Kapitel 36

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Elenor ignorierte meine Klopfen- schon wieder. Sie wollte doch gleich nachkommen. Welche Ausrede sie noch bringen wollte, um Tina nicht unter die Augen treten zu müssen, war mir schleierhaft.

Sie saß da, auf ihrem Schreibtischstuhl, den Laptop vor sich ausgebreitet und wirkte wie versteinert.
"Elenor." Beinahe ängstlich zuckte sie zusammen und sprang auf, als wäre es Dominic, der soeben ihr Zimmer betreten hatte. Aus großen Augen, die vor Furcht nur so funkelten, schaute sie mich an. Sie umklammerte den Stuhl verkrampft mit ihren Händen. Ich konnte die Anspannung spüren, die ihren Körper einnahm. Ich wollte einen Schritt auf sie zugehen, doch sie wich zurück, stolperte beinahe und hielt sich gerade noch so, während sie mich nicht eine Sekunde aus den Augen ließ.

"Ist alles okay? Was ist los?"
"Nei-" Es war ein schriller Ton, kein ganzes Wort, das ihren Mund verließ. Sie wollte sprechen. "Elenor." Ein Strahlen, das sogar meine Augen erreichte, huschte über mein Gesicht. Doch sie war wie ausgewechselt. Weinte sie? Ich glaubte sehen zu können, wie ihre Augen glasig wurden. Ich warf einen Blick auf das, was ihr Laptop zeigte und ihr solch einen Schrecken eingejagt hatte, dass sie sogar beinahe gesprochen hatte.

Ich konnte es kaum lesen, von der Entfernung, die ich vorsichtshalber zu ihr einhielt.

Vorsichtig, mit erhobenen Händen, setzte ich einen Fuß vor den anderen, nur um vor Entsetzen und dem schrecklichen Gefühl, alles verloren zu haben, was mir noch ein bisschen Hoffnung gegeben hatte, selbst nach der Lehne suchte und meine Hand geradewegs auf Elenors legte. Ihre Hände waren eisig, doch nichts war schlimmer als diese Angst in ihren Augen.
"Elenor. Ich kann das erklären", stotterte ich wie ein Idiot, der nicht einmal in der Lage dazu war, sich aus diesem Mist herauszureden. Aber da gab es nichts. Das was dort stand, auf dieser Seite, war wahr. Es war die verdammte Wahrheit. Und mir fiel einfach nichts ein, um diese zu bestreiten. Mein Kopf war wie leergefegt. Vor mir meine Schwester spielend, wie sie mir weggenommen wurde und dann alles zerplatzend wie die Wasserblase, die sie so fasziniert verfolgte. Nein! Nein! Elenor zuckte zusammen, versuchte verzweifelt ihre Hand unter meiner zu bewegen, doch mein Griff war zu fest, meine Willenskraft zu stark. Sie müsste um ihr Leben schreien, doch das tat sie nicht. Immer wieder versuchte sie es mit aller Kraft. Sie kämpfte gegen mich. Und egal was ich für sie empfand, ich durfte nicht zulassen, dass ich Lou nie wiedersehen würde.
"Dein Vater ist ein Monster Elenor! Er ist ein verdammtes Monster. Er hat mir meine Familie genommen", brach es aus mir heraus. Ich war außer mir und trotzdem beängstigend leise.

Die Angst in ihren Augen wuchs und sie schüttelte energisch den Kopf, nur um nicht glauben zu müssen, was ich ihr dort sagte. "Er hat meine Eltern ermordet und meine Schwester entführt. Sie ist bei keiner Familie. Sie ist in Gefahr und es macht mich krank, es bringt mich beinahe um."
Sie senke den Kopf und schüttelte ihn weiter. Ich umgriff ihre zierlichen Handgelenke, drückte zu und zwang sie somit, mich anzusehen.
"Was würdest du an meiner Stelle tun, huh?"
Sie antwortete erst nicht.

"Du lügst."
Es war wieder diese kratzige Stimme, kaum zu verstehen.
"Du weißt, dass ich nicht lüge. Ich werde mich an ihm rächen. Ich werde deinen Vater bezahlen lassen und dass ich jede verdammte Sekunde an dich denken muss, wird das nicht ändern, Elenor", raunte ich, zog sie an mich und senkte meinen Kopf hinunter zu ihrem. Ihr ganzer Körper bebte an meinem. Was sollte ich tun?
"Du musst deine rosarote Brille abnehmen, Elenor. Und dich fragen, wer dein Vater wirklich ist. Sonst wirst es nur noch mehr wehtun. Und ich möchte dir nicht wehtun, das musst du mir glauben. Aber ich habe keine Wahl. Ich brauche Gerechtigkeit, meinetwegen nenne es Genugtuung, aber vor allem brauche ich meine Lou zurück." Ich streckte die Hand aus, nach dem Anhänger und ließ ihn durch meine Finger gleiten. Elenor verlor sich wieder in ihrer Verschwiegenheit, vielleicht war es auch die Angst, die ihr erneut ihre Stimme nahm.

Revenge - Für das Licht in der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt