Kapitel 33

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Elenor

Es waren zwei Tage seit dem Ausflug vergangen, der dank Evans Künsten, mir das Fahrradfahren beizubringen, nicht einmal halb so schlimm war, wie vermutet. Im Gegenteil, mit Bella zusammen, hatte es sogar richtig Spaß gemacht. Und es hatte mir eine Ablenkung geboten, die ich nach dem Schock, wirklich gebraucht hatte.

Doch seit diesem Tag, ging mir Evan noch weniger aus dem Kopf, als ohnehin schon. So einfühlsam wie an diesem Tag, war er noch nie gewesen. Er hatte mir von seiner Familie erzählt und mir damit gezeigt, dass wir gar nicht so verschieden waren, wie am Anfang gedacht. Dass er mir vertraute.

Noch überraschender war aber die Tatsache, dass er dageblieben war und sich meine Sorgen angehört hatte. Dabei zählte das gar nicht zu seinen Aufgaben. Keiner meiner Bodyguards in all den Jahren, hatte jemals versucht, mit mir ein richtiges Gespräch zu führen. Wahrscheinlich auch, weil ich nicht antworten konnte. Jedenfalls nicht so, wie sie es kannten. Aber bei Evan war es mir gar nicht unangenehm gewesen, über das Handy zu kommunizieren. Er hatte es so aussehen und sich auch so anfühlen lassen, als wäre es das normalste der Welt. Nicht einmal mit meiner Tante hatte ich jemals ein solches Gespräch geführt. Und es fühlte sich befreiend an. Auch wenn ich glaubte, ihn irgendwie doch abgeschreckt zu haben. Es gab diesen einen kurzen Moment, in dem ich geglaubt hatte, er würde mich küssen. Doch kurz bevor sich unsere Lippen berühren konnten, war er zurückgewichen. Und ich hatte keinen blassen Schimmer warum. Und das raubte mir beinahe den Verstand. Ja, vielleicht lag es daran, dass er Geschäftliches und Privates nicht vermischen wollte. Vielleicht war ich auch einfach nicht sein Typ. Doch ich konnte nicht in Worte fassen, wie sehr ich mir wünschte, dass er mich einfach küssen würde. Ohne Zögern. Ohne darüber nachzudenken, dass ich das Mädchen war, dass er nur beschützen musste, weil es sein Job war. Ich wollte nicht länger nur ein Job für ihn sein. Nicht mehr, seit ich ihn an jenem Abend geküsst hatte und nicht mehr aus dem Kopf bekam, wie gut sich seine Lippen auf meinen angefühlt hatten.

Warum war er nur so? So verschlossen und in der nächsten Sekunde ein offenes Buch. So ein Arschloch und im nächsten Moment ein charmanter Typ der sich im strömenden Regen neben mich setzte und in Kauf nahm, bis auf die Unterwäsche nass zu werden.

"Elenor." Der hochgewachsene Typ, der mich Tage zuvor noch bis aufs Fieseste beleidigt hatte, joggte auf mich zu, lehnte sich an das Schließfach neben meinem und strahlte mir entgegen, als wären wir die besten Freunde.

Er wirkte nicht überrascht über den emotionslosen Gesichtsausdruck, den ich ihm schenkte. Ich versuchte dadurch die Verwunderung zu verbergen, die sein Auftreten in mir auslöste.
"Kommst du heute Abend auf meine Party?" Ich schnappte mir meine Bücher und brach zur Flucht auf. Seine Hand landete auf meiner Schulter und ich zuckte willkürlich zusammen.

"Ich weiß, wir hatten nicht den besten Start. Es tut mir wirklich leid, was ich über dich und deine Familie gesagt habe. Ich war ein Arsch." Seine aufrichtig gemeinten Worte, hörten sich seltsam aus seinem Mund an.
"Ich würde mich freuen, wenn wir neu anfangen könnten. Komm auf meine Party. Du wirst sehen, ich kann auch ganz erträglich sein. Ich bin nicht so ein übler Typ."

Nicht so ein übler Typ? Irgendwie ließ mich das Gefühl nicht los, dass er mich nur verarschte und seine Freunde irgendwo lauerten und sich dank meiner Naivität kaum noch halten konnten vor Lachen.
Ich schüttelte, sicher in meinem Tun, den Kopf.
"Falls du doch kommen möchtest, ich würde mich freuen."

Bellas strahlendes Lächeln ließ mich darauf schließen, dass ihr Date mit Logan ein großer Erfolg war.
"Du wirst nicht glauben, wie peinlich mir das war, als ich vor ihm ausgerutscht bin. Man haben uns die Menschen angestarrt. Aber er hat sich einfach neben mich auf den Boden gesetzt, so als wäre es Absicht, dass wir beide dort saßen. Und küssen kann er auch gut." Ihre Lippen bewegten sich schnell und ich kam ihren Worten gar nicht hinterher. Mehrere Male verhaspelte sie sich und lächelte die ganze Zeit über wie ein Honigkuchen Pferd. Ich freute mich für sie. Sie war so etwas wie eine gute Freundin für mich geworden. Es war ein gutes Gefühl, wenn ich bei ihr war. Ich fühlte mich wohl.

Revenge - Für das Licht in der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt