Es war schrecklich dunkel und doch konnte ich den LKW sofort erkennen. Ein schwarzer Geländewagen parkte direkt daneben, doch nichts bewegte sich. Wir waren weit von der eigentlichen Straße abgekommen, versteckt auf einem Schotterweg, hinter den Bäumen. Meine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit und mein Herz schlug mit jedem Schritt schneller. Es fühlte sich an, als würde es jede Sekunde aus meinem Brustkorb springen.
Ich spürte Elenors Anwesenheit direkt neben mir und Isaac ging hinter mir. Ich war beiden ja so dankbar, aber ich hatte im Moment nicht viel Platz für andere Gedanken.
Ich sah, wie Isaac hinter mir die Gegend absicherte und auch als ich Elenor einen Blick zuwarf, sie solle hinten bleiben, wich sie nicht von meiner Seite. Isaac richtete seine Waffe in die Dunkelheit. Niemand griff uns an, obwohl man uns doch schon von Weitem hatte hören kommen müssen. Ich zog meine Waffe, langsam bewegten wir uns vorwärts und kamen dem LKW immer näher.
Wo blieben die Angreifer? Ein Schuss fiel und Elenor neben mir zuckte augenblicklich zusammen. Ich drückte sie mit mir zu Boden. Ein Mann, ölverschmiert, kam hinter dem Geländewagen hervor. Erst jetzt sah ich, wie Rauch aus diesem aufstieg. Dachte er, wir wären zur Hilfe geeilt? Wir gehörten nicht zu Wesley und das bemerkte jetzt auch der LKW-Fahrer, der ausstieg und mit feuerte.
Wir rannten, suchten Schutz und ich feuerte immer wieder Kugeln, die ihr Ziel verfehlten. Isaac war der erste, der Schutz hinter dem Fahrzeug fand und schoss wie ein Irrer.
"Mist!" Ich sah wie er die Pistole zu Boden fallen ließ. Seine Munition war leer.
"Hier." Ich reichte ihm meine. Er war nicht dazu ausgebildet worden, mit seinen Händen zu kämpfen.
"Was ist mit dir?", fragte Elenor. Sorge stand in ihren Augen. Aber auch Angst. Wir waren heute schon zweimal fast gestorben. Ich hatte Schmerzen und doch war es die Hoffnung die mich wachhielt. Und Elenor und Isaac die Angst. Mein Leben saß in diesem LKW. Elenors Vater wurde mittlerweile bestimmt schon von der Polizei abgeführt. Und Isaac half mir entweder, weil er Thea liebte oder weil wir Freunde geworden waren.
Ohne die beiden, hätte ich Lou niemals gefunden.Ich küsste Elenor. Viel zu kurz war es und doch genug für den Moment.
"Ich will keinen Kuss, danke", scherzte Isaac mit der Angst mitten ins Gesicht geschrieben.
"Wir schaffen das", versicherte ich. Ich würde nicht aufgeben.Die Schüsse prallten am Wagen ab.
"1. 2. 3", zählte ich runter, ehe Isaac begann zu schießen und ich mich auf einen der Männer stürzte. Ich schlug ihm die Pistole aus der Hand, ehe er schießen konnte. Er war flink, gut ausgebildet und schlug zu. Er verfehlte mich nur ganz knapp. Er schrie nach seinem Komplizen, doch dieser war zu sehr mit Isaac beschäftigt, der ihm in diesem Moment, eine Kugel mitten in die Brust verpasste. Der Mann glitt zu Boden, ich hörte den Aufprall und verpasste dem Mann unter mir einen festen Schlag mitten ins Gesicht. Immer wieder schlug ich zu, bis er Blut spuckte. Er regte sich nicht mehr, war ohnmächtig geworden und ich erhob mich, drehte mich um und sah wie Elenors und Isaacs Blicke auf mir lagen.
"Schnell", sagte ich. Bestimmt war die eigentliche Unterstützung schon auf dem Weg.Ich eilte zu den Hecktüren, spürte die Hitze, die mir den Nacken hinaufwanderte und öffnete mit voller Wucht das Türschloss. Ich hielt die Luft an, als ich in der Dunkelheit mehrere Umrisse erkennen konnte.
Isaac eilte zu mir, die Taschenlampe direkt in das Innere des LKWs haltend. Leises Schluchzen drang zu mir hindurch und ich sah entsetzt, wie mehrere Kinder, ängstlich und die Arme um sich geschlungen, an den Wänden des LKWs lehnten. Elenor neben mir hielt sich die Hände vor den Mund. Sie sollte nicht sehen, wie ihr Vater wirklich arbeitete. Und doch sah sie es.
Wie in Trance, stieg ich ein und sah, wie die Kinder ängstlich vor mir zurückwichen.
"Alles gut. Wir sind hier, um euch hier rauszuholen. Isaac ruf die Polizei und Krankenwägen", forderte ich ihn auf und sah, wie ein kleines Mädchen, das ich noch nie zuvor gesehen hatte, mich mit tränenverschmierten Wangen anschaute."Lou!", rief ich und kämpfte mich weiter nach hinten. Der LKW war riesig und doch würde ich die Stimme überall wiedererkennen können. Auch wenn sie nur ein Wimmern von sich gab, war ich mir sofort sicher. Mein Herz machte einen Aussetzer. "Lou?" Ihre braunen Haare fielen ihr ins Gesicht und ich sank auf die Knie und zog sie an mich. Von der Wand weg und direkt in meine Arme. Sie weinte. Sie weinte schrecklich. Und ich machte mit. Zum ersten Mal seit zehn Jahren, weinte ich.
In mir zog sich alles zusammen, ich zitterte und war erleichterte als je zuvor in meinem Leben. "Ich bin hier", flüsterte ich immer wieder und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Wir saßen da, endlich wieder vereint nach so vielen Monaten und ich wollte sie nicht mehr loslassen. Die Angst, sie nie wiederzusehen, fiel von mir ab. Der ganze Ballast, die ganze Furcht, sie wechselte in Tränen und Glück. Noch nie in meinem Leben war ich so glücklich gewesen.
"Ich hab dich so vermisst. Ich hatte solche Angst", hörte ich sie sagen.
"Was haben sie dir angetan?" Ich schaute sie an, strich ihr die Haare aus dem Gesicht. Sie blutete nicht. Bis auf leichte Spuren von ursprünglichen Fesseln konnte ich nichts entdecken.
"Nichts", sagte sie schließlich, doch ich war mir nicht sicher, ob sie mich nicht anlog.Sie krallte sich an mich und ich drückte ihren Kopf wieder an meine Brust.
"Ich liebe dich, Lou. Für immer."
"Ich wusste, dass du kommst.""Tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe. Ich habe dich im Stich gelassen." Sie schluchzte erneut. "Sie haben mich einfach mitgenommen."
"Ich weiß. Ich weiß."
"Wo sind Mom und Dad?" Ich schluchzte auf, der Schmerz so groß, dass ich ihn nicht beschreiben konnte. Ich ließ nicht zu, dass sie mich ansah. Ich wollte nicht, dass sie ihn auch spürte.
"Wir beide, Lou. Wir haben uns." Ich wusste nicht, ob sie es verstand, aber ihr Schluchzen hörte nicht auf.Ich nahm sie hoch und trat mit ihr raus ins Freie. Isaac und Elenor standen die Tränen in den Augen, als sie mich ansahen, mit meinem Licht auf den Armen.
"Danke", sagte ich nur mit heiserer Stimme vom Weinen.
Sie halfen den anderen Kindern hinaus, die genauso verschreckt waren, wie Lou und weinten, weil sie nicht wussten, wie es weitergehen sollte. Ihre Eltern sollte die gleiche Erleichterung verspüren wie ich.Lou schaute nicht hin. Sie ließ ihren Kopf in meiner Brust vergraben. Die Schmerzen waren mir egal. Für diesen Moment war alles perfekt. Das Blaulicht näherte sich, ich hörte die Sirenen. Und ich kämpfte erneut mit den Tränen. Ich schaute hoch in den Himmel.
"Schau Lou. Die Sterne." Und dort leuchteten zwei besonders hell, als Lou in den Himmel schaute und ich seit Monaten endlich wieder ihr Lächeln sah.Das ist das vorletzte Kapitel! Wahnsinn! Das letzte kommt schon bald.
Lou ist wieder zurück!!!!
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Revenge - Für das Licht in der Dunkelheit
Mystery / ThrillerBAND 1 Seine Schwester entführt von dem meist gejagten Verbrecher Amerikas. Seine Eltern vor seinen Augen ermordet. Evan will nur noch eins: Seine Schwester aus den Fängen der Dunkelheit befreien und Rache nehmen. Er hat nur eine Chance. Doch wird e...