt einen Schlag aus, als ich ihre roten Augen sehe. Sie hat geweint.
Was ist passiert?

Unsicher mache ich einen Schritt auf sie zu. Ich weiss nicht, was ich sagen soll, also stehe ich nur da und blicke sie stumm an. Aber sie lässt die unangenehme Stille zwischen uns nicht zu. „Was machst du noch hier?“, fährt sie mich an und ich stehe da, völlig geschockt von ihrer Harschheit. Was ist nur los mit ihr? Ich kenne Evy so nicht.
„Ich, äh... Ich wollte gerade gehen.“, stammele ich unsicher zurück. Auffordernd macht sie einen Schritt zur Seite und gibt die Eingangstür frei: „Tu dir keinen Zwang an.“

Was? Sie schmeisst mich raus? Einfach so, ohne einen weiteren Kommentar?! Ohne, noch etwas zu sagen?
„Alles okay?“, frage ich behutsam und mustere ihr trauriges, verschlossenes Gesicht. Sie weicht meinem Blick aus und senkt den Kopf: „Könnte nicht besser sein.“, gibt sie ausweichend zurück.
Verdammt! Wieso tut sie das? Das habe ich nicht verdient. Egal, was in ihr vorgeht, sie hat nicht das Recht, mich so mies zu behandeln! „Verdammt, was ist los mit dir?“, meine Stimme wird lauter und angesichts der Stille im Haus, zucke ich zusammen. Trotzdem funkele ich sie wütend an, aber sie schüttelt nur den Kopf. Sie will mir nicht antworten und sie wird mir auch nicht antworten.
Frustriert lasse ich die Luft zwischen den Zähnen entweichen.
Was macht dieses Mächen nur mit mir?!

Und auf diese eigentlich rethorische Frage, bekomme ich sogleich eine Antwort- Sie ignoriert mich. Denn Evy drängelt sich entschlossen an mir vorbei, Richtung Treppe. Oder sie versucht es zumindest, denn ich stelle mich ihr in den Weg.
Vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um zu kämpfen... „Halt! Du erzählst mir jetzt sofort, was los ist!“, zische ich wütend, aber auch Evy scheint auf einmal wütend zu sein, denn sie funkelt mich wütend an. Ihre braunen Augen glitzern vor Wut und ich muss mich wirklich beherrschen, um mich nicht zu ihr hinüber zu beugen und sie zu küssen.
„Es ist nichts, lass mich in Ruhe.“ Aber ich denke gar nicht daran: „Ach ja? Was du nicht sagst. Wenn alles okay wäre, dann würdest du jetzt mit deinem Freund im Bett liegen und vor dich hin schlummern und nicht mit roten Augen mitten in der Nacht mit mir diskutieren.“

Schwer atmend stehe ich vor ihr und versuche, meinen Ärger hinunter zu schlucken, als ich auf einmal eine winzige Träne in ihrem Augenwinkel entdecke.
„Ev?“, beinahe bricht meine Stimme. „Was hat er mit dir gemacht?“, frage ich dann. Verständnislos hebt sie den Kopf. „Was?“
„Was hat er gemacht?“, frage ich erneut und mustere besorgt ihr Gesicht. „Hat er dir wehgetan?“ Jason dieses Arschloch. Er muss der Grund für ihren Kummer sein, anders kann ich es mir einfach nicht erklären. Und als sie nicht antwortet, bestätigt sich mein Verdacht nur noch. Dieses Schwein!
Voller Sorge greife ich nach ihren Schultern und schüttele sie ein bisschen. Ihre Augen sind unnatürlich gross und das gedämpfte Licht des Flures wirft unheimnliche Schatten auf ihr blasses Gesicht. Aber sie versucht, meine Hände abzuschütteln: „Du musst nicht den besorgten, grossen Bruder spielen, Niall.“, erwiedert sie kalt. „Ich kann auf mich selbst aufpassen.“, fügt sie trotzig hinzu. Mir entgeht nicht, wie sie dabei das Wort „Ich“ betont.

Verwirrt ziehe ich die Augenbrauen hoch: „Was meinst du damit?“ Aber sie schenkt mir nur ein kaltes, spöttisches Lächeln.
In diesem Moment erkenne ich nichts an ihr wieder. Nichts von dem lebensfrohen, sanften Mädchen. In diesem Augenblick geht eine unglaubliche Kälte und Verschlossenheit von ihr aus. „Gutes Gespräch mit Abby gehabt, Horan?“, herausfordernd sieht sie mich an. Und ich... verstehe gar nichts mehr. Was hat das Ganze denn jetzt mit Abby zu tun?

Bestimmt hat sie ein schlechtes Gewissen, weil sie abgehauen ist, anstatt mit ihrer Freundin zu reden. Oder sie ist sauer auf mich, weil ich ihr diese Aufgabe abgenommen habe... Ihre Aufgabe, als beste Freundin.
Aber eigentlich bin ich vorher nur so schnell aufgesprungen, weil Evy mir auf einmal so unglaublich nahe war, dass ich nicht wusste, was ich tun sollte. Es war eine total peinliche Kurzschlusssituation, in dem mir mein Kopf befohlen hat, zu flüchten, bevor ich etwas mache, was ich später vielleicht bereue. Nur die verwirrten Blicke der Jungs haben mir gezeigt, wie auffällig meine Reaktion war. Daher habe ich einfach gesagt, dass ich nach Abby sehen werde. Das war der einzige Grund.

„Es... es tut mir leid.“, sage ich deshalb einfach nur und versuche, dabei versöhnlich zu klingen. Ich will mich nicht streiten, nicht wegen so einer unbedeutenden Kleinigkeit. Aber ihre Reaktion ist zum wiederholten Mal anders, als erwartet. „Ach bitte, jetzt tu doch nicht so.“, zischt sie verhalten. „Ausserdem hast du jedes Recht, mit ihr zu reden. Ich hoffe nur, dass du weißt, was du tust. Ich mag Abby nämlich und Harry im übrigen auch und ich habe keinen Bock, dass sie wegen dir unglücklich sind.“ Jetzt komme ich gar nicht mehr mit... Was hat jetzt auch noch Harry mit der Sache zu tun? Warum kann sie denn nicht einfach mal Klartext reden und sagen, weshalb sie sauer ist?

Vollkommen verwirrt starre ich sie an, meine Hände liegen immer noch auf ihren Schultern. Energisch schüttelt sie sie ab, aber ich lasse sie nicht so einfach abhauen. Nicht, bevor ich eine akzeptable Erklärung bekommen habe. Bevor sie mir entgleitet, packe ich erneut ihre Schultern, mein Blick bohrt sich in ihren: „Ich habe keine Ahnung, was du redest, Lopez!“

„Lass mich los.“, Evy sträubt sich mit alles Kraft und faucht dabei wie eine Wildkatze. Aber ich denke gar nicht daran: „Erklär mir zuerst, was dein Problem ist.“ Und schon wieder entdecke ich in ihren glänzenden Augen die Tränen. Völlig hilflos stehe ich da, mit dem Mädchen, dass ich liebe im Arm und ich weiss nicht, was ich tun soll. Ich bin vollkommen hilflos. Und wir sind uns so nah, aber trotzdem sind wir uns so fremd... Wir waren nie weiter von einander entfernt.

„Niall.“, flüstert sie hilflos. Und als sie meinen Namen sagt, bricht mein Herz ein bisschen. Ich will sie so gerne an mich ziehen und sie festhalten. Ich möchte sie beschützen. Aber... „Du tust mir weh.“, wispert sie und erst jetzt wird mir bewusst, dass ich meine Finger in ihre Schulter gekrallt habe. Sofort lasse ich von ihr ab: „Entschuldigung.“, murmele ich und mit einem Mal ist all meine Wut verraucht. Für einen kurzen Moment begegnet ihr Blick Meinem- ihre sanften, braunen Augen streicheln über mein Gesicht. Es ist nur ein winziger Moment, aber auf einmal wird mir ganz warm. Eine Welle der Wärme, die von meinen Zehen bis in meine Fingerspitzen wandert. Aber bevor ich den Moment richtig wahrnehme, ist er auch schon wieder vorbei.

Und Evy drängt sich an mir vorbei und diesmal hindere ich sie nicht daran. Ich sehe ihr nur hinterher- hilflos und wütend auf mich selbst, weil ich nicht anders gehandelt habe. Ich war zu grob, zu verbissen, weil ich ihr unbedingt helfen wollte.
Ich habe zu viel an mich selbst gedacht und ich schäme mich für mein Verhalten. Und ich fühle mich so unglaublich hilflos, weil sie mir nicht sagt, was sie so verletzt, weil ich sie nicht verstehe. Ich habe sie eigentlich schon von Anfang an nicht richtig verstanden- Dieses fröhliche, lustige Mädchen, dass in manchen, scheinbar unbeobachtet Momenten plötzlich traurig und still wird.
Manchmal da... ist es so offensichtich... Wir sitzen beim Abendessen und im einen Moment scherzt sie noch und albert mit den anderen herum und im Nächsten sitzt sie da und stochert abwesend in ihrem Essen herum.

Und ich frage mich, warum es keiner merkt. Ich habe es schon am Anfang gemerkt, aber ich habe keine Ahnung, was das zu bedeuten hat. Ich wüsste es so gerne, würde ihr so gerne helfen.
Ich will für sie da sein, ich will, dass sie mit mir reden kann, dass sie offen sein kann und mir von ihren Ängsten und Sorgen erzählen kann. Ich will, dass sie so ehrlich sein kann, wie noch nie zuvor in ihrem Leben.
Ich möchte so gerne wissen, was dieses Mädchen wirklich fühlt...
Aber das ist einfach nicht die Realität. Es ist nur eine blasse Wunschvorstellung. Ein Hinrgespinnst, nichts weiter.

Und ich sehe ihr hinteher, während sie die Treppe hinaufläuft und auf ihrem Absatz dreht sie sich noch einmal um. Sie sieht mich ernst an und ihre Stimme schwnkt, während sie redet: „Ich kann dir nicht vorschreiben, wenn du lieben sollst oder darfst, Niall, aber ich bitte dich, hör auf, ihre Nähe zu suchen. Du tust ihr am Ende nur weh. Du tust uns allen weh. Das Mädchen, in das du dich verliebt hast, ist glücklich, Niall und ich sage dir, dass sie für dich nicht Schluss machen wird. Niemals.“ Kurz sieht sie mich an, voller Traurigkeit, aber gleichzeitig auch erschreckend entschlossen.

Ich stehe in dem nackten, kühlen Flur und sehe wie sie die Treppe nach oben verschwindet und ich schlucke schwer gegen den Klos in meiner Kehle an. Sie liebt mich nicht. Sie wird mich niemals einem anderen vorziehen. Sie ist glücklich.

Warum tut es so weh, sie glücklich zu wissen? Warum kann ich ihre Worte nicht einfach hinnehmen? Warum kann ich nicht einfach durch diese Tür verschwinden, Nachhause gehen, mich in mein Bett legen, es akzeptieren und morgen zum Frühstück kommen, mit der Einstellung, dass alles okay ist?

Und obwohl es alles andere als okay ist, weiss ich, dass ich es dennoch so hinnehmen muss. Es ist vorbei. Ich bin nicht der Typ fürs kämpfen. Ich fühle, wie meine Wangen glühen vor Scham und wie mir die Abfuhr schwer im Magen liegt. Warum soll ich jemandem hinterher rennen, den ich sowieso nicht haben kann? Dem es egal ist, wie ich fühle?

Ich muss weg- einfach weg von hier. Mir die Decke über den Kopf ziehen und in Selbstmitleid versinken und vielleicht irgendwas Essen obwohl sich mein Magen total flau anfühlt.
Das erste Mal in meinem Leben weiss ich nicht, was ich fühlen soll. Ich habe mir tatsächlich eingebildet, dass es eine klitzekleine Chance für mich gibt, ihre Meinung über mich zu ändern. Und jetzt? Jetzt bin ich wie vor den Kopf gestossen.

Langsam drehe ich mich um, gehe wie in Trance den Flur entlang, schlüpfe in meine Schuhe und lösche das Licht. Und in völliger Dunkelheit verlasse ich die Villa. Fröstelnd verberge ich die klammen Finger tief in den Jackentaschen. Das Kinn ziehe ich ein, bis mein Kragen über meinen Lippen liegt. Trotzdem- das Gefühl der Kälte verschwindet nicht, auch nicht, als ich eine Stunde später in meinem Bett liege, die Decke bis ans Kinn hoch gezogen.

Mit starrem Blick liege ich da und versuche vergeblich, ein bisschen Schlaf ab zu bekommen, mit dem Ergebnis, dass ich jedes Mal ihr Gesicht sehe, wenn ich die Augen schliesse. Wie kann man sich entlieben? Wie einen Menschen vergessen, an den man jeden Tag denken muss, von dem Moment ab, an dem man das erste Mal die Augen geöffnet hat?

Es gibt viele Arten von Schmerz. Die Art von Schmerz, wenn man sich ein Bein bricht. Oder, wenn man sich verbrennt. Oder so hungrig ist, dass einem schwindelig ist. Oder so sehr friert, dass man seinen Körper nicht mehr spürt...

Aber ich denke, ein gebrochenes Herz ist das Schlimmste. Es ist, als hätte man gebrochene Rippen. Niemand kann es sehen, aber es schmerzt jedes Mal wie die Hölle, wenn du atmest.

Teasing is a Sign of LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt