Kapitel 16

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Evan

Ich war kurz davor mir ein Glas Sekt von dem Tablett des Kellners zu schnappen, ganz egal ob Mrs Wesley mich damit sah. Ich wusste nicht, warum Elenor mir so plötzlich den Verstand benebelte. Warum hatte ich sie verteidigt? Mir lag doch gar nichts an ihr. Es gab nur zwei Gründe warum ich hier war. Ich musste, damit ich diesen Job behalten konnte, und ich hoffte darauf, dass auch Mr Sonnenbrille auftauchen würde.

Diesmal würde ich niemanden mit Samthandschuhen anfassen, nicht, wenn er wusste, wo meine Schwester war. Das Schlimmste war allerdings, dass sobald ich ihn auch nur einmal bedroht hatte, es kein Zurück mehr für mich gab. Er würde es sofort seinem Boss erzählen, dieser dann Wesley und dann hätte ich keine Ahnung mehr, was mich erwartete. Ich war nicht dazu bereit Mr Sonnenbrille das Leben zu nehmen, nur um ihn zum Schweigen zu bringen. Mein Vater hatte mir immer beigebracht, dass Zögern tödlich enden könnte, aber darauf wurde ich nicht vorbereitet.

Ich konnte ein Monster sein, aber würde ich für Lou noch weitergehen? Für sie würde ich auch meine Seele an den Teufel verkaufen, Hauptsache, sie wäre in Sicherheit. Also durfte Mord so absurd in meinen Ohren klingen, wenn ich doch bereit war, alles für sie zu tun? Ich könnte ihn bis aufs Dach jagen und es dann wie einen Unfall aussehen lassen. Alles in mir sträubte sich gegen diesen Gedanken. Es musste noch eine andere Lösung geben. Eine Maske vielleicht. Aber wie lange würde es dauern bis Wesley herausbekam, wer seinen Arbeiter bedroht hatte und bei seiner Familie arbeitete? Die Mühe konnte ich mir sparen. So oder so, ich musste etwas tun.

Ich warf einen Blick auf Elenor. In dem roten Kleid sah sie verboten gut aus. Es stand ihr so perfekt, dass ich mir einredete, dass es das war, was mich so verwirrte. Doch eigentlich war mir klar, dass dort etwas entstand, was nicht sein durfte. Seit wann sah ich sie mit anderen Augen? Es musste der ganze Stress sein, und sie war die einzige hübsche Frau die mir seit Monaten über den Weg gelaufen war. Es war normal, dass ich dort mehr hineininterpretierte als es eigentlich war. In so kurzer Zeit konnten Gefühle keine Rolle spielen.

Dass ich sie verteidigt hatte, zeugte allein von der guten Erziehung die ich genossen hatte. Meine Mutter hatte mir beigebracht, wie man mit einer Frau umging und in dieser Hinsicht hatte ich sie nie enttäuscht. Elenor schaute sich um und steckte sich rasch eine Traube in den Mund. Beinahe wäre ein Lachen meiner Kehle entwischt. Wahrscheinlich war das Essen das einzige, was sie noch aufmuntern konnte. Eine Frau sprach sie an und Elenor nickte nur abwesend. Sie konnte ja auch nicht darauf antworten. Manchmal vergaß ich, dass auch sie ihre Mutter verloren hatte. Dennoch käme ich nie auf den Gedanken mich mit ihr auszutauschen. Sie sah ihrem Vater dafür einfach zu ähnlich. Ganz zu schweigen, dass ich es verabscheute und schrecklich schlecht darin war, über meine Gefühle zu sprechen.

"Mr Francais. Schön Sie hier anzutreffen." Mein Kopf schellte in die Richtung von Mrs Wesley. Tatsächlich, es war der grauhaarige Mann, nach dem ich suchte. Er schien weniger erfreut und ich erinnerte mich an den Brief, den sein Boss an Mrs Wesley geschrieben hatte. Der Brief, in dem diese Mistkerle über Lou sprachen. Mr Francais, so wie Mrs Wesley ihn nannte, flüsterte ihr etwas ins Ohr. Ihr Gesichtsausdruck wirkte plötzlich verkrampft. Mr Francais verschwand durch eine der Türen und ich erkannte meine Chance. Mit schnellen Schritten war ich bei Elenor. "Ich besuche kurz die Toilette. Verlassen Sie diesen Raum nicht ohne mich." Meine Ansage duldete keinen Widerspruch und zu meinem Glück nickte sie zustimmend.

Ich verschwand durch die gleiche Tür wie Francais und schaute mich um. Ich konnte ihn in dem großen Flur nicht entdecken. Ich wirrte etwas herum, bis ich die Toilette fand, die gerade wirklich besetzt war. Ich hatte jeden Menschen in dem Saal genau unter die Lupe genommen. Neben Francais hatte keiner den Raum verlassen. Ich hörte, wie die Spülung betätigt, der Schlüssel im Schloss gedreht und die Tür geöffnet wurde. Dann, setzte mein Verstand aus. Ich packte mir den Mann so plötzlich, dass er vor Schreck nicht reagieren konnte, drückte ihn an die Wand und presste ihm meine Hand auf den Mund.

Revenge - Für das Licht in der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt