Kapitel 11

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Louis hatte wohl doch Erbarmen mit mir und ließ das Radio aus. Mein Plan, Elenor gegen ihre Tante aufzuhetzen, war in vollem Gange. Wenn sie ihrer eigenen Familie nicht mehr vertrauen konnte, war wohl nur noch ihr neuer Bodyguard da, an dessen Schulter sie sich ausweinen konnte. Mein Plan war hinterlistig, aber auch unglaublich clever.

Mir war klar, dass Mr. Sonnenbrille auch am zweiten Tag auftauchen würde. Erst recht, da er gestern gescheitert war. Ich hatte Mrs Wesleys Gesicht noch vor Augen, als Elenor ihr gestern von ihrem tollen ersten Schultag berichtet hatte. Sie hatte es nicht fassen können. Dabei hatte sie doch alles so gut geplant. Natürlich hatte sie keinen blassen Schimmer, dass ich derjenige war, der ihr in den Plan fuschte. Und das sollte auch so bleiben.

Der grauhaarige Mann machte sich wieder auf den Weg in das Schulgebäude. "Was schaust du so gebannt nach draußen?", fragte Louis, während er von seinem Sandwich abbiss. Mit dem Finger wies ich auf den alten Mann. "Der war auch schon gestern hier. Ich werde mal herausfinden, was er hier will." Ich ließ Louis keine Chance mir zu antworten und war auch schon nach draußen verschwunden. Ich war mir nicht sicher, warum Louis immer hierblieb. Er musste nicht stundenlang auf Elenor warten, sondern könnte zurückfahren und rechtzeitig wiederkommen. Ich glaubte, er war einfach ein zu netter Kerl, um mich hier alleine zu lassen.

Zufrieden beobachtete ich, wie Mr. Sonnenbrille einem jungen Schüler, genauso wie dem blonden Mädchen gestern, ein Geldbündel zusteckte und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Der Junge nickte, verschwand zurück in sein Klassenzimmer und vollendete meinen Plan.

Elenor

Ich hatte es wirklich versucht. Ich war über meinen Schatten gesprungen und hatte noch einmal versucht mit Emily zu sprechen. Sie war zu meiner Enttäuschung leider genauso schnell verschwunden wie gestern aus der Mädchentoilette.

In der Cafeteria war es laut. Stühle wurden hin und hergeschoben und laute Stimme stritten sich über den besten Lippenstift. Ich wollte weder über Sport, noch über den neusten Lippenstift reden. Gab es hier denn niemanden, der sich auch für andere Dinge interessierte?

"He! Maulkorb!" Erschrocken zuckte ich zusammen. Hatte er mit diesem fiesen Spitznamen etwa mich gemeint? Ich erkannte den Jungen. Es war der Kerl, der neben Emily saß. Auf einmal war es unangenehm still in dem Raum und ich konnte spüren, dass alle Blick auf mir lagen. Sie erwarteten etwas von mir. Sie wollten sehen, ob ich anfangen würde zu weinen oder doch zu lachen. Ich wusste selbst nicht, was wohl angebracht wäre. Ich fühlte mich weder traurig, noch als hätte ich gerade den witzigsten Spitznamen der Welt bekommen. Nein, es war die Wut, die ich in mir spürte und sich wie ein Feuer immer weiter ausbreitete.

"Hat es dir die Sprach verschlagen? Ach, entschuldige, du kannst ja gar nicht sprechen." Lautes Gelächter erfüllte den Raum und lähmte mich wie eine Statue. Ich wollte ihm das dämliche Grinsen aus dem Gesicht schlagen. "Der war gut, Wren!" Einer seiner Kumpels schlug mit ihm ein, als wären seine Kommentare etwas, auf das man stolz sein konnte. "Willst du dazu nichts sagen?" Seine Stimme hatte eine spöttische Tonlage angenommen. Mir wurde plötzlich schrecklich schlecht. Ich wollte ihm meine Meinung an den Kopf werfen. Ich wollte ihn anschreien, doch ich konnte nicht. In diesem Moment hasste ich meine Stimme dafür, dass sie mich wie immer im Stich ließ. Ich war an Wrens Tisch angekommen und griff nach meinem Notizheft. "Jetzt schreibt sie wieder irgendwas", hörte ich seinen Kumpel flüstern.

Macht es dir Spaß, andere Menschen fertigzumachen? Gibt das deinem Leben einen Sinn?
Ich hätte ihm beinahe das Heft in sein Gesicht gescheuert. "Wie erbärmlich. Willst du mich mit deinem Heft fertigmachen?" Wren war aufgestanden und baute sich bedrohlich nah vor mir auf. Ich taumelte einen Schritt zurück und musste mir erneut das Gelächter anhören. Es tat weh. Es tat weh nicht so akzeptiert zu werden, wie man war.

Revenge - Für das Licht in der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt