Kapitel 35

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"Evan, Dad ist wieder sauer."
"Keine Sorge, Lou. Er ist nicht sauer auf dich."
"Ist er sauer auf dich?"
"Ja. Aber das ist nicht schlimm. Das legt sich wieder."
"Du blutest. Ist Dad deswegen sauer?"
"Ach, das ist nichts. Aber erzähl Mom nichts davon, ja."
"Warum nicht?"
"Du stellst ziemlich viele Fragen."
"Das hast du mir beigebracht."
"Das stimmt. Sie mag es nicht, wenn ich kämpfe."
"Ich mag es auch nicht."
"Ich auch nicht."
"Wieso tust du es dann?"
"Das ist eine gute Frage. Und jetzt ab ins Bett."
"Ich bin noch nicht müde. Können wir rausgehen."
"Es ist schon dunkel."
"Aber ich habe morgen keine Schule. Du sagst doch immer, dass ich so hell leuchte wie die Sterne am Himmel. Ich will sie sehen."
"Na gut. Aber dann geht es ins Bett."

"Evan?"
"Ja, Lou?"
Ein ziehender Schmerz durchfuhr meine rechte Schulter. "Ich weiß ja nicht, von welchen Mädchen du da träumst, aber solange es nicht unsere Elenor ist, solltest du damit aufhören."
Die Erinnerungen hatten sich so echt angefühlt. So zum Greifen nahe.

"Lou ist meine Schwester", wisperte ich. "Stimmt. Louis hat mir erzählt, du hättest eine." Die erzählten sich untereinander also wirklich alles. "Ich musste gerade an sie denken." Ich schlürfte an meinem mittlerweile kalten Kaffee.
Hatte ich solange geträumt?
"Das ist doch schön, oder?" Zögerlich nickte ich. Nicht alle Erinnerungen waren schön, aber die, die mit Lou endeten, definitiv.

"Elenor ist heute noch nicht aus ihrem Zimmer rausgekommen. Hat sie gestern viel getrunken?"
Die geglaubte verpuffte Wut auf diesen Mistkerl gestern, war wieder zu spüren – stärker denn je.
"Nein. Ich denke, sie ist einfach nur müde." Meine Stimme versank in der Kaffeetasse. Ich wollte mir nichts anmerken lassen.
"Dominic kommt gleich, und ich werde versuchen ihn ein bisschen hier zu halten, dann habt ihr ein wenig ungestörte Zeit für euch."

Tinas Vorschlag war großzügig. Natürlich wollte ich zu Elenor. Ich wollte so sehr zu ihr, dass ich mich beherrschen musste, um nicht gleich aufzuspringen, aber ich wusste auch, dass ich nicht mit ihr spielen durfte. Das mit uns war einfach zu verkorkst, und ich fühlte mich jedes Mal, wenn ich sie küsste oder auch nur zu viel an sich dachte, als würde ich Lou hintergehen.

Das Mädchen mit dem wunderschönen Lächeln, reagierte nicht auf mein Klopfen.
Sobald ich eintrat jedoch, schreckte ihr zierlicher Körper auf. Rasch fuhr sie sich über das verschlafene Gesicht und beruhigte sich allmählich, als sie erkannte, dass der Riese, der dort in ihrem Zimmer stand, nur ihr Bodyguard war, den sie gestern schon wieder geküsst hatte, und der nichts gegen die Anziehungskraft machen konnte, die er gegenüber ihr empfand, egal, wie verzweifelt er es auch versuchte.

Das Bett war verwüstet, das Zimmer das reinste Chaos, und trotzdem konnte ich die Augen nicht von ihr nehmen.
Ihr T-Shirt war beim Aufsetzen ein Stückchen hochgerutscht und legte einen wenn auch nur Teil ihrer Haut frei. Mein Blick hing nur kurz an der besagten Stelle und wanderte schnell wieder zu dem verwirrten Gesicht.

"Du hast aber lange geschlafen."
Sie griff nach ihrem Wecker und erschrak, als sie sah, dass es schon kurz nach zehn war.
Früher hatte ich immer viel länger geschlafen, nachdem ich mir wieder meine nach Alkohol schmeckende Medizin, die nur hielt, bis einen die Realität doch wieder einholte, eingeflößt hatte.

"Die anderen warten schon auf dich."
Ich war mir nicht sicher, ob sie bemerkte, dass ich ihr mit jedem Wort, ein Stückchen näherkam, mit der Absicht, sie erneut zu küssen.
Sie beobachtete mich und ließ mich nicht aus den Augen. Sie rückte auch nicht von mir fort, als ich mich neben sie setzte, meine Arme nach ihr ausstreckte und sie einfach küsste.

Ihr Körper drängte sich gegen meinen und ich ließ mich rückwärts nach hinten fallen und zog sie mit mir.
Ich spürte, wie ihre Hände über meinen Rücken hinauf, bis zu meinem Nacken strichen, und dort verweilten. Ein leichtes Kribbeln schoss durch meinen Finger. Ich konnte ihren ganzen Körper auf mir spüren, ihre Wärme empfinden, ihren Geruch, und ich wollte sie, mit jeder Faser meines Körpers.
Mein Griff um ihre Taille wurde fester, unsere Küsse inniger und fordernder, so sehr, dass ich aufhörte, bevor ich die Beherrschung verlieren konnte.

Revenge - Für das Licht in der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt