Elenor
Achtzehn. Ich war endlich volljährig und fühlte mich dennoch nicht so, wie es andere beschrieben. Ich verspürte nichts von dieser Freiheit und Unabhängigkeit. Ich war immer noch die Elenor, die nach den Regeln ihrer Tante spielte. Die Elenor, die sich versteckte und keine Fragen stellte. Doch damit sollte ein für alle Mal Schluss sein. Meine Tante verheimlichte mir etwas und ich musste herausfinden was es war.
Es klopfte an der Tür und Tina betrat mit einem befüllten Tablett das Zimmer. Happy Birthday singend balancierte sie das Tablett auf mein Bett und umarmte mich so fest, dass es mir Tränen in die Augen trieb. Ich schätzte Tina mehr als sie es sich vorstellen konnte. Ich vertraute ihr und konnte immer auf sie zählen. Ich konnte mich wirklich glücklich schätzen. Mit knurrendem Magen studierte ich die Leckereien. Croissant, Spiegeleier, Kaffee und eine große Menge an verschiedenem Obst. Ich schloss Tina gleich noch mal in meine Arme und beförderte, gleich als wir uns voneinander lösten, eine Traube in meinen Mund. "Nach dem Frühstück komm in die Küche, dort wartet eine Überraschung auf dich, Schätzchen." Tina kniff mir in die Wange und verließ singend mein Zimmer. Kichernd schaute ich ihr dabei zu und fühlte mich plötzlich doch freier als zuvor. Vielleicht würde in diesem neuen Lebensjahr ja doch alles anders werden.
Ich trug Jeans und eines meiner Lieblingsshirts. An meinem Geburtstag legte ich Wert darauf, dass ich es bequem hatte. Außerdem musste ich mich auch noch am Abend in ein schönes, aber nicht wirklich bewegungstaugliches Kleid zwängen. Meiner Tante begegnete ich auf dem Flur nicht und ich war etwas enttäuscht als ich sie in ihrem Büro sitzen sah, den Kopf mal wieder in einem Haufen an Arbeit vergraben.
In der Küche gratulierte mir Rodger. Evan stieß wenige Minuten später dazu. Und obwohl ich nicht damit gerechnet hatte, gratulierte er mir. Es war seltsam, wie er mir vornehm die Hand entgegenstreckte und noch seltsamer, wie gut sich meine Hand in seiner anfühlte. Sie war warm, etwas rau und viel größer als meine. Dominic schubste Evan unsanft zur Seite, streckte mir mürrisch seine Hand entgegen und drückte so fest zu, dass ich kurz danach zurückwich. Mir entging nicht Evans Blick, der Dominic zu erdolchen versuchte. Seine Haltung sprach Bände und ich wusste, dass es zwischen den Beiden etwas gab, das nicht geklärt war.
"Hier", sagte Tina und streckte mir ein in Geschenkpapier gewickeltes Päckchen entgegen. "Das ist von uns allen", erklärte sie und wartete gespannt darauf, dass ich das Papier aufriss. Es war ein Bilderrahmen, und das Bild darin bedeutete mir unglaublich viel. Gedankenverloren strich ich über das Bild, dass vor fünf Jahren geknipst worden war und wurde wieder einmal emotional dabei. Andy, Louis, Rodger, Tina und ich. Wir standen alle im Garten, eng aneinander, strahlend in die Kamera blickend. Ich erinnerte mich genau an diesen Tag. Es war der Tag an dem wir das Ende meiner Therapiestunden gefeiert hatten. Das Ende einer hilfreichen, aber auch harten Zeit. Auch wenn ich meine Stimme nicht zurückbekommen hatte, war wenigstens wieder ein Stück von meinem herausgerissenen Herz zurückgekehrt.
Ich musste gar nichts sagen. Mein Blick sprach tausend Bände.In der Schule wusste niemand etwas von meinem Geburtstag. Ich war froh darüber mir keine Glückwünsche von Menschen anhören zu müssen, die ich nicht einmal kannte. Es war immer noch ein beklemmendes Gefühl, Wren, der seit dem Vorfall in der Cafeteria nichts mehr gesagt hatte, jeden Tag über den Weg zu laufen. Ich sollte mir seine Worte nicht zu Herzen nehmen, aber er hatte mich vor einer großen Menge der Schule bloßgestellt und mir einen fiesen Spitznamen verpasst. Eine einfache Entschuldigung, die ich immer noch nicht bekommen hatte, würde da nicht reichen. Schon gar nicht war das Geld, das er von meiner Tante bekommen hatte, eine Entschuldigung.
Bella nahm auf dem Stuhl neben mir Platz. Ich konnte von keiner Freundschaft reden, aber sie war jemand, neben dem ich mich nicht verurteilt fühlte.
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Revenge - Für das Licht in der Dunkelheit
Misteri / ThrillerBAND 1 Seine Schwester entführt von dem meist gejagten Verbrecher Amerikas. Seine Eltern vor seinen Augen ermordet. Evan will nur noch eins: Seine Schwester aus den Fängen der Dunkelheit befreien und Rache nehmen. Er hat nur eine Chance. Doch wird e...